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Heiße Sopran-Luft und Publikums-Frust
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Willkommen in der neuen KlassikWoche,
heute mit allerhand heißer Sopran-Luft, einem wütenden Publikum und mit KritikerInnen, die Wagners Götterdämmerung singen.
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Tumulte in Hamburg
Beginnen wir mit einigen Zwischenrufen. Die gab es – angeblich von wütenden Senioren. Während der Premiere von Puccinis Il trittico in der Regie von Axel Ranisch ist es zu einem Publikums-Eklat gekommen. „Aufhören!“, „Wir sind in der Oper!“ oder „Das ist ja wie eine Generalprobe!“, wurde aus dem Auditorium geschrien, die Vorstellung immer wieder unterbrochen. Der Beweis, dass Oper noch immer Debatten auslösen kann, oder einfach nur schlechtes Benehmen?
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Abendgage gegen Kritiker-Honorar
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Zwei verschiedene Meldungen wirken diese Woche, zusammen betrachtet, besonders überraschend. Zunächst einmal hat die Sängerin Sonya Yoncheva per Twitter auf Kritiker reagiert: Ihre Kinder würden beleidigt, schrieb sie, nachdem sie sich in einem vorherigen Tweet bereits über den Verriss ihrer Norma des Chefkritikers der New York Times beschwert hatte. Ich finde, Frau Yoncheva hat alles Recht, Kritiker zu kritisieren. Ich weiß nicht, wie viele 1000 Euro Abendgage sie bekommt - kann mir aber vorstellen, dass sie sich eigentlich locker zurücklehnen könnte. Denn KritikerInnen verdienen (auf jeden Fall in Deutschland) eher prekär. Das machte ein anderer Tweet diese Woche deutlich.
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Die Tagesspiegel-Autorin Laura Ewert veröffentlichte die Abrechnung für einen Aufmacher in der Kultur, inklusive Recherche, Interview, Ausstellungsbesuch und Schreiben: 90 Euro! Und: Ewert fordert KollegInnen auf, es ihr nachzutun, die prekären Kritiker-Gehälter offenzulegen. Finde ich gut: Ich würde das gern nächste Woche weiter im Auge haben. Liebe Kolleginnen und Kollegen. Warum schaffen wir nicht einen Hashtag #kulturkritikkohle? Wie die Geschichte bei mir, zunächst in der aktuellen Ausgabe unseres Podcasts Alles klar, Klassik?, dann bei Twitter und auf Instagram weiterging, lesen Sie unten bei der positiven Geschichte… :-)
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Die neue Netrebkonitis
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Ich verstehe die Aufregung über Anna Netrebko nicht. Ja, Salzburgs Oster-Intendant Nikolaus Bachler hat bekanntgegeben, dass sie nächstes Jahr neben Jonas Kaufmann als La Gioconda zu sehen ist. Provokation oder Whitewashing (alle Punkte, die Netrebko mit dem System Putin in Verbindung bringen, sind bekannt und hier nachzulesen). Abgesehen von aller Politik, sorge ich mich eher um die Qualität der Osterfestspiele! 490 Euro für Anna Netrebko in einer Ponchielli-Oper? Really? Hat Bachler eventuell Ambitionen, bald die Arena di Verona zu leiten? Sein Salzburger Luxus-Festival wird derzeit eher zum Opern-Poker: Wird Jonas Kaufmann auch alle Aufführungen singen? Wird Netrebko wirklich kommen? Für mich ist Netrebko in erster Linie opportunistisch. Aber an ihr zeigt sich eben auch die Haltung der Opern-Manager: Nikolaus Bachler, Kai Uwe Laufenberg oder Dominique Meyer sind aus unterschiedlichen Gründen ihre Förderer und wollen mit ihrem Karriere-Herbst noch mal Kasse machen.
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In New York lädt Peter Gelb sie derzeit nicht ein, dafür hat er offensichtlich 200.000 Dollar Ausfallzahlungen überwiesen. Auch Netrebkos Mann, Yusif Eyvazov wurde in den USA offensichtlich ausgeladen. Und auch die Kollegenschaft spaltet Netrebko, während einige gern weiter neben ihr abkassieren, zeigen andere Haltung. Der polnische Tenor Piotr Beczała ist so ein Sänger mit Kompass. Er erklärte der New York Times, dass er Netrebko immer geschätzt habe, „aber sie hat Fehler gemacht“ – damit meint Beczała ihre Haltung gegenüber der russischen Invasion. Ich finde, man muss Netrebko nicht boykottieren – aber ich hätte persönlich auch nur wenig Lust, sie zu hören. Aber sicher ist, die Testosteron-Provokationen mit ihr werden weitergehen. Eigentlich tragisch.
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Und was ist mit Currentzis?
Im Gegensatz zu Anna Netrebko ist Teodor Currentzis noch immer im Auftrag russischer Firmen unterwegs und für mich deshalb ein viel eindeutigerer Fall von Russland-Nähe. Eine Erkenntnis, die sich derzeit offensichtlich durchsetzt. Auf jeden Fall kommt der russisch-griechische Dirigent in der Saisonvorschau seines ehemaligen europäischen „Wohnzimmers“, des Konzerthauses in Wien, dieses Mal gar nicht vor. Die Kölner Philharmonie hatte bereits vor einiger Zeit erklärt, Currentzis nicht mehr einzuladen.
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Das Hamburger Konzert mit Bachs h-Moll-Messe und musicAeterna am 6. April in der Laeiszhalle wurde ebenfalls abgesagt. Auch an der Elbe ist bislang kein weiteres Currentzis-Konzert online zu buchen. Ob das etwas damit zu tun hat, dass der Dirigent gerade mal wieder mit seinem russischen Ensemble (mit einem Vorstand engster Putin-Vasallen) durch Putins Land getingelt ist (natürlich weiter unterstützt von VTB und dieses Mal in Krasnojarsk auch von Rosatom, einer Firma im russischen Waffengeschäft)? Oder damit, dass Currentzis als Chef von musicAeterna sich noch immer nicht für die Ausfälle seiner MusikerInnen beim Deutschland-Gastspiel (Kriegslieder für Putin etc.) entschuldigt hat? Oder daran, dass er laut Zeit-Recherche bei Russland-Gastspielen allerhand Privilegien (wie eine Luxus-Limousine) in Anspruch nimmt, aber sich trotz Kriegs-Eskalationen nicht zu einer Verurteilung des Krieges durchringen kann? Vielleicht wird bei den Saison-Pressekonferenzen ja klar, ob Currentzis für Europas Intendanten überhaupt noch zugängig ist. Erstaunlich ist, dass ausgerechnet der SWR noch am Dirigenten festhält.
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Personalien der Woche
Hui - gesundheitliche Gründe halten Christian Thielemann davon ab, die Richard Strauss-Tage in Dresden zu dirigieren. Eine weitere Klatsche für sein Orchester, die Staatskapelle in Dresden. Einspringen werden Cornelius Meister, David Afkham und Tugan Sokhiev. +++ Groß denkt Tobias Kratzer seine Flughafen-Oper im Hangar 5 von Tempelhof. Hans Werner Henzes Oratorium Das Floß der Medusa soll ab 16. September jeweils 1600 Besucher locken. Der Hangar ist 6000 Quadratmeter groß. Auf der offenbar unter Wasser stehenden Bühne, die zwischen den beiden Besuchertribünen angelegt ist, sollen mehr als 150 Darsteller auftreten. +++ Die Süddeutsche Zeitung meldet: Der kommissarische Chordirektor Stellario Fagone der Bayerischen Staatsoper sei nicht mehr am Haus tätig. Sprecher Michael Wuerges bestätigt die fristlose Kündigung des Italieners, will sich aber nicht näher zu den Gründen äußern. Gerüchte, dass sich die Intendanz von Fagone trennen wolle, hat es schon seit geraumer Zeit gegeben. Zuletzt hieß es, er werde bei keiner Neuproduktion mehr den Chor leiten, sondern nur noch bei Repertoire-Vorstellungen eingesetzt.
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Und wo bleibt das Positive, Herr Brüggemann?
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Ja, wo zum Teufel bleibt es denn? Vielleicht hier! Es ist großartig, was in sozialen Medien spontan entstehen kann. Die Zeitschrift Opernwelt hatte unseren Podcast Alles klar, Klassik? mit dem Verweis auf die Einkommens-Differenz zwischen Star-Sopran Sonya Yoncheva und Kulturkritikerin Laura Ewert auf ihrer Twitter-Seite beworben. Jemand kommentierte, das sei kein Wunder, da Singen eine außergewöhnliche Begabung sei, während Kritiken ja jeder schreiben könne. Wirklich? Ich wollte es wissen: Wie würde man eine Oper mit KritikerInnen besetzen? Auf meinem Instagram-Profil habe ich eine Umfrage gestartet, am Beispiel der Götterdämmerung. Auf Grund heldischer Eigenwerbung hat sich Opernwelt-Mann Arno Lücker als Siegfried durchgesetzt (mit 39 Prozent knapp vor Egbert Tholl mit 29 Prozent). Als Brünnhilde schien es nur eine Wahl zu gegeben: 64 Prozent stimmten für Alt-Kritikerin Eleonore Büning, abgeschlagen auf den Plätzen Hannah Schmidt (neun Prozent), Christine Lemke-Matwey (18 Prozent) und Julia Spinola (neun Prozent). Als Hagen setzte sich Welt-Mann Manuel Brug mit 59 Prozent durch. Den ehrenhaftesten Titel der weissagenden ersten Norn bekam Markus Thiel vom Münchner Merkur mit 50 Prozent vor Manuel Brug, Wiebke Hüster und Hannah Schmidt. Das Ergebnis müssen wir noch bei Katharina Wagner einreichen, bevor es zum vollkommenen Weltuntergang auf offener Bühne kommt.
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In diesem Sinne: Halten Sie die Ohren steif!
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Wir versenden keine Spam-Mails und verkaufen keine Email-Adressen. Versprochen!
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