Anja Lechner

Musi­ka­li­sche Frei­heit

von Stefan Sell

30. Dezember 2020

Anja Lechner und François Couturier schweben auf Cello und Klavier durch die Unermesslichkeit ihres musikalischen Kosmos.

Jenseits aller Epochen, weit weg von jegli­cher Zuord­nung schweben die Cellistin und der Pianist Fran­çois Couturier in dem für sie so charak­te­ris­ti­schen Klang­bild, Musik, die in keine Schub­lade passt, einfach exzel­lent, denn die beiden sind seit langem ein Dream­team. „Lontano” ist ein weiterer Höhen­flug ihres Zusam­men­spiels. Sie sind so aufein­ander einge­stimmt, dass vieles, was impro­vi­siert, ertastet und erahnt ist, wohl durch­kom­po­niert wirkt. Jeder Ton greift präzise in den vorhe­rigen.

Anja Lechner und François Couturier
Ein Dream­team: Anja Lechner und Fran­çois Couturier
Foto: Nadia F. Roma­nini)

Wie aus dem Nichts sind immer wieder Refe­renzen zu hören, zwanglos, als würden sie dem Duo auf der Reise durch ihren Kosmos einfach entge­gen­leuchten, es flüchtig berühren. Ein Beispiel ist Memory of a Melody, das mit sphä­risch avant­gar­dis­ti­schen Schichten beginnt, aus denen dann zaghaft und wohl behütet die Melodie der Bach­kan­tate Wie zittern und wanken der Sünder Gedanken schlüpft. „Es gibt keine alte oder neue Musik. Sie liegt in der Atmo­sphäre, überall, die ganze Zeit”, statu­iert Lechner. Wenn in Lontano die Klavier­musik Frederic Mompous aufblitzt, in Hymne die Musik von Gurd­jieff funkelt, dann ist das „viel­leicht, weil wir diese Musik so voll­kommen einge­sogen haben”. Und immer wieder singt Lech­ners Cello einfach bezau­bernd schön, wie es schon auf ihrer Schu­bert-CD „Die Nacht” zuhören war. In dem Zamba Alfon­sina y el mar von Ariel Ramírez erklingt es, innig berüh­rend wie einst die Stimme Mercedes Sosas, die das Lied 1969 zum ersten Mal sang. Das letzte Stück, Post­lu­dium, entlässt den Hörer mit dem warm­her­zigen Gefühl, zu wissen, wie schön Frei­heit ist.