Dani Levy u.a.

Fröh­liche Misch­poke

von Adrian Prechtel

3. Februar 2021

Dani Levy zeigt in seinen Filmkomödien, wie man das Jüdische unverkrampft und humorvoll auf die Leinwand bringen kann.

Die Deut­schen tun sich nicht leicht mit der Darstel­lung des „Jüdi­schen“ in Kino- und Fern­seh­filmen. Es finden sich trotzdem einige gelun­gene Beispiele, bei denen man sogar lachen kann.

Einblick in Dani Levys Känguru-Chro­niken aus dem Jahr 2020

Inter­na­tional gelten wir Deut­schen eher als humorlos. Und wenn es um „Jüdi­sches“ geht, weiß man ja auch gar nicht, ob man über­haupt (mit)lachen darf. Da kommt einem der Regis­seur Dani Levy gerade Recht. Der ist zwar Schweizer, lebt aber in und hat seinen Super-Film Känguru Chro­niken gerade an die Corona-Kino­krise verloren. Aber er hat vor einigen Jahren eine meiner Lieb­lings­ko­mö­dien gedreht, in der, glaube ich, jeder – naja, bei den Ultra­or­tho­doxen kann ich das nicht beur­teilen – mitla­chen kann.

Einblick in die Film­ko­mödie Alles auf Zucker von Dani Levy

Henry Hübchen ist hier ein Spie­lertyp, wäre gerne Priva­tier, ist aber Plei­tier, seine Ehe (mit Hanne­lore Elsner) ist auch im Eimer, und jetzt muss Jaeckie Zucker auch noch seine Mutter in Berliner Heimat­erde beer­digen. Dazu ist die ganze koschere Misch­poke aus ange­reist. Eigent­lich heißt Jaeckie ja Zucker­mann: „Aber wenn sich det irgendwie jüdisch anhört, habt ihr Euch jeirrt. Ick hab« mit dem Club nüscht mehr zu tun“, erklärt Jaeckie die Sach­lage. Aber Muttern hat im Testa­ment verfügt, dass es nur Geld gibt, wenn alle in Jaeckies Wohnung die Trauer-Riten, die Schiv’a, begehen. „Nur über meine Leiche“, beschließt Jaeckie und schreckt vor keinem Trick zurück, um der „sieben­tä­gigen Leichen-Starre“ zu entkommen. Levy hat in seine Komödie alles rein­ge­packt, auch den Konflikt zwischen ortho­doxem und assi­mi­liertem Judentum. „Ihr Juden habt so viel Gebote, da kann man gar nicht impro­vi­sieren“, beklagt sich Hanne­lore Elsner, als sie die Regeln paukt, um die Erbschaft zu retten. Und dann scheut sich der Film auch nicht vor Slap­stick-Einlagen. Lachen also erlaubt – auf oder unter dem Niveau jedes einzelnen.

Einblick in den Stumm­film Das alte Gesetz von Ewald André Dupont aus dem Jahr 1923, Daniel Grossman und sein mit Musik von Phil­ippe Schoeller begleiten.

Wenn ich dann so die deutsch-jüdi­sche Film­ge­schichte durch- und zurück­gehe, wird es natür­lich ernster – mit dem rassis­ti­schen Mach­werk aus der Goeb­bels­werk­statt, Jud Süß von 1940, als Tief­punkt. Aber in den meisten Filmen geht es inter­es­sant um den Konflikt zwischen jüdi­scher Iden­tität und Assi­mi­lie­rung. Das beginnt schon mit Das alte Gesetz von 1923. Ein gut zwei­stün­diger Stumm­film von Ewald André Dupont: Da entdeckt in seinem Schtetl der Rabbi­ner­sohn Baruch Meyer bei einem Purim­s­piel, das die Rettung der Juden durch Königin Esther feiert, die Leiden­schaft für das Schau­spiel. Er flieht aus seinem ortho­doxen Eltern­haus und wird Burg­schau­spieler in – ohne seine Wurzeln ganz zu verleugnen.

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Einblick in die Netflix-Verfil­mung Unor­thodox des auto­bio­gra­fi­schen Romans von Deborah Feldman

Und dieses Thema bleibt 100 Jahre später immer noch aktuell und landet – ohne viel Zucker wieder in Berlin: Unor­thodox ist eine kleine, erfolg­reiche Netflix-Serie, in der die junge Esty (also Esther) aus nach Berlin flieht, um der Rigi­dität der Regeln der chas­si­di­schen Satmarer in Brooklyn zu entkommen. Natür­lich hat es dafür auch Kritik geha­gelt, das Regie­werk von Maria Schr­ader sei einseitig. Mag sein, und eine Komödie ist das Ganze auch nicht, eher ein Drama mit Licht­blick. Aber das ist ja ganz nahe am Leben. Und wenn man dann noch eine große Prise berühmten jüdi­schen Humors zusetzen würde… dann können viel­leicht doch wieder alle lachen. So wie bei „Alles auf Zucker“.

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Fotos: Szenenbild aus dem Film Alles auf Zucker von Dani Levy