Daniel Behle

Musi­ka­li­scher Racheakt

von Corina Kolbe

4. Mai 2021

Daniel Behle lässt mit Oliver Schnyder am Flügel Richard Strauss’ Vertonungen der satirischen Gedichte des Theaterkritikers Alfred Kerr mit all ihrer Wut erklingen.

hatte viel Wut im Bauch, als er 1918 den Krämer­spiegel kompo­nierte. Denn er hatte sich vertrag­lich verpflichtet, dem Musik­verlag Bote & Bock die Rechte an seinem nächsten Lieder­zy­klus abzu­treten. Ein Schritt, den er später bitter bereute. Mit Verto­nungen sati­ri­scher Gedichte des scharf­zün­gigen Thea­ter­kri­ti­kers Alfred Kerr holte er deshalb zu einem bitter­bösen Angriff aus. Gleich mehrere deut­sche Verlage werden im Krämer­spiegel als scham­lose Ausbeuter kari­kiert. „Wie schmatzt der Bock voll Schmau­se­gier! / Er möchte gar vermessen / Die Blüten alle fressen“, ätzte Kerr, der mit Strauss allzu gern gemein­same Sache machte.

Daniel Behle
Bringt die Ironie köst­lich zum Ausdruck: der Tenor
(Foto: Lucia Hunziker)

Durch die schöne Melodie, die den Text unter­malt, wirkt das Stück doppelt provo­zie­rend. In den weiteren Liedern folgt Spitze um Spitze – so wird der Ziegen­bock von den Dornen eines „Rosen­strausses“ gepie­sackt. An anderer Stelle sind Verleger als blut­saugende Wanzen darge­stellt. Der Tenor Daniel Behle und sein konge­nialer Partner Oliver Schnyder am Flügel bringen mit ihrer musi­ka­lisch anspruchs­vollen Einspie­lung die Ironie des Ganzen köst­lich zum Ausdruck. Neben anderen Strauss-Schöp­fungen – etwa den selten aufge­führten Gesängen des Orients – enthält das hörens­werte Album auch noch ein kleines Kuckucksei: nämlich das von Behle im Stil von Strauss kompo­nierte Lied Der Schmet­ter­ling.