Jewish Chamber Orchestra Munich

Eine kraft­volle musi­ka­li­sche Aussage gegen Anti­se­mi­tismus

von Ruth Renée Reif

5. Dezember 2019

Am 8. Dezember 2019 jährt sich der Geburtstag Mieczysław Weinbergs zum 100. Mal. Das Jewish Chamber Orchestra Munich und Daniel Grossmann erinnern an die Verbundenheit Weinbergs und Schostakowitschs.

„Viele meiner Werke haben einen Bezug zum Thema Krieg. Dass es so ist, beruht jedoch nicht auf einer freien Entschei­dung, die ich getroffen hätte. Die Befas­sung mit dem Thema Krieg ist mir viel­mehr von meinem Schicksal und vom tragi­schen Schicksal meiner Familie aufer­legt worden. Ich betrachte es als meine mora­li­sche Pflicht, über den Krieg und über die schreck­li­chen Dinge zu schreiben, die den Menschen in unserem Jahr­hun­dert wider­fahren sind“, erklärte der Kompo­nist (Foto oben: © Olga Rakhals­kaya) einmal. Die Ausein­an­der­set­zung mit der jüdi­schen Herkunft und dem durch den Krieg vers­ur­sachten Leid wurden zu seinem kompo­si­to­ri­schen Thema.

Einander respekt­voll und freund­schaft­lich verbunden:
und Miec­zysław Wein­berg

Am 8. Dezember 1919 in geboren, verhin­derte der deut­sche Über­fall auf Wein­berg an der Fort­set­zung seines Studiums am Konser­va­to­rium und zwang ihn 1949 zur Flucht. Wein­berg floh nach Minsk und konnte am dortigen Konser­va­to­rium bei Wassili Solo­tarjow sein Studium fort­setzen. Später erfuhr er, dass seine Eltern und seine Schwester im Zwangs­lager Traw­niki ums Leben gekommen waren. Der deut­sche Einmarsch in die Sowjet­union zwang ihn erneut zur Flucht. 1941 floh er nach Tasch­kent. Von dort aus gelangte ein Exem­plar seiner Ersten Sinfonie in die Hände von Dmitri Schost­a­ko­witsch, der sich für ihn einsetzte und ihm 1943 die Über­sied­lung nach Moskau ermög­lichte.

Das Jewisch Chamber Orchestra Munich unter
(Foto: © Thomas Dashuber)

Wein­berg blieb bis zu seinem Lebens­ende 1996 in Moskau, obgleich er durch den Anti­se­mi­tismus unter Stalin stän­digen Repres­sionen ausge­setzt war. „Ich war in eine Einzel­zelle gesteckt worden, in der ich nur sitzen, nicht liegen konnte. Nachts wurde manchmal ein starkes Flut­licht einge­schaltet, sodass es unmög­lich war zu schlafen. Es war nicht sehr erfreu­lich“, berich­tete er über seine Zeit im Gefängnis 1953. Mit Schost­a­ko­witsch, der für ihn sogar einen Brief an Lawrenti Beria, den gefürch­teten Chef des sowje­ti­schen Geheim­dienstes schrieb, unter­hielt er regen künst­le­ri­schen Austausch. Schost­a­ko­witsch zeigte Wein­berg seine neuen Parti­turen und empfahl Wein­bergs Musik seinen Freunden und Kollegen.

Solist in Miec­zysław Wein­bergs Concer­tino aus dem Jahr 1948:
der Cellist

(Foto: © wild​und​leise​.de)

Das unter Daniel Gross­mann erin­nert am 9. Dezember 2019 mit einem Konzert im Jüdi­schen Zentrum an die Verbun­den­heit von Wein­berg und Schost­a­ko­witsch. Auf dem Programm stehen Wein­bergs Concer­tino für Violon­cello und Streich­or­chester op. 43 aus dem Jahr 1948, Jüdi­sche Lieder op. 13, die Wein­berg 1943 noch in Tasch­kent voll­endete und die da auch urauf­ge­führt wurden, arran­giert für Streich­or­chester von Weniam Basner, und die Siebte Sinfonie op. 81 aus dem Jahr 1964, Wein­bergs „goldener Zeit“. Und von Schost­a­ko­witsch erklingt die Wein­berg gewid­mete Strei­cher­sin­fonie in As-Dur op. 118a aus dem Jahr 1964, die der Diri­gent und Brat­schist Rudolf Barschai nach dem Zehnten Streich­quar­tett in As-Dur arran­giert hatte. Solist des Abends ist Wen-Sinn Yang.
Weitere Infor­ma­tionen: www​.jcom​.de