
Ioan Holender
Zurück – wohin und wann?
von Ioan Holender
4. September 2020
Ioan Holender über die Kultur in unsicheren und noch nie dagewesenen Zeiten
Niemand auf unserer kleiner gewordenen Welt will, dass es so bleibt, wie es ist, und keiner möchte, dass es noch schlechter wird, als es ist. Die Lage verschlechtert sich weltweit von einem Tag auf den anderen. Wir haben alle verstanden, dass wir nicht mehr tun können, als die Maske zu tragen, den Abstand zu halten und regelmäßig die Hände zu waschen.
Warten auf Erlösung
Wir leben in einer Art Fatalismus und erwarten die Erlösung. Wir – das sind jene, die durch Kunst und Kultur im umfangreichsten Sinn dieses Begriffes tätig sind – haben verstanden, dass für die bestimmende politische Macht Kunst- und Kulturausübende auf der untersten Treppenstufe der wirtschaftlichen Einrichtungen stehen und dementsprechend auch behandelt werden.
Gegenseitige Kommunikation
Theater im weitesten Sinne ist gegenseitige Kommunikation zwischen wenigen – den Künstlern – und vielen – dem Publikum. So wurde Theater in der attischen Demokratie geboren, und so ist es bis in unsere Tage geblieben. Theatergebäude und Konzertsäle sind für ein möglichst volles Auditorium gebaut.
Unglaubwürdiges Spektakel
Wenn der Zuschauerraum nur spärlich besetzt ist, schadet dies der Akustik beziehungsweise der Hörbarkeit von beiden Seiten, die Wiedergabe von Dargebotenem wird verschlechtert. Wenn das Agieren auf der Bühne und das Zusammenmusizieren durch Abstandsregeln geleitet werden, wird das ganze Spektakel unglaubwürdig und eher kurios als künstlerisch überzeugend. Das Mögliche ermöglichen.
Das kostbare Gut Musik
Vieles wird anders sein, wenn es möglich wird, dass alles wieder ist, wie es war, respektive wie wir es gewohnt waren. Doch ganz so wird es auf nahezu allen Lebensgebieten nicht mehr werden, und das ist zum Großteil auch gut so. Doch die Grundform des Theaters, die Wiedergabeform des kostbarst erworbenen Gutes – Musik genannt – kann, soll und wird sich nicht ändern.
Vernehmbar werden
Wir versuchen in diesen unsicheren und global noch nie dagewesenen Zeiten vieles, um die Existenz von Kunst und Kultur und deren Vertreter vernehmbar werden zu lassen. Aber ersetzen können wir damit nicht das, was Theater, Oper und Konzert war und hoffentlich wieder sein wird. Ich bin kein Optimist und auch kein Pessimist. Doch bin ich Possibilist, und das Possible soll doch immer möglich sein.
„kulTOUR mit Holender“ auf ServusTV Deutschland:
11.9. 23 Uhr – Kairo – Musik und Kultur am Nil
18.9. 23 Uhr – Das Operetten-Genie Franz Lehár