"Così fan tutte", Bayerische Staatsoper 2022

News | 26.10.2022

„Così“ im Sado-Maso-Look und mit Klang-Esprit

von Redaktion Nachrichten

26. Oktober 2022

Ein volles Haus, eine Mozart-Para­de­oper und Premieren­jubel nahezu wie Vor-Corona-Zeiten – „Così fan tutte“ fand in der Baye­ri­schen Staats­oper am Mitt­woch­abend beim Publikum große Zustim­mung. Dabei hat die erste Neupro­duk­tion der Spiel­zeit mit dem Regie­debüt von Bene­dict Andrews durchaus Einschrän­kungen. Denn so fein­sinnig das Baye­ri­sche Staats­or­chester mit Vladimir Jurowski in dessen zweiter Saison als Gene­ral­mu­sik­di­rektor das Mozart’sche Klang- und Einfalls­uni­versum behan­delt, so sehr wird die Spiel­freude einiger Personen durch die Perso­nen­regie beschränkt.

"Così fan tutte"

„Così fan tutte“

Schade, dass dies im ersten Akt gerade die beiden Prot­ago­nisten-Schwes­tern Fior­di­ligi und Dora­bella trifft. Stimm­lich und in der Mozart-Auffas­sung klingen Louise Alder (Rollen­debüt) und Avery Amereau (im Dora­bella-Rollen und München-Debüt) wunderbar zusammen, agieren einheit­lich – und lang­weilen. Sie im ersten Akt als sich durch die Haare strei­fende Naiv­chen ohne Tempe­ra­ment vorzu­führen, verkürzt die Charak­tere zu sehr. Mit derart magerem Anfangs­po­ten­tial ist eine Entwick­lung der Rollen schwer zu argu­men­tieren.

Von Beginn an regie­mäßig besser davon kamen alle anderen. Konstantin Krimmel als Guilelmo (Rollen­debüt) und Sebas­tian Kohl­hepp als Ferrando: beide glänzten als humo­rige Partner der Schwes­tern. Sand­rine Piau liefert eine bestechend muntere und komi­sche Despina. Chris­tian Gerhaher als Don Alfonso ist ein Ereignis. Stimm­lich das bekannte Wunder an Nuan­cen­reichtum, gestaltet er szenisch jede Rollen-Lebens­lage vom Voya­geur mit Sado-Maso-Maske bis zum amüsierten Betrachter des Bezie­hungs­thea­ters glaub­würdig.

Im zweiten Akt sind einige Regie-Einfälle verkrampfte Versuche, die Schwes­tern-Lieb­haber als divers-Orien­tierte inter­es­santer zu machen. Als wenn die von Da Ponte/​Mozart gezeigten und gestal­teten Bezie­hungs­ge­flechte und ‑gefechte nicht schon topspan­nend, mehr­deutig und auch witzig genug wären.

Musi­ka­lisch ist die Produk­tion klar lohnend: Jurowski diri­giert zupa­ckend und entwi­ckelt mit dem Orchester immer wieder inspi­rierte und federnd-leicht­fü­ßige Mozart­klänge voller Virtuo­sität. Klasse.

© MH – Alle Rechte vorbe­halten.

Fotos: Wilfried Hösl