Offenbachs „La vie parisienne“ im Théâtre des Champs-Élysées

Palaz­zetto Bru Zane lässt die Korken knallen

von Corina Kolbe

25. Oktober 2019

Der Geist der Romantik ist in Frank­reichs Haupt­stadt noch immer zu spüren. In einem versteckten Winkel des Pigalle-Vier­tels am Mont­martre liegt das Musée de la Vie Roman­tique, das seine Besu­cher auf eine Zeit­reise ins 19. Jahr­hun­dert schickt. In der kleinen Villa des Malers Ary Scheffer gibt es Bilder, Möbel und Schmuck zu sehen, unter anderem von der Schrift­stel­lerin George Sand, die hier mit ihrem Geliebten ein- und ausging. Auf einem Gemälde ist die legen­däre Opern­diva Maria Mali­bran verewigt. fühlte sich schon als Kind derart in ihren Bann gezogen, dass er sein Leben der Musik widmen wollte. Ihre Schwester, die Sängerin , führte den jungen Gounod nicht nur in Schef­fers Zirkel ein, sondern öffnete ihm auch die Türen der Pariser Oper.

Kerzen­aus­blasen zum zehnten Geburtstag des Zentrums für fran­zö­si­sche Musik der Romantik. (Foto und Foto oben: © Nicola Bertasi)

Nicht alle seine Krea­tionen wurden aller­dings so große Erfolge wie Faust oder éo et Juli­ette. Dass auch ein lang verges­senes Werk wie Le tribut de inzwi­schen wieder­auf­ge­führt wird, ist dem vene­zia­ni­schen Palaz­zetto Bru Zane und seiner enga­gierten Mäzenin Nicole Bru zu verdanken. Zum 200. Geburtstag des Kompo­nisten hatte das 2018 Gounods letztes Bühnen­werk im Prinz­re­gen­ten­theater auf CD einge­spielt. Als das Zentrum für fran­zö­si­sche Musik der Romantik jetzt seinen zehnten Geburtstag feierte, erklang beim Gala-Konzert im Théâtre des Champs-Élysées ein zackiger spani­scher Tanz aus dieser Oper.

Eine groß­ar­tige Sänger­riege stellte mit dem Orchestre de Chambre de Paris unter Hervé Niquet zahl­reiche Trou­vaillen vor. (Foto: © Nicola Bertasi)

Mit Verve stellte eine groß­ar­tige Sänger­riege mit dem unter Hervé Niquet zahl­reiche Trou­vaillen vor, die der Palaz­zetto seit 2009 ausge­graben hat. Für ihre uner­müd­liche Forschungs­ar­beit erhielt die Stif­tung in diesem Jahr einen Inter­na­tional Opera Award und einen Preis des Maga­zins Oper! Links und rechts von der Bühne des Théâtre des Champs-Élysées prangten bunte Opern­pla­kate, die das Publikum auf den musi­ka­li­schen Quer­schnitt einstimmen sollten. Der zeit­liche Bogen spannte sich vom späten 18. Jahr­hun­dert bis zur Belle Époque.

Virtuos inter­pre­tierte der inter­na­tional preis­ge­krönte Solist Emma­nuel Ceysson das „Concert­stück“ von Gabriel Pierné auf der Harfe. (Foto: © Nicola Bertasi)

Heiter-Skur­riles wech­selte sich an dem kurz­wei­ligen Abend mit Tragik ab. So sang die Sopra­nistin Judith von Wanroij eine Trau­er­arie aus Jean-Baptiste Lemoynes Phèdre von 1786, danach lamen­tierte der Tenor Rodolphe Briand über einen verlo­renen Hut. Dem absurden Lied J’viens d’perdr« mon gibus von Félix Chau­doir folgte ein drama­ti­sches Duett der Sopra­nistin mit dem Tenor aus der 1900 entstan­denen Oper Lancelot von Victorin Joncières, der sich von Wagner inspi­rieren ließ. Der stimm­ge­wal­tige Bariton Tassis Chris­toyannis beein­druckte mit dem Lied Extase von . Einer der musi­ka­li­schen Höhe­punkte war das „Concert­stück“ von Gabriel Pierné, das der inter­na­tional preis­ge­krönte Solist Emma­nuel Ceysson virtuos auf der Harfe inter­pre­tierte.

Regis­seur Romain Gilbert sorgte für Kontraste. (Foto: © Nicola Bertasi)

Auch Regis­seur Romain Gilbert sorgte für Kontraste. Am linken Bühnen­rand ließ er eine Gruppe ernster, zumeist schwarz­ge­klei­deter Sänger zehn Kerzen auf einer Geburts­tags­torte auspusten. Rechts vergnügte sich ein Trupp schrill kostü­mierter Scherz­bolde zwischen bunt zusam­men­ge­wür­felten Möbeln. Erst nach anfäng­li­chem Miss­trauen fanden beide Lager zuein­ander. Der Schau­spieler und Regis­seur Olivier unter­hielt das Publikum mit quir­ligen Sprech­ein­lagen und gab, als Frau verkleidet, mit Briand ein Duett aus Edmond Audrans komi­scher Oper La mascotte zum Besten.

Heiter-Skur­riles wech­selte sich mit Tragik ab. (Foto: © Nicola Bertasi)

Nicht fehlen durfte auch der Wahl-Pariser , der in diesem Jahr seinen 200. Geburtstag gefeiert hätte. Gleich zu Beginn spielte das Orchester die schwung­volle Ouver­türe aus seiner späten Operette Madame Favart, die in diesem Sommer von der Pariser Opéra Comique in Koope­ra­tion mit dem Palaz­zetto Bru Zane gezeigt wurde. In ausge­las­sener Cham­pa­gner­laune endete der Abend mit dem Finale aus Offen­bachs La vie pari­si­enne, zu dem alle Künstler noch einmal gemeinsam auf die Bühne kamen. Als Zugabe gab es dann noch einen Refrain aus Hervés turbu­lenter Komödie Les Cheva­liers de la table ronde. Das Publikum liebe das Fröh­liche an der Kunst, hatte Offen­bach seiner­zeit der Zeitung Le Figaro gesagt. Der begeis­terte Applaus der Gäste im Théâtre des Champs-Élysées gab ihm wieder einmal Recht.

Weitere Infor­ma­tionen zum Zentrum für fran­zö­si­sche Musik der Romantik: www​.bru​-zane​.com