News | 12.06.2020

„Rhein­gold“ im Minia­tur­format: Starke Stimmen auf dem Park­deck

von Redaktion Nachrichten

13. Juni 2020

Die Deutsche Oper Berlin hat ihren Spielbetrieb nach der Corona-Pause wieder aufgenommen, und zwar mit einer Kammerversion von Jonathan Doves "Rheingold". Die halbszenische Inszenierung wird auf einem Parkdeck aufgeführt und läuft bis zum 21. Juni. Die Sänger und Musiker wurden von den etwa 200 Premierenbesuchern begeistert applaudiert.

Mit Jona­than Doves Kammer­ver­sion von Richard Wagners „Rhein­gold“ hat die Deut­sche Oper nach der durch Corona erzwun­genen Pause ihren Spiel­be­trieb wieder aufge­nommen. Um die 200 Premie­ren­be­su­cher applau­dierten am Frei­tag­abend den zwölf Sängern und 22 Musi­kern, die unter Leitung von Gene­ral­mu­sik­di­rektor den ersten Teil der „Ring“-Tetralogie in einer halb­sze­ni­schen Fassung präsen­tierten. Das auf 110 Minuten gekürzte Werk, das gemäß den Auflagen der Berliner Behörden unter freiem Himmel zu erleben ist, wird bis zum 21. Juni noch fünf Mal auf dem Park­deck der Oper aufge­führt.

"Das Rheingold"

„Das Rhein­gold“

In girlie­haften Glit­zer­kleid­chen, die an die Ästhetik der Acht­zi­ger­jahre erin­nern, stol­zieren die Rhein­töchter über eine Treppe, die zu einer erhöht liegenden Bühne führt. Über­mutig lassen sie den in poppigen Schlag­hosen auftre­tenden Zwerg Albe­rich abblitzen, der ihnen voller Gier den sagen­haften Schatz entwendet. Auch der Gott Wotan speku­liert auf das geraubte Rhein­gold, um seine Schwä­gerin Freia frei­zu­kaufen, die er den Riesen Fafner und Fasolt verspro­chen hat. Der symbo­li­sche Glanz des Goldes kontras­tiert mit der Tris­tesse kahler Beton­mauern und seltsam verschnürten Gebilden, die wie eine Hommage an den jüngst verstor­benen Künstler Christo wirken.

Auch wenn die Akustik des impro­vi­sierten Spiel­ortes nicht mit der des Saales vergleichbar ist, boten die Sänger respek­table Leis­tungen. In der von Dove gemeinsam mit dem Regis­seur erstellten „Pocket“-Fassung von „Rhein­gold“ wurde Albe­rich stimm­stark von Philipp Jekal verkör­pert. In der Neuin­sze­nie­rung von , die eigent­lich an diesem Abend Première haben sollte, war für die Rolle vorge­sehen. Bei der Ersatz­pro­duk­tion, die laut Runnicles erst vor zehn Tagen vom Senat geneh­migt wurde, wird die ursprüng­liche Beset­zung aber weit­ge­hend beibe­halten. Neben Wotan (), Fricka (Annika Schlicht) und Freia (Flurina Stucki) über­zeugten Andrew Harris als Fasolt, als Fafner und vor allem Thomas Blon­delle als geris­sener Loge.

Beson­ders beein­dru­ckend war die Leis­tung des Orches­ters, das nach den Vorstel­lungen Wagners über 100 Musiker umfassen sollte. Die Fassung von Dove und Vick, die vor 30 Jahren für die entstand, sieht dagegen eine solis­ti­sche Beset­zung vor. Die Strei­cher beispiels­weise spielen das gewal­tige Werk im Quin­tett. Der Klang blieb hier kammer­mu­si­ka­lisch trans­pa­rent, stei­gerte sich im Verbund mit den Bläsern aber auch zu einer hier kaum erwar­teten drama­ti­schen Inten­sität. Wie der Diri­gent vor der Vorstel­lung betonte, wird der Klang nicht künst­lich verstärkt. Die Musiker voll­brächten einen „Kraftakt“, lobte Runnicles.

Die Zuschauer, die aufgrund der pande­mie­be­dingten Hygie­ne­re­geln in weitem Abstand vonein­ander saßen, spen­deten begeis­tert Beifall. Auch Regis­seur Herheim, dessen Produk­tion nach Angaben des Hauses sobald wie möglich nach­ge­holt werden soll, war bei der Première anwe­send.

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