„Something Rotten!“ in Linz
Augenzwinkernde Liebeserklärung an das Musical
27. November 2024
Mit „Something Rotten!“ ist am Landestheater in Linz eine ebenso komische wie vielschichtige „Hamlet-Persiflage“ zu erleben.
Sein oder Nichtsein war einmal. Stattdessen lautet die alles entscheidende Frage: Hamlet oder Omelett? Zumindest im Musical „Something Rotten!“, das derzeit die Bühne im Musiktheater in Linz erobert und das Genre des Musicals gleichzeitig feiert und selbstironisch hochleben lässt wie kaum ein anderes Stück. 2015 wurde das Stück von Karey und Wayne Kirkpatrick und John O’Farrell mit großem Erfolg am Broadway uraufgeführt, in Linz ist nun die deutschsprachige Erstaufführung zu erleben.
Die Kernstory ist schnell erzählt: Wir befinden uns im London der Renaissance, die ganze Welt ist im Shakespeare-Fieber und während der gefeierte Poet Ruhm und Geld gleichermaßen einfährt, kämpfen die Durchschnitts-Theaterleute ums Überleben. Zum Beispiel das ungleiche Brüderpaar Nick und Nigel mit seiner Truppe, das endlich auch einmal Erfolg haben möchte. In seiner Not sucht Nick eine Wahrsagerin heim, die ihm verraten soll, was der nächste große Hit am Theaterhimmel werden wird.
Ihre Vision: Ein Musical! Und der Titel? Irgendetwas mit „let“ am Ende – also mit hoher Wahrscheinlichkeit „Omelett“, so die fatale Fehldeutung der Hellseherin. Im Laufe der Geschichte nimmt das Unheil freilich seinen Lauf und je absurder das Ringen der Brüder um eine ernsthafte Omelett-Inszenierung samt Rührbesen, Pfanne, Eierpampe und Metaebene wird, desto komischer wird es fürs Publikum. Das liegt zum einen an der brillanten Übersetzung der englischen Originalfassung in geschliffene Dialoge und Songtexte, gespickt an sprachlichen Doppelbödigkeiten und Anspielungen auf verschiedenste Musicalhits der vergangenen Jahrzehnte. Zum anderen liegt es an der hingebungsvollen Darbietung sämtlicher Darsteller. Der geschäftige Nick wird mit vollem Körpereinsatz und blonder Mähne gemimt von Gernot Romic, sein sensibler Bruder Nigel wird durch Lukas Sandmann zum von Selbstzweifeln geplagten Poeten mit Hang zu Panikattacken. Dann sind da Nicks durchsetzungsstarke Gattin Bea (Sanne Mieloo), die emanzipiert ihre Rechte einfordert – schließlich sei man schon „in den 90ern“ – und Nigels Angebetete Portio, die Valerie Luksch mit schüchterner Ergriffenheit verkörpert. Meister Shakespeare selbst (Christian Fröhlich) kommt als selbstgefälliger Großprotz daher, dessen „Will Power“ vom Volk ekstatisch bejubelt wird, Ohnmachtsanfälle inklusive. In der Rolle der schrullig-übermütigen Wahrsagerin brilliert schließlich Daniela Dett mit komödiantischer Meisterschaft.
Was das knallig bunt gewandete Ensemble (Kostüme von Adam Nee) in der Inszenierung von Matthias Davids auf die Bühne bringt, ist kurzweilige Unterhaltung im besten Sinne. Eingebettet in ein atriumartiges Bühnenbild (Bühne: Andrew D. Edwards), das aus mobilen Holzbauten besteht, die im Halbkreis den Rahmen bilden für das rasante Geschehen, zelebrieren die Darsteller die schmissigen Songs wie „Welcome to the Renaissance“, „God I hate Shakespeare“, „Make an Omelette“ oder „A Musical“. Pulsierend angetrieben von der Band „The Rotten Egs“ (Leitung Tom Bitterlich) entsteht dabei ein assoziationsreicher und urkomischer Bühnenreigen, der die Schwere der Welt zumindest für zweieinhalb Stunden einmal in Vergessenheit geraten lässt. „Nichts lässt die Leute staunen wie ein Musical“ heißt es an einer Stelle – in Linz wird diese Strahlkraft einmal mehr bewiesen.