News | 20.10.2020

„Süddeutsche“-Chefredaktion bittet Levit um Entschul­di­gung

von Redaktion Nachrichten

20. Oktober 2020

Die Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung hat sich wegen eines kritisierten Feuilleton-Artikels über den Pianisten Igor Levit entschuldigt, den viele als antisemitisch empfanden. Auch viele Redakteure der Zeitung empfanden den Text als problematisch. Levit lehnte ein Gesprächsangebot der Zeitung ab.

Die Chef­re­dak­tion der „Süddeut­schen Zeitung“ hat wegen eines Feuil­leton-Arti­kels über den Pianisten um Entschul­di­gung gebeten. Viele Leser hätten die Veröf­fent­li­chung scharf kriti­siert und seien empört, schrieben Wolf­gang Krach und Judith Wittwer in einem am Dienstag Abend online veröf­fent­lichten Beitrag in eigener Sache: „Manche empfinden den Text als anti­se­mi­tisch, etliche sehen Levit als Künstler und Menschen herab­ge­wür­digt. Auch er selbst sieht das so. Das tut uns leid, und deswegen bitten wir Igor Levit persön­lich wie auch unsere Lese­rinnen und Leser um Entschul­di­gung.“

Igor Levit

Igor Levit

In dem am 16. Oktober veröf­fent­lichten Text unter der Über­schrift „Igor Levit ist müde“ ging es um Levit als Pianisten sowie um sein poli­ti­sches Enga­ge­ment und seine Äuße­rungen in sozialen Netz­werken. „Der Artikel in der @SZ hat mich getroffen“, schrieb der Musiker am Montag auf Twitter. Über seine PR-Agentur ließ er ein Gesprächs­an­gebot der Zeitung ablehnen.

Krach und Wittwer betonte, das Meinungs­bild der Leser­briefe entspreche in etwa dem inner­halb des eigenen Hauses. Viele Redak­teure empfänden etliche Stellen des Textes eben­falls als anti­se­mi­tisch. „Harte Kritik gibt es in der Redak­tion am Begriff »Opfer­an­spruchs­ideo­logie«, der nach dem Wort­laut des Textes zwar auf soziale Medien allge­mein bezogen sei, aber so verstanden werden könne, dass er Levit gilt“.

In der Redak­tion sei in den vergan­genen Tagen ausführ­lich, leiden­schaft­lich und kontro­vers über den Levit-Text disku­tiert worden. „Die Frage, was und wie wir aus dem Fall lernen können, wird uns weiterhin beschäf­tigen“, schlossen Krach und Wittwer.

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Fotos: Felix Broede