News | 08.04.2022

Zele­brierter Exhi­bi­tio­nismus: „7 Deaths of Maria Callas“

von Redaktion Nachrichten

8. April 2022

Die Opern-Performance "7 Deaths of Maria Callas", inszeniert von Marina Abramović in der Deutschen Oper Berlin, zelebriert bekannte Arien, während die Regisseurin fast reglos im Bett liegt. Das musikalisch nur mäßig überzeugende Spektakel wird zu einer peinlichen Selbstbespiegelung.

Einen zwie­späl­tigen Eindruck hinter­lässt die Opern-Perfor­mance „7 Deaths of “, die am Freitag in der voll­be­setzten Deut­schen Oper ihre -Première erlebt hat. Rund hundert Minuten lang zele­briert die Perfor­mance-Künst­lerin Marina Abra­mović ihre persön­liche Ausein­an­der­set­zung mit einer Diva, die bereits zu Lebzeiten zur Ikone wurde. Das auch musi­ka­lisch nur mäßig über­zeu­gende Spek­takel, das im September 2020 an der Baye­ri­schen Staats­oper in aus der Taufe gehoben wurde, wird zu einer pein­li­chen Selbst­be­spie­ge­lung.

"7 Deaths of Maria Callas"

„7 Deaths of Maria Callas“

Abra­mović, die für Konzept, Regie und Bühne verant­wort­lich zeichnet, liegt fast die gesamte Zeit reglos im Bett. Mehrere Sänge­rinnen bieten nach­ein­ander sieben bekannte Arien dar, mit denen die Callas Musik­ge­schichte geschrieben hat. All diesen weib­li­chen Opern­fi­guren ist gemeinsam, dass sie am Ende sterben müssen. Auf einer Lein­wand laufen im Hinter­grund Szenen ab, in denen Abra­mović mit dem Schau­spieler Willem Dafoe ihre Gedanken zu den Rollen der „Prima­donna asso­luta“ in teils dras­ti­sche Bilder über­setzt.

Während Mané Galoyan recht farblos die berühmte Arie „Ah, fors’è lui che l’anima“ aus Giuseppe Verdis Oper „La Traviata“ singt, bleibt Abra­mović auch im Film zunächst in der Hori­zon­talen. Bald schon wird sie der schick­sal­hafte Tod durch Schwind­sucht ereilen. Die Erin­ne­rung an Maria Callas will in diesem Moment – wie auch sonst an diesem Abend – nicht recht lebendig werden. Als Puccinis Floria Tosca, der Diana Goug­lina die Stimme leiht, stürzt sich Abra­mović im Film nicht etwa von der Engels­burg, sondern von einem Wolken­kratzer. Beklem­mende Asso­zia­tionen zu den Anschlägen von 911 werden wach. inter­pre­tiert dann gran­dios die Wahn­sinn­s­arie „Ardon gl’in­censi“ aus Gaetano Doni­zettis „Lucia di Lammer­moor – einer der wenigen Höhe­punkte des Abends – während der über­di­men­sional groß auf der Lein­wand agie­renden Abra­mović blutige Tränen über das Gesicht laufen. Die Prot­ago­nis­tinnen der Opern von Verdi, Doni­zetti, Bellini, Bizet und Puccini segnen rasch das Zeit­liche. Umso länger empfindet man den achten Bühnentod, nämlich den von Maria Callas höchst­per­sön­lich. Abra­mović hat für ihr erstes Opern­pro­jekt Callas« Schlaf­zimmer in ihrer Pariser Wohnung möglichst authen­tisch nach­bilden wollen, inklu­sive einer Schachtel mit Schlaf­ta­bletten auf dem Nacht­tisch.

Unter Leitung des Diri­genten spielt das Orchester der Deut­schen Oper nicht nur die zum Kern­re­per­toire gehö­renden Arien. Der Kompo­nist Marko Niko­di­jević liefert den Sound­track zu den von Abra­mović selbst einge­spro­chen, bisweilen sehr pathe­tisch klin­genden Refle­xionen zu den unglück­li­chen Opern­he­ro­inen und ihrer großen Inter­pretin, die eben­falls an ihren uner­füllten Träumen zerbrach. Niko­di­je­vićs Sphä­ren­klänge wirken ebenso diffus wie die Wolken­for­ma­tionen, die auf der Lein­wand vorüber­ziehen. Auch die Verdi-Melo­dien verpuffen irgendwo im Unge­fähren.

Die Musik, das wird rasch klar, spielt an diesem Abend nicht die Haupt­rolle. Andert­halb Stunden lang wird die Bühne von der starren Mimik Abra­mo­vićs domi­niert, die sich selbst zum Kunst­werk stili­siert. Ein eher pene­tranter Exibi­tio­nismus, mit dem die Perfor­mance-Künst­lerin der Callas in Wirk­lich­keit einen Bären­dienst erweist. Das Publikum lässt sich dennoch zu lautem Beifall hinreißen.

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