Der geniale Wendehals
Der griechisch-russische Musiker Teodor Currentzis ist ein Star der Klassikwelt. Er verdankt seine Karriere auch der Nähe zu den Mächtigen in Moskau. Nun kommt Currentzis mit einem neuen Orchester nach Wien. Warum darf er das?
Utopia“ heißt ein Roman über eine gerechtere Gesellschaft. Jetzt schmückt sich ein neues, von dem Dirigenten Teodor Currentzis gegründetes Orchester mit dem Titel des Renaissanceautors Thomas Morus. Diese Woche kommt Utopia ins Wiener Konzerthaus.
In St. Petersburg leitet Currentzis das Musikzentrum MusicAeterna. Der gebürtige Grieche, seit 2014 im Besitz der russischen Staatsbürgerschaft, hat den westlichen Boykott von Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur bisher erfolgreich umgangen.
Daher sehen manche in Utopia kein Modell für eine bessere Zukunft, sondern das Produkt einer fragwürdigen Vergangenheit.
Beim Fall Currentzis (er steht dem Falter für kein Interview zur Verfügung) geht es um die politische Dimension der Kultur, um die Frage, ob ein Künstler sich über die Verbrechen seiner Förderer hinwegsetzen kann. Er handelt vom Einfluss Russlands auf den Konzertbetrieb, von Geniekult und Kalkül. Um den Protagonisten zu verstehen, lohnt ein Blick auf dessen Werdegang.