Münchner Kulturhaushalt 2023:Große Häuser müssen sparen

Münchner Kulturhaushalt 2023: Mit 50 000 Euro soll der Theatron-Musiksommer unterstützt werden.

Mit 50 000 Euro soll der Theatron-Musiksommer unterstützt werden.

(Foto: Stephan Rumpf)

Die Freie Szene Münchens aber soll eine Million Euro mehr Fördergeld bekommen. Wofür?

Von Michael Zirnstein

Der Jahresendspurt ist im Rathaus eher ein zäher Ringkampf. Ende Dezember wird der Haushalt '23 im Stadtrat festgeklopft, bis dahin feilschen jedes Referat und jede Partei um jeden Euro für ihre Anliegen. "In Zeiten klammer Kassen" sei es nicht gerade leichter geworden, die Kollegen für kulturelle Wünsche zu begeistern, sagt die SPD-Kulturpolitikerin Julia Schönfeld-Knor. "Aber man muss das machen", bekräftigt ihr Kollege Roland Hefter. Er meint: die Kultur stärken gegen die Verdrossenheit nach Corona und für den demokratischen Diskurs gerade in Zeiten des Krieges. "Das ist eine Investition in die Zukunft, denn das schlägt sich dann aufs Glücksgefühl der Menschen in der Stadt nieder."

Aber auch am Glück muss geknapst werden. Das Kulturreferat wird wohl, so schätzen die beiden, wie alle Referate 2023 vier Prozent einsparen müssen. Es werden wohl wieder die großen Institutionen wie Kammerspiele und Philharmoniker aus ihren Rücklagen schultern müssen (zudem soll nicht wieder der ganze, aber doch der halbe Sechs-Millionen-Zuschuss ans Nationaltheater gestrichen werden), denn die Freie Szene soll wieder geschont werden - und eine Million Euro zusätzlich erhalten.

Vorschläge, wie diese im Haushalt 2023 breitenwirksam und über alle Sparten hinweg verteilt werden, hat die SPD-Fraktion nun vorgelegt. Zum Beispiel soll das interreligiöse "Ausarten-Festival" jährlich 80 000 Euro bekommen. Ursprünglich wollte man Kunst und Kultur in eine Hinterhof-Moschee bringen, berichtet Mitgründer Erkan Inan, daraus entstanden ein dreiwöchiges Festival und viele weitere - auch queere und feministische - Aktionen des kulturellen Austausch in der ganzen Stadt und sogar weltweit, gestemmt von jüdischen, muslimischen und christlichen Ehrenamtlichen. "Wir sind erschöpft", sagt Imran, die Förderung für eine Halbtagskraft sei also "eine Frage der Existenz".

Mehr Geld sollen auch andere Festivals bekommen: Hidalgo 30 000 Euro, Corso Leopold 35 000, Theatron-Musiksommer 50 000, und so auch Münchner Kultur-Säulen wie das Marionettentheater (40 000), der Knabenchor (15 000), Tanztendenz (20 000), das Theater Hoch X (20 000), Klangbrücke (20 000) und der Street-Art-Verein Positive Propaganda (50 000). Die SPD will Filmkultur in die Stadtviertelzentren bringen (20 000), Probebühnen anbieten (85 000), die Ausleihe der städtischen Veranstaltungstechnik vereinfachen (80 000), die Dependance des NS-Dokuzentrums in Neuaubing ertüchtigen (40 000) und weitere 200 000 Euro in faire Künstlergagen investieren - wo immer das Logo der Stadt mit draufsteht, so Hefter, selbst Musiker.

Die Musikszene soll durch einen Förderfonds (30 000 Euro) und ein neues Beratungsbüro für etwa für Jazz- und Neue-Musik-Künstler (50 000) Euro gestärkt werden. Was ein wenig irritiert, weil SPD-Chefin Anne Hübner in einem Interview mit der Abendzeitung jüngst die fehlende Sicht der Grünen für die "normalen Menschen" kritisiert und die "vielen Anträge zur Pop- und Feierkultur" des Koalitionspartners infrage gestellt hatte - zum Beispiel eine Unterstützung der Fachstelle Pop (das städtisch geförderte Pop-Beratungsbüro) und eine Pop-Mikroförderung (man könnte auch Band-Förderfonds dazu sagen). So ganz konnten sich Hefter und Schönfeld-Knor Hübners Kritik also nicht erklären. Man habe alle Wünsche mit den Grünen abgestimmt und werde 95 Prozent aller Kulturanträge gemeinsam stellen. Gerade in der Kultur herrsche doch Einigkeit, die bringe die Menschen zusammen, "und das ist der Schlüssel von allem".

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