Pink Mouse 2, 2016

Albertina

Kompro­miss­loser Realismus

von CRESCENDO Redaktion

30. November 2023

Zum 75. Geburtstag von Gottfried Helnwein präsentiert die Albertina Wien bis 11. Februar 2024 eine umfassende Ausstellung seiner Arbeiten der letzten drei Jahrzehnte. Helnwein erhebt in jedem seiner Bilder Anklage gegen Grausamkeit und Unbarmherzigkeit sowie den Schrecken des Faschismus.

„Ich will mit meiner Arbeit Bereiche anspre­chen, über die die Gesell­schaft so gerne hinweg­geht. Ich will Dinge sichtbar machen, die die Menschen lieber verdrängen und unsichtbar lassen würden. Ich will sie dazu verführen, diese Dinge anzu­sehen.“ Der 1948 in Wien gebo­rene Künstler pran­gert in seinen hyper­rea­lis­ti­schen Bildern gesell­schaft­liche Miss­stände an und rückt das unschul­dige, wehr­lose Kind in den Mittel­punkt. Dieses Kind verkör­pert psycho­lo­gi­sche und gesell­schaft­liche Ängste sowie den Schmerz, der ihm durch Miss­brauch, Macht und Gewalt zuge­fügt wird.

Epiphany 1 (The Adora­tion of the Magi 3), 2013

Die Bilder, die stets auf foto­gra­fi­schen Vorlagen basieren, beein­dru­cken durch ihre tech­ni­sche Perfek­tion. Obwohl die Werke als real wahr­ge­nommen werden, entspre­chen die über­di­men­sio­nale Größe der Werke und die Verwen­dung einer mono­chromen Farb­ge­bung nicht der Realität; Heln­wein entrückt den ursprüng­li­chen Eindruck von Realität, den sie vermit­teln sollen, und erschafft eine symbol­hafte Darstel­lung. Der Künstler vereint in seinem Bild­kosmos Motive aus diame­tral entge­gen­ge­setzten Welten: Manga-Figuren und Kriegs­fo­to­grafie, Donald Duck und Adolf Hitler, die Jung­frau Maria und Nazi-Schergen.

Diese Kombi­na­tionen erzeugen eine Mischung aus Groteske und Horror und lösen dabei Beun­ru­hi­gung sowie Beklem­mung aus. Heln­wein zwingt uns zur Einsicht in die ursäch­li­chen Abhän­gig­keiten der Motive und führt uns scho­nungslos Sach­ver­halte vor Augen, wie die Miss­hand­lung und Ausbeu­tung von Kindern, Täter- und Opfer­schaft, den Zynismus der modernen Kriegs­füh­rung sowie die Bana­lität des Bösen und Nieder­träch­tigen in all seinen Erschei­nungs­formen.

The Visit 4, 2021–2023
Fotos: ALBERTINA, Wien Gottfried Helnwein