Paula Bosch probiert
Felix Austria 2.0
von Paula Bosch
20. November 2019
»Glückliches Österreich?« Ja, das wird wieder! Die Sommelière Paula Bosch über eine neue, mutige und offene Winzergeneration mit globaler DNA.
Glückliches Österreich, diesen Ruf hatte sich das Land im Hinblick auf seine Weine einst gründlich verspielt. Doch hat es seine Krise hinter sich gelassen. Dank einer Generation, die nach dem Glykol-Skandal mit globaler Offenheit die regionalen Weine in die Spitzengastronomie führt.
Nein, die österreichischen Weine sind in den letzten drei Jahrzehnten nicht Jahr für Jahr besser geworden, weil der Weinskandal des Jahres 1985, jene Verfälschung der Weine mit Diethylenglykol, die Winzer zum Handeln gezwungen hätte. Die Weinqualitäten sind in erster Linie besser und besser geworden, weil – wie in vielen anderen europäischen Weinregionen in dieser Zeit – eine neue, bestens ausgebildete, teils durch die ganze Welt gejettete, junge Winzergeneration herangewachsen ist, die einfach Mut zum Risiko, die nötige Energie, den Willen und auch das Zeug zu einem Neustart in sich trug.
Das Bundesland Niederösterreich besitzt das größte Weinanbaugebiet Österreichs.
(Foto: © Herbert Lehmann)
In dieser Zeit, 1986, wurde auch die ÖWM (Österreich Wein Marketing GmbH) zur Image- und Absatzförderung gegründet. Sie hat an der positiven Entwicklung des Weinmarktes einen großen Anteil, nicht zuletzt wegen der weltweiten Engagements und Einladungen mit österreichischen Premiumwinzern und deren Weinen.
Das Burgenland ist die Rotweinecke Österreichs.
(Foto: © Philipp Forstner)
In diesem Jahr war ich nun in Österreich zum Weingipfel-Treffen eingeladen, das unter dem Motto „Weingeschichte mit Terroir-Schnittstellen im Herzen Europas“ stand. Die Reise führte in die Weinanbaugebiete zu den angrenzenden Ländern Tschechien, Slowakei, Ungarn, Slowenien und Südsteiermark.
Geschaffen von Vulkanen aus der Zeit des Miozäns wurde das Vulkanland Steiermark.
(Foto: © Anna Stöcher)
Klimatisch betrachtet befinden sich Österreichs bedeutendste Weinregionen vorwiegend im Osten. Flächenmäßig ist Niederösterreich mit 50 Prozent das größte und auch bedeutendste Anbaugebiet. Es grenzt an die Tschechien und Slowakei, während das Burgenland in ganzer Länge an Ungarn, die Steiermark und ganz im Süden an Slowenien stößt.
Neben viel Geschichte und Weinhistorie, die uns dort präsentiert wurden, konnten wir wunderbare Weine probieren, viele von Weingütern, die mir schon vor Jahren aufgefallen sind und deren Weine immer noch besser werden.
DAS WEINGUT WIENINGER IN WIEN
Blick von den Weingärten auf dem Bisamberg hinunter auf Wien
(Foto: © Herbert Lehmann)
Was wäre Wien ohne seine Sehenswürdigkeiten wie das Riesenrad, Schloss Schönbrunn oder die Hofburg? Nicht auszudenken! Das gilt auch für den „Wiener Gemischten Satz“.
Wartet mit einer Wiener Spezialität auf: Fritz Wieninger
Das ist ein Wein aus verschiedenen weißen Rebsorten, die früher in einem Weinberg zusammengepflanzt wurden, um so größere Ernteausfälle auszugleichen. Heute ist es die Spezialität der Stadt, wie das Wiener Schnitzel selbst.
2018 Wiener Gemischter Satz, Wieninger
Ein facettenreiches Aroma von Birnen‑, Mango,- Honigmelonen- und Mirabellennoten. Ganz zarte Säurestruktur, wohlproportionierter Körper, sehr frisch, leicht, fetzig im Gaumen. Feiner Trinkfluss, reizvoller Abgang. Macht Lust auf ein zweites Glas. Ein idealer Alleskönner zu Vorspeisen mit Salaten oder Gemüse, Fisch oder Frischkäse oder auch zum Wiener Schnitzel mit Erdäpfelsalat.
DAS WEINGUT BERNHARD OTT IM NIEDERÖSTRREICHISCHEN WAGRAM
Die niederösterreichische Weinstraße Wagram profitiert von den Fossilien und Mineralien des Rheischen Ozeans, der sich hier vor Millionen von Jahren erstreckte.
(Foto: © Anna Stöcher)
Mit den Weinen des neuen Jahrgangs 2018 feiert das Weingut Bernhard Ott den 30. Jahrgang seines legendären Grünen Veltliner FASS 4, der sich längst als „die Marke“ unter den Veltlinern etabliert hat.
Hat sein Weingut auf Biodynamie umgestellt: Bernhard Ott
Quasi von Anfang an mit dabei, habe ich die Entwicklung des Ott’schen Universums unter der Führung von Junior Bernhard mitverfolgt. Seine letzte und wichtigste Veränderung war die totale Umstellung auf Biodynamie, die er aus Respekt vor der Natur mit dem letzten Jahrgang abschließen konnte. Die Einzellagenweine, Spiegel, Stein und Rosenberg, sind letztlich die Krönung der Kollektion.
2018 Grüner Veltliner 30 Jahre „Fass 4“, Bernhard Ott
Doch das FASS 4 – es ist kein Grand Cru, kein Premier Cru, keine Reserve und keine Einzellage – aber im Ott’schen Sinn, von Anfang an, ein Prototyp unter den Grünen Veltlinern und für mich die Nummer eins. Ott steht auf Klarheit, Brillanz, Feinheit, Frische, Finesse, eindeutige Aromatik und feinen Charakter. Der Wein muss schmecken und klar wie ein Gebirgsbach durch die Kehle rinnen.
DAS WEINGUT ALBERT GESELLMANN IN MITTELBURGENLAND
Bietet Rotweine auf Weltklasseniveau: das Weingut Gesellmann
im burgenländischen Deutschkreutz
(Foto: © Herbert Lehmann)
In jeder der vier Regionen des Burgenlands herrscht ein eigenes Mikroklima, gibt es völlig andere Böden. Allein der Neusiedler See hat mehr als 60 Winzer.
Neunzigjährige Rebstöcke hat Albert Gesellmann in seinem Weingarten.
(Foto: © Herbert Lehmann)
Beispiele auf Weltklasseniveau, ob Bella Rex oder der „G“ von Albert Gesellmann sind immer dabei. Zweifelsohne wird das Weingut insbesondere mit seinen Rotweinen seit Jahren als die Premiumklasse des Landes gehandelt.
2016 Bela Rex, Albert Gessellmann
Bela Rex hat für mich immer wieder die Rasse, den Esprit und Körper eines ganz edlen Geschöpfes, vorausgesetzt man gibt ihm die nötige Zeit zur Reife. In der Jugend, wie sich 2016 derzeit präsentiert, strotzt er vor feinsten Zedernholznoten, saftiger roter Frucht und Blaubeeren, geröstete Haselnuss und feinster Gerbstoff im Rückaroma.
DAS WEINGUT WACHTER-WIESLER AM NEUSIEDLER SEE IM BURGENLAND
Nahe der ungarischen Grenze liegt die burgenländische
Weinbaugemeinde Deutsch Schützen – Eisenberg.
Im Burgenland, der Rotweinecke Österreichs, findet man allerbeste Qualitäten. Allein die Sorte Blaufränkisch stieg wie Phönix aus der Asche auf.
Christoph Wachter (links im Bild) lenkt die Geschicke des Weinguts Wachter-Wiesler.
(Foto: © Steve Haider)
Bei Wachter-Wiesler hat Christoph Wachter die Zügel fest im Griff. Seine Philosophien wirken auf die Qualitäten durchschlagend.
2015 Blaufränkisch Eisenberg „Alte Reben“, Wachter-Wiesler
Der „Eisenberg“ wird aus den besten Lagen der Region cuvéetiert, was zur Folge hat, dass die spezifischen Terroirnoten extrem ausgeprägt sind. Mein spontaner Eindruck in der Nase war Syrah Côte Rotie mit klassischer Würze wie Wacholder, grüner Pfeffer, Lorbeer, kalter Kaminrauch. Frische Provencekräuter, Kirschsaft. Das jugendliche Tannin steppt im Gaumen, fordert zum Tanz.
DAS WEINGUT KOLLWENTZ IN DER BURGENLÄNDISCHEN REGION LEITHABERG
Chardonnay- Lese im Leithagebirge westlich des Neusiedler Sees, das bekannt ist für seine Kalkböden
Das Weingut Kollwentz ist ohne Zweifel eines der Top-Five-Weingüter in Österreich. In mehrfacher Hinsicht gilt Anton Kollwentz als Pionier im Qualitätsweinbau des Landes. Er war es, der den Ausbau trockener Weißweine in der Region vorantrieb, und das jahrelang allein auf weiter Flur.
Bieten großartige Rotweine und Chardonnays à la Burgund: Andi und Anton Kollwentz
Heute zählen die im neuen Holzfass ausgebauten Chardonnays zur Weltspitze – à la Burgund. Dafür sorgt Junior Andi ebenso selbstverständlich wie für die großartigen Roten. Und das seit 30 Jahren. Die Weingärten sind gepflegt wie die Parkanlagen von Schönbrunn.
2017 Chardonnay „Gloria“, Kollwentz, Leithaberg
Der 2017 Chardonnay „Gloria“ aus der höchsten Lage am Leithaberg mit Kalkgestein, benötigt noch ein bis zwei Jahre Geduld, will man ihn zum besten Zeitpunkt trinken, naschen ist erlaubt; fruchtige Exotik pur, Kokosnuss, saftige frische Säure im reichen Gaumen, die garantiert, dass auch ein Jahrzehnt mehr nicht schaden kann.
DAS WEINGUT NEUMEISTER IM STEIRISCHEN VULKANLAND
Straden im Vulkanland Steiermark
(Foto: © Gerhard Elze)
Sauvignon Blanc in all seinen unterschiedlichen Ausbauarten zählt zu meinen bevorzugten Weinen, ich kann von diesem Duftspektrum gar nicht genug bekommen, verstehe aber auch, dass nicht jeder mit den opulenten, vegetalen oder fruchtigen Noten glücklich ist. In der Steiermark, an der Loire und in Neuseeland ist die Rebsorte am stärksten vertreten.
Seit 2006 für Weinbau und Keller verantwortlich: der Winzer und Önologe Christoph Neumeister
(Foto: © Klimek)
Auch bei Neumeisters ist die nächste Generation sehr erfolgreich unterwegs.
2017 Sauvignon Blanc „Klausen“, Neumeister, Vulkanland
Mir gefällt die frische Stilistik mit ausgeprägter Finesse, Mineralität und doch zurückhaltender Frucht besonders gut. „Noblesse oblige“ ist bei dieser Sorte nicht einfach. Der dezente Hauch von Exotik beginnt bei Ananas und endet mit Zitrone. Was sich dazwischen abspielt, müssen Sie probieren. So viel sei gesagt: Der Wein ist köstlich.
Bezug: Furore RotWeissRot: www.weinfurore.de