Paula Bosch probiert

Der Herbst trägt Rot

von Paula Bosch

25. November 2021

Die Sommelière und Bordeaux-Liebhaberin Paula Bosch ist fremdgegangen, Frankreich aber treu geblieben. Und hat entlang der Loire, im Luberon, im Beaujolais und an der Rhône herrliche Weine aufgespürt.

Frank­reich ist seit Jahr­zehnten das Land, an dem sich die inter­na­tio­nalen Wein­stan­dards orien­tieren. Anbau­ge­biete wie das Borde­lais, die Bour­gogne, die Cham­pagne, die Loire oder das Rhônetal entwi­ckelten spätes­tens in den 80er-Jahren für Wein­freunde magne­ti­sche Anzie­hungs­kräfte. Und doch gibt es immer noch Rotweine, von deren Exis­tenz man wenig bis gar nichts weiß. Bis jetzt…

Weinbau entlang der Loire

Blick über die Wein­berge an der Loire
(Foto: Le Domaine Vincent Pinard)

Den Wein vieler Regionen entlang der Loire schätzte man schon den frühen 1980er-Jahren. Die bekann­testen unter ihnen: die Weiß­weine Muscadet, Sancerre und Pouilly-Fumé. Dass die Loire auch Rote zu bieten hat, ist eine äußerst lohnens­werte Entde­ckung.

LE DOMAINE VINCENT PINARD

Clément und Florent, die Söhne von Vincent Pinard, arbeiten gemeinsam auf dem Weingut.
(Foto: Le Domaine Vincent Pinard)

Die aroma­ti­schen weißen Sauvi­gnon Blancs aus Sancerre kennen Wein­freunde. Aber Sancerre rouge? Ja, und dieser Wein von Vincent Pinard stellt klar, dass es sehr wohl roten Sancerre der Extra­klasse gibt.

Weitere Infor­ma­tionen zum Domaine Vincent Pinard unter: www​.domaine​-pinard​.com

2018 Char­louise Sancerre rouge

Ein Pinot Noir, dessen Duft schon unge­mein verfüh­re­risch ist: Rosen, Himbeeren, Hage­butten, süße Wald­erd­beeren, fein und delikat. Auch das dezente Holz und der Geschmack passen sich an: reife rote Früchte, süße Honig­to­maten, frische Säuren, perfekte Harmonie – einfach köst­lich. Viel mehr zu sagen gibt es da nicht: Man muss diesen Rouge getrunken haben.

Zu beziehen u.a.: www.wein-kreis-de

LE DOMAINE DES ROCHES NEUVES

Thierry Germain in seinem Wein­keller
(Foto: Le Domaine Vincent Pinard)

Der erst­klas­sige Cabernet Franc kommt von einem der ganz Großen an der Loire: Thierry Germain. Zu beschreiben, was so beson­ders ist an seinen Weinen, würde diesen Text sprengen. Nur so viel: Seine Freund­schaft zu den Foucault-Brüdern, jenen Genies der Domaine Clos Rougeard, hat viele Früchte getragen. Seit dem Jahr 2000 ist er biozer­ti­fi­ziert, Tees zur Behand­lung der Reben produ­ziert er selbst.

Weitere Infor­ma­tionen zum Domaine des Roches Neuves unter: www​.roches​neuves​.com

2017 Clos de L’Éche­lier rouge

Der blut­junge Cabernet Franc strahlt, glänzt im tiefen Rubinrot und bindet einen Strauß von Aromen roter wie blauer Beeren, Veil­chen, Hibiskus, Rosen, Lorbeer, Wacholder, schwarzem Pfeffer und vielem mehr. Das satte und dichte Tannin mit dennoch leicht­fü­ßigem, sogar erfri­schendem Geschmack dank leben­diger Frucht­säure begeis­tert!

Zu beziehen u.a.: www​.gute​-weine​.de

Das Wein­bau­ge­biet Côtes du Luberon

Das Luberon im Hinter­land der Provence
(Foto: Guil­laume Gros, Antonin Bonnet)

Wenige Kilo­meter nörd­lich von , östlich Saint-Rémy, quasi im Hinter­land der Provence, liegt das Luberon. Hier scheint neben sehr viel Sonne die Zeit still­zu­stehen. Im Umfeld der pitto­resken Dörfer Oppède und Maubec hat der ehema­lige Somme­lier Guil­laume Gros, ein Star seiner Profes­sion, seine Reben.

LE DOMAINE GUIL­LAUME GROS

Begann mit wenigen Wein­ber­gergen: Guil­laume Gros
(Foto: Guil­laume Gros, Antonin Bonnet)

Vor 20 Jahren hat Gros mit wenigen Wein­bergen der Familie begonnen. Heute bear­beitet er acht Hektar in unter­schied­li­chen Lagen mit Parzellen, die jede für sich ein eigenes Mikro­klima mit großen Tag- und Nacht­tem­pe­ra­tur­un­ter­schieden hat. Bepflanzt sind sie mit den roten Rebsorten der Provence: Gren­ache, Mour­vèdre, Carignan und Syrah. Was für ein Wein aus dem Hinter­land der Provence, perfekt für den Einstieg in die Gros­Linie!

Weitere Infor­ma­tionen zum Domaine Guil­laume Gros unter: www​.domain​eguil​laume​gros​.com

2014 Domaine Guil­laume Gros Cuvée

Voller Aromatik des Südens, wilde, getrock­nete Kräuter aus der Region, Blüten und rote Beeren. Lavendel, Granat­apfel, Heidel­beere. Wild, gegerbtes Leder, auch etwas anima­lisch. Saftiger Gerb­stoff, straffe Textur, dennoch mit frischer Säure und sehr gutem Trink­fluss. Charak­ter­voll bis zum letzten Tropfen.

Zu beziehen u.a.: www​.pinard​-de​-picard​.de

Die Wein­re­gion Beau­jo­lais

Paul-Henri Thil­lardon in seinem
(Foto: Le Domaine Thil­lardon)

Die Region ist seit Jahren aufgrund des einst unsäg­li­chen Hypes um den Beau­jo­lais-Primeur unter­schätzt. Langsam öffnet sich aber da und dort eine Tür, der Über­ra­schungs­ef­fekt ist perfekt: Es gibt unge­ahnte Quali­täten zu entde­cken.

LE DOMAINE THIL­LARDON

Dyna­mi­sche Bewirt­schaf­tung am Weingut Thil­lardon
(Foto: Le Domaine Thil­lardon)

Aus der besten Lage der Thil­lar­dons kommt dieser unglaub­lich frische, verfüh­re­risch duftende Gamay, der nicht nur seiner Rebsorte oder Herkunft, sondern auch seinen Erzeu­gern alle Ehre macht.

Weitere Infor­ma­tionen zum Domaine Thil­lardon unter: domain​et​hil​lardon​.com

2019 Chénas „Chas­si­gnol“

Rubinrot, reich an Aromatik frischer Erdbeeren, Himbeeren, roter Johan­nis­beeren, getrock­neter Pflaume, Lakritz, mit einer stei­nigen, an Grafit erin­nernden Würze, die dem Wein eine Typi­zität schenkt, die für die Weine aus der kleinsten Region des Beau­jo­lais, Chénas, unver­kennbar ist. Der geringe Ertrag der uralten Reben tut sein Übriges für die hohe geschmack­liche Konzen­tra­tion und Kraft. Dennoch wirkt der Wein leicht, elegant, sehr lebendig mit einer glocken­klaren Tiefe, einer ganz feinen Textur, und das trotz der zahl­rei­chen, fein­kör­nigen Tannine.

Der Jahr­gang 2019 ist leider ausver­kauft.

Weinbau an der Rhône

Blick über den Wein­berg des Domaine Clos des Papes
(Foto: Clos des Papes)

Das Anbau­ge­biet ist Frank­reichs älteste und geschichts­träch­tigste Wein­re­gion, 205 Kilo­meter lang von bis . Die Roten aus dem kühleren Norden sind meist rein­sortig aus Syrah, im medi­ter­ranen Süden herrscht ein buntes Allerlei. So sind in einem Château­neuf-du-Pape 13 verschie­dene Rebsorten erlaubt. Die abso­lute Spitze findet man bei Vincent Avril.

LE DOMAINE CLOS DES PAPES

Vincent Avril im Wein­berg der Domaine Clos des Papes
(Foto: © Clos des Papes)

Der Jahr­gang 2019 kann mit dem ganz großen 2007er auf eine Stufe gestellt werden. Danach eine vergleich­bare Qualität zu finden, wird schwer. Eine echte Leis­tung, bedenkt man, dass die Cuvée aus mehreren Rebsorten aus 24 verschie­denen, weit verstreuten Parzellen verschnitten ist und auch kein neues Holz­fass einge­setzt wird. Es ist der einzige rote Château­neuf in diesem Keller, und der ist von extra­va­ganter Qualität.

Weitere Infor­ma­tionen zum Domaine Clos des Papes unter: www​.chateau​neuf​.dk

2019 Château­neuf-du-Pape

Purpurrot glänzt er im Glas und verströmt würzige Aromatik mit einer Viel­falt an Düften, wie man sie nur in ganz großen Weinen und Jahr­gängen finden kann. Hier stimmt einfach alles. Man riecht die Klasse und schmeckt einen großen Wein, voll, rund, mit dem Saft reifer Früchte und viel Kraft. Ein Ener­gie­bündel, das in seiner Jugend schon größtes Vergnügen verbreitet. Worte sind zu wenig – man muss ihn probieren!

Zu beziehen u.a.: www​.gute​-weine​.de