Paula Bosch probiert
Ziemlich heißer Stoff
von Paula Bosch
10. Dezember 2020
Weine aus Vulkangegenden sind anders – um es kurz zu machen. Ein guter Rat von Sommelière Paula Bosch: Unbedingt probieren – es lohnt sich!
Ein Tanz auf dem Vulkan gilt gemeinhin als nicht empfehlenswert. Man ist aber angesichts der Weine, die in Vulkannähe gedeihen durchaus versucht, ihn aufzuführen. Denn die Qualität verursacht selbst bei Kennern leidenschaftliche Ausbrüche in wahre Begeisterungsstürme.
Wo auch immer auf der Welt Weinreben gepflanzt werden – für die Qualität der Trauben sind natürliche Faktoren wie Klima, Geologie, Bodentypen und Lage des Weinberges von entscheidender Bedeutung. Die unterschiedlichen Bodenarten zum Beispiel werden grob in drei Typen unterschieden: sedimentäre Böden, metamorphes Gestein und Vulkanböden. Bedeutende Weine von Vulkanböden kommen von aktiven Vulkaninseln wie vom Ätna, Santorin, Lanzarote oder den Azoren, aber auch vom Festland wie der Basilikata, dem Kaiserstuhl oder aus dem Rheingau.
Durch den anhaltenden Trend zu biodynamisch angebauten Weinen finden unterschiedliche Bodentypen viel Beachtung, und bei Winzern wie Weinfreunden sind diese Weine derzeit gefragt wie nie. Daraus ergeben sich Fragen wie: Wo wachsen die attraktivsten Weine, welche Charakteristik in Duft und Geschmack zeichnet sie aus? Schmecken sie anders als Weine von Lössböden, Schiefer, Granit oder Kalk? Kurze Antwort vorab: Ja, sie sind anders, sind auch im Charakter eigen. Doch das Wie sollte ein Weinfreund unbedingt selbst erfahren – eine analytische Erklärung ist hier nicht zielführend.
DAS WEINGUT CANTINE DEL NOTAIO IN RIONERO
Die 1998 gegründete Cantine del Notaio liegt in Vulture, im grünen Herzen der Basilikata am Fuße eines inaktiven Vulkans. Der Inhaber Gerardo Giuratrabocchetti hat sich bei seinen 30 Hektar Reben von Anfang an für biodynamischen Weinanbau entschieden.
Die Namen mancher Weine – La Firma, La Stipula, Il Sigillo – gehen auf notarielle Tätigkeiten der Familie zurück.
„La Stipula“ Spumante Millesimato 2013 Brut
Der Spumante „La Stipula“ ist ein sortenreiner Aglianico del Vulture, in traditioneller Flaschengärung auf der Hefe gereift und in Tuffsteingrotten bis zum Degorgieren gelagert. Strohgelbe Farbe, das Aroma von Muskatblüten, Ginster, dunklem Honig wird durch einen würzigen Gaumen ergänzt. Kaum schmeckbare Säure, dafür eine Spur Gerbstoff der Aglianico. Der stoffige, ungewöhnlich sanfte Spumante gilt als Rarität, da aus der Rebsorte in der Regel alkoholreiche und säurebetonte Rotweine produziert werden
Zu beziehen unter: www.superiore.de
Weitere Informationen zum Weingut unter: www.cantinedelnotaio.it
DIE AZORES WINE COMPANY AUF DER AZOREN-INSEL PICO
Die Inselwelt der Azoren ist in jeder Hinsicht ein imposanter Platz für den Anbau von Reben. Ihre überwältigend schöne Natur, die noch im Gleichgewicht scheint, ermöglicht Weinanbau bis kurz vor die Wassergrenze, was einen Kontakt der Pflanzen mit dem Meerwasser oft nicht ausschließt.
Salzige Gischt kommt von oben, salziges Grundwasser von unten. Dazu die Vulkanerde, die das Wachstum der Pflanze erschwert. Keine einfache Angelegenheit – doch hat Antonio Maçanita, ein vinophiler, weit gereister Tausendsassa, es 2014 mit zwei Freunden gewagt, die Azores Wine Company zu gründen. Die Insel Pico hat es dem Weinvisionär besonders angetan.
Verdelho „Original“ 2018
Hier produziert man aus heimischen Rebsorten, u. a. auch der Verdelho, einzigartige Weine. Bestes Beispiel: der 2018er „Original“. Der vom Jod geprägte Weißwein präsentiert nicht nur einen vom Meerwasser leicht salzigen Charakter auf den Lippen, sondern rollt mühelos mit seiner zitrigen Säure und erfrischendem Geschmack über den Gaumen. Mit vegetabilen frischen Noten ruft er unmissverständlich nach Meer.
Zu beziehen unter: www.gute-weine.de
Weitere Informationen zum Weingut unter: azoreswinecompany
DAS WEINGUT VON STELLA HATZIDAKIS AUF SANTORIN
Die griechische Insel Santorin ist Teil eins alten Vulkans. Auf dieser wunderschönen Insel gedeiht die autochthone Rebsorte Assyrtiko besonders gut. Die trocken ausgebauten Weißweine sind voll mineralischer Würze, im Duft wie am Gaumen, manchmal streng, teils mit steinigen Anklängen und stets mit markanter Säure, die ihrer Sorte eigen ist.
Assyrtiko „Familia“ 2018
Der Hatzidakis „Familia“ hat dazu Austernschale, Jodtinktur, Meersalz, Lorbeer, verpackt im cremigen, perfekt balancierten Körper. Tochter Stella führt nach dem Tod des Inhabers 2017 den kleinen Familienbetrieb mit sicherer Hand weiter.
Zu beziehen unter: www.griechischer-weinversand-vindusud.de
Weitere Informationen zum Weingut unter: www.hatzidakiswines.gr
DAS WEINGUT PASSOPISCIARO AM ÄTNA
Andrea Franchetti, Besitzer des toskanischen Topweingutes Trinoro, war an den Hängen des Ätna einer der Ersten, die hier in den Weinbau investierten. Der Weinkeller von Passopisciaro wurde in einem antiken Gehöft auf etwa 800 Metern integriert.
Die 25 Hektar Rebfläche sind größtenteils mit Chardonnay und Nerello Mascalese bepflanzt, letzterer oft 100 Jahre und älter und wurzelecht. Der aufwendig erst im Edelstahl, dann im Beton-Ei und danach im Holz ausgebaute Chardonnay ist eine ganz besondere Interpretation eines Vulkanweins, wobei die Rebsorte durch die gewaltige mineralische Aromatik schwer erkennbar ist.
Passobianco Chardonnay 2017
Der Duft ist berauschend. Mandarine, Glera, Galiamelone, reife Ananas, ein Touch Akazienhonig, Erdnuss, braune Butter, Toast. Im Mund überzeugende Mineralität und Salzigkeit, voll, reich, fast sahnig, dabei doch frisch. Mit irrer Kraft, viel Druck und Länge präsentiert sich der perfekt gestylte Abgang.
Zu beziehen unter: weinhandelshaus.at
Weitere Informationen zum Weingut unter: www.vinifranchetti.com
DAS WEINGUT TASCANTE AN DEN HÄNGEN DES ÄTNA
Eindeutig im Trend liegen derzeit die sizilianischen Weine des Ätna, vor allem die Rotweine aus der spätreifenden dünnschaligen Nerello Mascalese. Beste Bedingungen findet die Rebsorte in höheren Lagen, wo kühle Temperaturen bei Nacht für den Erhalt ihrer Säure sorgen und damit ihre Frische konservieren.
Die Geschwister Alberto und Giuseppe Tasca vom grandiosen Weingut Tenuta Regaleali nahe Palermo haben vor knapp 15 Jahren auch die Bedeutung des Weinanbaus am Ätna erkannt, investiert und zählen heute zu den glücklichen Besitzern von 25 Hektar Weinbergen, die bis auf über 600 Meter ü.M. liegen. Ihre Lage am Nord-Ost-Abhang des Vulkans zählt zu den besten. Die Charakteristik der Weine wird in erster Linie durch die verschiedenen Böden und deren Zusammensetzung erreicht. Contrada nennt man hier Einzellagen, Blöcke mit terrassierten Rebanlagen, wenn man so will.
Contrada Rampante 2016
Rampante ist 2016 ein besonderes Kunstwerk an Finesse, Eleganz und delikater Textur. Feinste Hibiskusnoten, Preiselbeer, Wassermelone, aber auch dunkle Gewürze wie Pfeffer, Wacholder, Kümmelsamen. Der sanfte, reife Trinkfluss am Gaumen und seine seidigen Tannine sorgen für ein außergewöhnliches Trinkerlebnis.
Zu beziehen unter: www.superiore.de
Weitere Informationen zum Weingut unter: www.tascadalmerita.it