Jakub Hrůša

Bier, Kunst und Idylle

von Dorothea Walchshäusl

9. September 2017

Bier, Kunst und Idylle! In den Probenpausen lauscht Jakub Hrůša, Chefdirigent der Bamberger Symphoniker, auch gerne mal dem Entenschnattern an der Regnitz.

Bier, Kunst und Idylle! In den Proben­pausen lauscht Jakub Hrůša, Chef­di­ri­gent der Bamberger Sympho­niker, auch gerne mal dem Enten­schnat­tern an der Regnitz. Uns führt er durch das urige „Klein-Venedig“ Fran­kens.

Wer den großen Reiz der kleinen Stadt erleben möchte, beginnt seinen Spazier­gang am besten im pochenden Herzen der Altstadt und verweilt auf der Brücke zum Alten Rathaus. Unter einem rauscht die Regnitz, Kanu­fahrer ziehen ihre Bahnen, am Berg thront der Dom und in verwin­kelten Gäss­chen treffen sich Studenten und Einhei­mi­sche zum Kaffee, während am Grünen Markt laut­stark frisches Gemüse aus der Region ange­priesen wird. Geht man ein paar Meter weiter entlang des Flusses, öffnet sich die bunte Kulisse alter Fischer­häuser, die sich im Wasser spie­geln. „Klein-“ heißt das Ambi­ente im Volks­mund, ein Geschenk für jeden Hobby­maler.

„Das ist einfach wunder­schön, oder?“, sagt an einem Tag Ende April, bleibt andächtig stehen und breitet die Arme aus. Seit Herbst 2016 ist der Tscheche der neue Chef­di­ri­gent der und längst hat er in dem frän­ki­schen Idyll eine zweite Heimat gefunden. Ob es das genuss­volle Savoir-vivre ist, die Braue­rei­tra­di­tion oder die hohe Wert­schät­zung der kultu­rellen Tradi­tion – „es gibt hier viele Ähnlich­keiten, was die Kultur und die Lebensart anbe­langt“, so ůša.

Vom Trubel der Altstadt sind es nur ein paar Minuten bis zur Heimat der Sympho­niker. Direkt am Fluss gelegen prangt mit rundem gläsernen Vorbau die Konzert­halle, in deren akus­tisch gelun­genen Joseph-Keil­berth-Saal regel­mäßig erst­klas­sige Konzerte statt­finden. Während inter­na­tional aner­kannte A‑Orchester zumeist in weit­läu­figen Groß­städten zu Hause sind, liegt der Reiz in Bamberg gerade im einzig­ar­tigen Mitein­ander aus fami­liärer Über­schau­bar­keit und Kunst und Kultur von Welt­rang. Sind die Bamberger Sympho­niker auf Tournee, präsen­tieren sie mal in Asien, mal in , mal in Europa Musik auf Spit­zen­ni­veau. Sind sie zu Hause, fahren sie mit dem Fahrrad zur Arbeit und lauschen in den Proben­pausen am Ufer der Regnitz dem Schnat­tern der Enten.

„Es hat von Beginn an funk­tio­niert“

Zwischen Jakub Hrůša und den Sympho­ni­kern war es eine Liebe auf den ersten Ton. „Es hat von Beginn an funk­tio­niert“, sagt Hrůša, und die Orches­ter­mit­glieder seien sehr reflek­tiert, sehr ernst­haft und diszi­pli­niert, wenn es um das Errei­chen des best­mög­li­chen Ergeb­nisses ginge. Spricht Hrůša über den beson­deren Klang dieses außer­ge­wöhn­li­chen Ensem­bles, gerät er schnell ins Schwärmen. „Weich, warm und reich, voller Farben in den Geigen und von einer großen Einheit in den Bläsern“ sei der Zusam­men­klang der Sympho­niker. „Das Orchester spielt hoch­sen­sibel und intel­li­gent, ist stolz auf seine lange Tradi­tion und gleich­zeitig sehr offen, auch immer wieder etwas Neues auszu­pro­bieren“, so Hrůša.

Seit ihrer Grün­dung 1946 sind die Sympho­niker in Bamberg behei­matet und tragen wesent­lich dazu bei, dass die kleine Stadt unweit der frän­ki­schen mit ihren male­ri­schen Stra­ßen­zügen und lauschigen Plätzen zugleich ein pulsie­rendes Zentrum der klas­si­schen Hoch­kultur ist. Bamberg, das auf sieben Hügeln erbaut wurde und deshalb auch manchmal als „frän­ki­sches “ bezeichnet wird, geizt dabei wahr­lich nicht mit seinen Reizen und zieht Kultur­fans, Freunde schmack­haft boden­stän­diger Küche und Natur­lieb­haber glei­cher­maßen in seinen Bann. Nicht ohne Grund wurde die im Krieg kaum zerstörte Altstadt 1993 in die Unesco-Welt­erbe-Liste aufge­nommen: Eindrucks­volle Gebäude erzählen von baro­cker und mittel­al­ter­li­cher Baukunst, unzäh­lige Sehens­wür­dig­keiten liegen nur wenige Minuten fußläufig vonein­ander entfernt.

Rosengarten

Foto: BAMBERG Tourismus & Kongress Service

Jakub Hrůša hat die frän­ki­sche Klein­stadt nach und nach zwischen den Proben­phasen für sich entdeckt und auf zahl­rei­chen Spazier­gängen in sein Herz geschlossen. Nun läuft der 36-jährige Diri­gent mit schnellen Schritten durch die Fußgän­ger­zone. In einem Gummi­bär­chen-Laden kauft er ein paar süße Mitbringsel für seine Familie, dann geht es weiter ins Restau­rant Eckerts, das gleich einem Boot vor Anker direkt im Wasser zu liegen scheint. Hrůša nippt am Latte macchiato, bestellt einen Eisbe­cher mit Früchten und blickt nach­denk­lich auf das rauschende Wasser der Regnitz. Dann sagt er: „Als Diri­gent hat man eine große Macht, um die Musik zu gestalten, man kann aber auch viel zerstören. Daraus resul­tiert eine immense Verant­wor­tung.“ Hrůša ist sich dieser bewusst und agiert am Diri­gen­ten­pult als fein­sin­niger und fokus­sierter Gestalter, der weniger Chef der Orches­ter­mit­glieder, denn Musi­ker­kol­lege und freund­schaft­li­cher Partner ist. „Ich glaube, es geht im Leben darum, so aktiv wie möglich zu leben, intensiv zu fühlen, sich zu spüren, Bezie­hungen zu leben, sich zu berühren und aktiv zu gestalten“, sagt Hrůša und lächelt. Da verwun­dert es kaum, dass das Motto der Saison 201718 der Bamberger Sympho­niker „Leiden­schaft“ lautet und packende Werke aus vier Jahr­hun­derten auf dem Programm stehen. Seine eigene Passion hat der sensible Künstler mit dem konzen­trierten Blick schon früh für sich entdeckt, und das Diri­gieren vergleicht er mit einem geheim­nis­vollen Tanz, einer bestimmten Choreo­grafie. „Als Diri­gent arbeitet man mit der Energie der Musik. Es geht um Sprache, um Gestik, um Gedanken und Gefühle, und im besten Falle bleibt immer noch etwas sehr Spie­le­ri­sches bei aller Perfek­tion.“ Dieses Spiel mit den Kräften hat sich für ihn immer „absolut richtig“ ange­fühlt. „Es war ein gerad­li­niger Weg, der bis heute andauert“, stellt Hrůša fest – geführt hat er ihn nun in jenes zauber­hafte Kleinod in Ober­franken. Hier findet er Ruhe, Konzen­tra­tion und Schön­heit, und von hier aus trägt er mit seinem Orchester die Kunst hinaus in die Welt.

„Ich fühle mich hier sehr zu Hause“, sagt Hrůša, nimmt einen letzten Schluck Kaffee und taucht wieder hinein in das quir­lige Leben der Altstadt. Vorbei am altein­ge­ses­senen Gast­haus Schlen­kerla, aus dem es nach Rauch­bier und Brat­würsten duftet, vorüber an gemüt­li­chen Stra­ßen­cafés und urigen Kneipen, zurück an den Fluss, auf dem die Schwäne der impo­santen Konzert­halle entge­gen­treiben. „Das ist wunder­schön, oder?“, fragt Hrůša und grinst. „Einfach wunder­schön.“
Dann folgt er den Schwänen und macht sich auf den Weg zur Arbeit.

Tipps, Infos & Adressen

Musik & Kunst

Musi­ka­li­sches Aushän­ge­schild der frän­ki­schen Klein­stadt sind die Bamberger Sympho­niker, die in der Konzert­halle direkt an der Regnitz gelegen bei bester Akustik ein reiches Konzert­programm präsen­tieren. Weitere lohnens­werte Kultur­stätten sind unter anderem das E. T. A.-Hoffmann-Theater sowie eine Viel­zahl von Museen, die inter­es­sante Einblicke in die Stadt­geschichte und span­nende künst­le­ri­sche Perspek­ti­ven­wechsel garan­tieren.

www​.bamberger​-sympho​niker​.de
www​.theater​.bamberg​.de
www​.museum​.bamberg​.de

Essen & Trinken

Bamberg ist eine Hoch­burg der Braue­rei­kultur, und so finden sich zahl­reiche gemüt­liche Wirts­haus­stuben, in denen verschie­denste Bier­sorten sowie Lecker­bissen der boden­ständig frän­ki­schen Küche genossen werden können. Ein Klas­siker ist das Schlen­kerla, lohnens­wert ist auch ein Besuch im Hofbräu. Leckere Flamm­ku­chen und einen einzig­ar­tigen Blick auf den Fluss gibt es im Restau­rant Eckerts direkt über der Regnitz gelegen; nach einem Konzert empfiehlt sich eine Einkehr im Restau­rant Fran­ceso am Micha­els­berg, in dem auch Jakub Hrůša regel­mäßig zu Gast ist.

www​.schlen​kerla​.de
www​.das​-eckerts​.de
www​.hofbraeu​-bamberg​.de
www​.fran​cesco​-bamberg​.de

Über­nachten

Eine Viel­zahl von Hotels, Früh­stücks­pen­sionen und Feri­en­woh­nungen bietet in Bamberg etwas für jeden Geschmack. Ideal für einen Kultur­ur­laub eignet sich das nur fünf Minuten von der Konzert­halle entfernte Welcome Resi­denz­schloss Hotel an, von dem aus ein idyl­li­scher Fußweg am Fluss entlang in die Altstadt führt. Zimmer mit Aussicht im Herzen der Altstadt gibt es im Hotel Nepomuk; zahl­reiche weitere Unter­künfte findet man über die Touris­ten­in­for­ma­tion Bamberg.

www​.welcome​-hotels​.com
www​.hotel​-nepomuk​.de

Fotos: gemeinfrei