Edward Hopper
Das Leben eines Einzelgängers
von Ruth Renée Reif
31. März 2023
Giovanni Scarduelli folgt in seiner Graphic Novel »Edward Hopper – Maler der Stille« nach Texten von Sergio Rossi mit dem Pinsel dem Leben des romantischen Realisten.
Nur die Farben von Edward Hopper verwende er, betont Giovanni Scarduelli, und er greift zum Pinsel. Das ist sein Kompromiss, um sich dem Subjekt seiner Biografie anzunähern. Mit raffinierten Bildzitaten und Anspielungen malt er nach Texten von Sergio Rossi das Leben des Einzelgängers Hopper, dessen romantische Gemälde in kaltem Licht und scharfer Farbigkeit zu Ikonen wurden. Der karge Dialog zwischen Hopper und seiner Frau, die eine Hassliebe verband, bildet den Kunstgriff, um Hopper sein Leben selbst erzählen zu lassen.
Als Schüler Robert Henris, der sich mit sozialreformerischen Ideen auseinandersetzte und als realistischer Maler die gesellschaftliche Wirklichkeit in seine Bilder holte, gelangte Hopper zu einer kühlen realistischen Ausdrucksweise. Während seiner Aufenthalte in Europa fand er in der pittura metafisica den Wegweiser zu jenem romantischen Realismus, mit dem er Berühmtheit erlangen sollte. Es war Josephine Verstille Nivison, die 1923 den Organisatoren einer Ausstellung im Brooklyn Museum empfahl, auch Hopper einzuladen. Damit begann für Hopper der Weg zum Erfolg. Unbeeindruckt von der Avantgarde seiner Zeit, widmete er sich in seinen Bildern der Einsamkeit der Großstädte, verlassenen Häusern in entlegenen Stadtvierteln und Straßenansichten, die wie ferne Erinnerungen erschienen.
Die von Scarduelli und Rossi gewählte Erzählweise aus Hoppers Perspektive bringt es mit sich, das Nivison, die 1924 Hoppers Frau wurde, auch nur aus dieser Sicht wahrgenommen wird. Dass es hier eine vergessene Künstlerin zu entdecken gebe, geht in der Darstellung des demütigenden Ehekampfs unter. Josephine Verstille „Jo“ Hopper stand in Kontakt zur Künstleravantgarde von Greenwich Village und malte ihr ganzes Leben lang. Unglücklicherweise hinterließ sie ihre Werke dem Whitney Museum in New York, das den Nachlass Hoppers verwaltete. So ist der Großteil ihrer Arbeiten verschwunden. Scarduelli und Rossi hätten die Chance nützen können, einen Beitrag zu ihrer Wiederentdeckung zu leisten. Bemerkenswert ist der Epilog „Was ich gerne malen würde“ ihres Buches und das Bildzitat von Hoppers letztem Gemälde.