Paula Bosch probiert

Vom Wasser zum Wein

von Paula Bosch

18. April 2020

Die Dalmatinische Weinstraße lässt sich auch auf dem Wasser entlangschippern. Sommelière Paula Bosch hat Kroatiens Weine von der Adriaküste aus entdeckt.

Süß, lang­weilig, zu viel Alkohol – mit diesem Image haben Kroa­tiens Weine noch immer zu kämpfen. Quali­täts­be­wusste Winzer beweisen jetzt, wie viel mehr in den Trauben steckt.

Bereits 2018 habe ich hier im Heft begeis­tert über meinen ersten Besuch auf der Halb­insel Istrien, den Wein­anbau und die bezau­bernd schöne, küsten­reiche Land­schaft geschrieben. Ich wieder­holte die Besuche rasch und habe dabei die Gele­gen­heit genutzt, das Auto durch eine Motor­jacht zu ersetzen.

So schip­perte ich nach den istria­ni­schen Wein­walks im Spät­herbst mit der Bellezza und ID Riva vorbei an der kroa­ti­schen Adria­küste die Dalma­ti­ni­sche Wein­straße entlang. Mit einer kleinen Gruppe Mitrei­sender machte ich mich auf Tour, Insel für Insel, um ein Weingut nach dem anderen abzu­klap­pern. So habe ich – Sonne und Wind folgend – meine bequemsten, unauf­ge­reg­testen, dabei aber auch sehr lehr­rei­chen Wein­reisen erlebt.

Weinbau auf Vas
Weinbau auf der Insel Vis

Das Wein­land ist in die vier Regionen Istrien/​Kvarner, das kroa­ti­sche Hoch­land, Slawonien/​Donau und Dalma­tien geglie­dert. Wunder­schön ist Dalma­tien, die südliche Küsten­re­gion, mit ihren Inseln einge­teilt in die drei Wein­bau­be­reiche Nord‑, Zentral- und Süd-Dalma­tien.

Meine Route auf dem Wasserweg führte mich nach Istrien auf die Inseln Vis, Korčula, Hvar, Brač und auf die Halb­insel Pelješac. Dabei fiel mir auf, dass neben den bekannten inter­na­tio­nalen Rebsorten erfreu­lich viele auto­chthone Sorten gepflegt werden. Das macht den Wein­konsum erst inter­es­sant, bei guten Quali­täten gera­dezu zum Erlebnis, erst recht bei Spit­zen­weinen.

Istrien
Die steilen Wein­gärten auf der Halb­insel Pelješac

Ende der 80er‑, Anfang der 90er-Jahre haben immer mehr kleine Winzer­be­triebe beschlossen, ihre Trauben selbst zu keltern und die Weine auf eigene Faust zu vermarkten. Die EU beschleu­nigte den Prozess, und so kam es, dass sich in ganz Kroa­tien in wenigen Jahren ein paar erst­klas­sige fami­li­en­ge­führte Wein­güter entwi­ckelt haben, einige unbe­kannte, teils hervor­ra­gende Weine ohne viel Aufhe­bens auf den Markt gekommen sind, die so manchen Wein­kenner über­raschten. Unge­achtet dessen ist beim Einkauf der Weine vor Ort Vorsicht geboten, denn noch sind bedeu­tende Mengen der teils süßen und alko­hol­ge­schwän­gerten Rotweine sowie der altvä­ter­li­chen phleg­ma­ti­schen Weiß­weine lange nicht vom Markt.

MORENO CORO­NICA IN UMAG

Das Weingut von Moreno Coronica in Istrien
Ein durch und durch über­zeugter Winzer: Moreno Coro­nica

Eine Tour mit Moreno Coro­nica durch seine direkt hinter dem Weingut gele­genen „Wein­gärten“ über­zeugte mich sofort, dass seine Erzäh­lungen über seine Reben und Rebgärten, die er selbst­re­dend biody­na­misch bear­beitet, die Geschichten seiner gelebten Arbeits­tage waren. Ein durch und durch über­zeugter Winzer mit beein­dru­ckender Charak­ter­stärke, die in jedem seiner Weine, in erster Linie aus den Rebsorten Malva­zija und Teran, zum Ausdruck kommt.

Weingarten von Moreno Coronica auf Istrien
Die Wein­gärten von Moreno Coro­nica

Ich konnte hier umwer­fend gute gereifte Jahr­gänge probieren, auch aus der Sorte Merlot, aus der Moreno groß­ar­tige Weine macht (Pomerol aus lässt grüßen).

Weißwein der Sorte Malvazija vom Weingut Moreno Coronica
Rotwein der Sorte Teran vom Weingut Moreno Coronica in Istrien

2015 ist ohne Zweifel noch sehr jung, aber mit fantas­ti­scher Aromatik von schwarzen Kirschen, Myrrhe und Pfeffer. Saftig reifes Tannin, druck­voll mit großer Länge und Zukunft.

ANDRO TOMIĆ IN JELSA AUF DER INSEL HVAR

Andro Tomič vom gleich­na­migen Weingut auf der Insel Hvar ist nicht nur Winzer, er ist auch der Patron im Haus und hält Hof in seinem beein­dru­ckenden Wein­keller, einem Nachbau des Diokle­ti­an­pa­lastes von Split, der als einer der schönsten des Landes gilt.

Der Weinkeller von Andro Tomič auf Istrien
Ein Nachbau des Diokle­ti­an­pa­lastes von Split: Andro Tomičs Wein­keller 

Der statt­liche Mann mit weißem Haar und Rausche­bart hat in Frank­reich über 50 Wein­güter besucht, stets auf der Suche, wie er seinen Wein noch besser machen kann.

Der Weingarten von Andro Tomič auf Hvar
Prägen den Charakter der Rebsorten: die Steine in den steilen Wein­bergen

Die vielen weißen Steine in den steilen Wein­bergen der Südhänge prägen den Charakter der Rebsorten Bogda­nusa, Posip und Plavac Mali.

Rotwein von Andro Tomič

Der im fran­zö­si­schen Barrique gereifte Plavac Mali macht seinem Herrn alle Ehre. Vom Dörr­obst aus Birnen, Zwetschgen, Korin­then bis Schwarztee und Bitter­scho­ko­lade – alles da. Erdige Anklänge, auch frische Frucht­noten von Heidel­beer und Holunder. Reich­lich vom satten Tannin, gehalt­voller und stof­figer Geschmack. Ein Power­wein mit Tiefe und breit ange­legtem Bogen.

IVICA MATOŠEVIĆ IN KRUNČIĆI

Ivica Matošević in Krunčići in seinem Weingut auf der Halbinsel Istrien
Weit über die Grenzen des Landes bekannt: der Winzer Ivica Matošević
(Foto: Matko Stan­ković)

Ivica Matošević hat sein kleines Weingut an promi­nenter Stelle, direkt ober­halb des Limski-Kanals, dort, wo es die frischesten Fische und Meeres­früchte gibt.

Das Weingut von Ivica Matošević in Krunčići auf der Halbinsel Istrien
Direkt ober­halb des Limski-Kanals: das Weingut von Ivica Matošević in Krunčići 
(Foto: Đani Celija)

Der weit über die Grenzen des Landes bekannte Winzer Ivica hat seinen ursprüng­li­chen Beruf an den Nagel gehängt und widmet sich mit sehr viel Herz und Leiden­schaft dem Wein. Malva­zija dürfte meiner Einschät­zung nach seine große Liebe sein.

Der Weinkeller von Ivica Matošević in Krunčići
Gereift in Akazi­en­fäs­sern: die Weine von Ivica Matošević
(Foto: Đani Celija)

Gereift, gut gela­gert, auch im Akazi­en­fass, wie so manche Flasche aus seinem Rari­tä­ten­keller gezeigt hat.

Grimalda white vom Weingut Ivica Matošević in Krunčići auf der Halbinsel Istrien

Grimalda white, eine wilde Cuvée aus Char­donnay, Malva­zija und Sauvi­gnon blanc, hat mich in verschie­denen Jahr­gängen begeis­tert. Im 2017er feiert der Terro­irch­a­rakter aufgrund der behut­samen Hand­schrift des Keller­meis­ters mit den exoti­schen Frucht­tönen, seinen salzig medi­ter­ranen Noten im Mund und perfekter Reife ein Fest des guten Geschmacks. Ein ganz großer Erfolg. Grimalda, ob weiß oder rot, findet man in London wie in auf den besten Wein­karten.

ANTONIO UND FRANJO LIPA­N­OVIĆ AUF VAS

Antonio Lipanović auf seinem Weingut auf der Insel Vas
Hat eine tiefe innere Haltung zu seinen Reben: Antonio Lipa­n­ović 

1998 fina­li­sierten Antonio und Franjo Lipa­n­ović ihr Wein­bau­pro­jekt auf der einst verbo­tenen Insel Vis. Als Keller dienen ausge­diente Wehr­bunker.

Bei einer Produk­tion von weniger als 25.000 Flaschen aus knapp fünf Hektar Rebfläche kann aller­dings nur von einem Mikro­pro­jekt gespro­chen werden. Dafür kennt Antonio jeden Rebstock persön­lich – und nicht nur das: Er hat eine tiefe innere Haltung zu seinen Reben, zu jedem Meter Erde, den er bear­beitet. Die Rebsorten Vugava und Plavac Mali behalten die Prio­rität im Weingut. Dennoch arbeitet Lipa­n­ović hart daran, alte Sorten zu finden und zu erhalten, auch fast ausge­stor­bene wie Kurte­loška, Pala­gružonka, Pala­ruša und Glavan­juša.

Der Weißwein von Antonio Lipanović aus Vugava

Sein Weiß­wein aus Vugava ist eine Schau, den man mit einem Donner­wetter in Nase und Mund verglei­chen kann – so viel Inten­sität und doch Fines­sen­reichtum, Kräu­ter­würze und Mine­ralik. Eine Dimen­sion Wein, die ich davor nicht kannte.

MARE MRGUDIĆ UND NIKO BURA IN POTOMJE

Marija Mrgudic in ihrem Weingarten
Mare Mrgudić in Potomje auf der Halb­insel Pelješac

Zwei­fels­ohne gilt das Geschwis­ter­paar Mare Mrgudić und Niko Bura als bester Produ­zent für Dignač.

Niko Bura
Niko Bura

Die Trau­ben­qua­li­täten (Plavac Mali), die sie aus der hals­bre­che­ri­schen, unter­ras­sierten Steil­lage heraus­holen, ist bewun­derns­wert.

Trotz der enormen Hitze, die im Sommer im Wein­berg brennt, lassen sich die Reben nicht stressen. Sie verschließen sich und machen erst wieder auf, wenn es an der Zeit ist.

Die Plavac Mali vom Weingut Mrgudic

Wie es scheint, liebt die Plavac Mali diese braune, kali­um­reiche Stein­wüste, die salzige Luft, das medi­ter­rane Klima. Hier blüht sie auf wie sonst nirgendwo, wird mit ihrem gewal­tigen Natu­rell zum Fest für die Sinne: tief­dun­kelrot, mit vielen Schwarz­kirsch­noten, Holun­der­saft mit bären­starker Struktur, festem Tannin, einer schwer fass­baren Deli­ka­tesse und Natur.

Bezugs­quellen: www​.jadro​vino​.de, www​.deli​cije​.de, www​.kroa​ti​sche​-fein​kost​.de

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