Krassimira Stoyanova
Orthodoxe Kirchen & sprudelnde Thermalquellen
von Corina Kolbe
29. Mai 2017
Orthodoxe Kirchen, sprudelnde Thermalquellen und betörendes Rosenöl – die Sopranistin Krassimira Stoyanova führt uns durch Bulgariens Hauptstadt.
Orthodoxe Kirchen, sprudelnde Thermalquellen und betörendes Rosenöl – die Sopranistin Krassimira Stoyanova führt uns durch Bulgariens Hauptstadt.
Kein noch so grausamer Operntod kann Krassimira Stoyanova aus der Bahn werfen. Denn die Sängerin hat immer ein gesundes Stück Heimat im Gepäck. „Ich reise niemals ohne bulgarische Joghurtfermente“, sagt sie lachend am Telefon. Wir erreichen sie in New York, wo sie an der Metropolitan Opera die Hauptrolle in Verdis Aida singt. Eine gehörige Portion Nationalstolz schwingt mit, als die Sopranistin erklärt, dieses beliebte Milchprodukt sei in Bulgarien und nicht etwa in Griechenland erfunden worden. Mit ebenso großer Begeisterung begleitet sie uns auf einen virtuellen Spaziergang durch die Hauptstadt Sofia, die sie schon seit ihrer Kindheit kennt.
Geboren wurde Stoyanova im fast 200 Kilometer weiter östlich gelegenen Weliko Tarnovo. Das historische Zentrum mit zahlreichen Kirchen und den Überresten des einstigen Zarenpalasts ist über drei befestigte Hügel verteilt, an denen sich der Fluss Jantra in vielen Krümmungen vorbeischlängelt. „Ein wunderschöner Ort mit typischen Steinhäusern, wo sich Spuren aus allen Epochen finden lassen“, schwärmt die 54-jährige Künstlerin. Lange vor Sofia war Weliko Tarnovo im Mittelalter Landeshauptstadt Bulgariens. Heute gibt es dort auch ein Musiktheater und ein Kinderorchester, in dem Stoyanova früher spielte. „Viele Kinder haben sich da auf eine professionelle Orchesterkarriere vorbereitet.“ In Russe an der Donau, dem kulturellen Zentrum Nordbulgariens mit wienerisch geprägter Architektur, ging Krassimira Stoyanova aufs Musikgymnasium, bevor sie am Konservatorium von Plowdiw Gesang und Violine studierte.
„Ich reise niemals ohne bulgarische Joghurtfermente“
Ihr Debüt als Opernsängerin feierte die temperamentvolle dunkelhaarige Diva, die an den bekanntesten Bühnen der Welt gastiert, 1995 am Nationaltheater für Oper und Ballett in Sofia. „Ich habe die Gilda in Rigoletto gesungen“, erinnert sie sich. „Kaum zu glauben, aber ich wurde ohne eine einzige Probe quasi ins kalte Wasser geworfen. Der Stress war enorm, aber es ist alles gut gegangen. Jetzt kann ich darüber lachen.“ Das Musik- und Kulturleben der Stadt sei sehr lebendig, berichtet sie. „Wir haben einen Kulturpalast mit fast 4.000 Plätzen. Das sind Dimensionen wie in der Met in New York. Wenn Opern aufgeführt werden, ist der Saal oft voll.“
Freunden, die Sofia noch nicht kennen, zeigt sie zuerst die Kirchen im Stadtzentrum. Mit ihren prunkvollen Kuppeln ist die Alexander-Newski-Kathedrale schon von Weitem zu sehen. Das imposante Gotteshaus im neobyzantinischen Stil ist der Sitz des Patriarchen, des Oberhauptes der bulgarisch-orthodoxen Kirche. Der Architekt des Moskauer Warenhauses GUM, Alexander Pomeranzew, entwarf das Gebäude um die Jahrhundertwende. Die Säulen wurden aus brasilianischem Onyx gefertigt. Die Holztüren stammen aus Bamberg und Wien und die Metallbeschläge aus München, wo auch die Beleuchtung hergestellt wurde. Die Goldgrund-Mosaiken im Innern sind aus Venedig. Besonders beeindruckend findet Krassimira Stoyanova außerdem die Rotunde des Heiligen Georg, einer frühchristliche Kirche aus dem 4. Jahrhundert, die von den Römern aus rotem Backstein gebaut wurde. Im Innenraum sieht man prachtvolle Fresken, auf denen unter anderem Propheten dargestellt sind.
In der Innenstadt von Sofia sind noch viele Überreste aus dem antiken römischen Serdica zu finden. Erst vor 13 Jahren wurde beim Bau eines Hotels ein großes Amphitheater freigelegt. „Die Römer haben sich bei uns offensichtlich sehr wohl gefühlt, nicht zuletzt wegen der vielen Thermen“, erklärt die Sängerin. Nicht nur Ungarn, sondern auch Bulgarien ist reich an Heilquellen. So kann man einen Aufenthalt in Sofia ideal mit kleinen Pausen in Spas und Thermalbädern verbinden. Stoyanova empfiehlt außerdem, Museen und Kunstgalerien anzuschauen. „Bei uns sind spektakuläre Goldfunde zu sehen. Es ist unglaublich, wie kunstvoll dieses edle Metall im Laufe der Jahrhunderte verarbeitet wurde.“ Zu den Glanzstücken der Sammlungen des Nationalen Historischen Museums gehört der Goldschatz von Panagjurischte aus dem 4. und 3. Jahrhundert vor Christus. Die neun Gefäße aus purem Gold, die eigentlich dem Museum in Plowdiw gehören, werden auch im Ausland ausgestellt.
„Bei uns sind spektakuläre Goldfunde zu sehen“
Neben nüchternen Gebäuden, die an die Zeit des Ostblocks erinnern, gibt es in Sofia viele Parks. „Die Stadt ist sehr grün, und die Einwohner empfangen Touristen sehr herzlich. Meinen Freunden würde ich in jedem Fall auch die Umgebung zeigen“, sagt Stoyanova. „Das Witoscha-Gebirge, das vor der südlichen Stadtgrenze beginnt, ist unser Nationalpark. Da liegt auch die Kirche von Bojana, die für ihre Fresken aus dem 13. Jahrhundert weltberühmt ist.“ Besonders gut gefällt der Sängerin die beeindruckende Darstellung von Zar Konstantin und seiner Frau Irina. Das Herrscherpaar ist in rot-goldenen verzierten Gewändern vor einem tiefblauen Hintergrund zu bewundern.
Nach so intensiven Besichtigungstouren wird es dringend Zeit für eine Stärkung. In Sofia gebe es längst nicht nur Joghurt, lacht Krassimira Stoyanova. Bulgarien ist auch für seine Grillspezialitäten berühmt, die man in typischen Restaurants im Zentrum probieren kann. „Unsere Küche erinnert an die kulinarischen Traditionen Griechenlands, der Türkei, Italiens und anderer Mittelmeerländer. Auch Vegetarier brauchen nicht zu hungern, denn bei uns kommt neben Fleisch immer viel Gemüse auf den Tisch.“ International bekannt ist außerdem der bulgarische Schafskäse und der Schnittkäse Kaschkawal, der aus Schafsoder Kuhmilch bestehen kann. Zu diesen Gerichten kann man ausgezeichnete Weine probieren, die im Land bereits seit der Antike angebaut werden. Stoyanova empfiehlt beispielsweise Weiß- und Rotweine aus der Kellerei Todoroff. Als Souvenirs können sich Touristen Ikonen und kunstvoll gefertigten Silberschmuck mit nach Hause nehmen. Auch bulgarisches Rosenöl sollte man sich keinesfalls entgehen lassen. Zur Gesichtspflege hat die Sängerin auf Reisen immer Rosenwasser dabei, das außerdem Marzipan einen herrlichen Geschmack verleiht.
Tipps, Infos & Adressen
Musik & Kunst
Das Nationaltheater für Oper und Ballett bietet Opern- und Tanzaufführungen sowie Konzerte. In diesem Sommer steht unter anderem Wagners Parsifal auf dem Programm.
Für das Nationale Historische Museum Bulgariens sollte man genug Zeit einplanen. Die Hauptausstellung schlägt einen weiten Bogen von der Urgeschichte bis zum Zweiten Weltkrieg. Moderne und zeitgenössische Kunst aus der Zeit nach der Unabhängigkeit Bulgariens 1878 ist in der Nationalen Kunstgalerie zu sehen.
www.operasofia.bg
www.visitsofia.bg
www.historymuseum.org
www.nationalartgallerybg.org
Essen & Trinken
Traditionelle bulgarische Gerichte und internationale Küche bietet das Restaurant Cosmos. Auf der Karte findet man Schopska-Salat ebenso wie Foie gras oder Steinpilz-Ravioli. Für gehobene Ansprüche. Wesentlich uriger ist es im Restaurant Hadjidraganov’s Houses, wo Gäste große Portionen zu moderaten Preisen sowie Live-Folkmusik erwarten. Typisches bulgarisches Flair charakterisiert das Moma Bulgarian Food & Wine: Grillteller, Salate und zum Abschluss Joghurt-Dessert. Wer neugierig auf bulgarischen Rebensaft ist, kommt auch in der Rumen Weinbar auf seine Kosten.
www.moma-restaurant.com
www.rumen.wine
Übernachten
Mit modernem Design, einer Roof Top Bar, kulinarischen Spezialitäten und einem großzügigen Wellness-Bereich lockt das mit fünf Sternen bewertete Sense Hotel Sofia Gäste, die sich ihren Städtetrip etwas kosten lassen wollen – spektakulärer Ausblick auf die Alexander-Newski-Kathedrale inklusive. Eine günstigere, ebenfalls zentral gelegene Alternative ist das Best Western Art Plaza Hotel.