Baumeister Solness mit Katharina Bach, Annika Neugart, Thomas Schmauser

"Baumeister Solness“ in München

Demon­tage eines Macht­men­schen

von Antoinette Schmelter-Kaiser

27. November 2024

In ihrer Inszenierung von „Baumeister Solness“ an den Münchner Kammerspielen inszeniert Felicitas Bruckner das persönliche Purgatorium eines skrupellosen Karrieristen.

Höher, weiter, schneller: Unter diesem Motto arbeitet Halvard Solness als Baumeister. Der Lohn dafür sind viel Erfolg und Aner­ken­nung. Von beidem braucht kann er als Macht­mensch aber selbst in reifen Jahren nicht genug bekommen; jüngere Kollegen versteht er als Bedro­hung, die er mit allen Mitteln bekämpft. Doch nicht nur beruf­lich geht Halvard Solness über Leichen. In seinem 1892 urauf­ge­führten Stück „Baumeister Solness“ demas­kiert auch Solness´ Skru­pel­lo­sig­keit in persön­li­chen Bezie­hungen. Denn seine Karriere verdankt er indi­rekt einem Feuer, an dessen Folgen seine kleinen Söhne starben und seine Frau seelisch zerbrach. Außerdem hat er die Tochter eines Bauherrn als elfjäh­riges Mädchen miss­braucht.
Zug um Zug wird Halvard Solness in Ibsens analy­ti­schem Drama mit diesen Schat­ten­seiten seiner Karriere konfron­tiert. Beson­ders eindring­lich passiert das in Gestalt von Hilde Wangel. Zehn Jahre, nachdem sich Halvard Solness an ihr vergangen hat, taucht die junge Frau bei ihm zuhause auf und zwingt ihn zum Erin­nern an die lang verdrängte Tat. Doch damit nicht genug. Sie legt auch beharr­lich den Finger in andere Wunden und fordert Solness´ Strafe ein.
Diese Schlüssel-Figur besetzt Regis­seurin Feli­citas Brucker in ihrer Insze­nie­rung an den Münchner Kammer­spielen mit der 23-jährigen Annika Neugart, die frisch von der Otto-Falken­berg-Schule ins Ensemble gekommen ist. Neben Thomas Schmauser (Halvard Solness) und (Aline Solness) kann sich die Newco­merin kraft­voll und ausdrucks­stark behaupten, bringt wie die anderen Haupt­dar­steller Ängste, Wut und Verzweif­lung über­zeu­gend zum Ausdruck.
Gerhild Stein­buch hat dafür Ibsens Origi­nal­text über­ar­beitet, Passagen in Alltags­sprache ergänzt und Mono­loge mit kurzen, stak­ka­to­ar­tigen Sätzen, die mit Wort­ge­walt und rasantem Rhythmus für hohe emotio­nale Inten­sität sorgen – all das auf einer Dreh­bühne, die mit wenigen expres­siven Elementen bestückt die Schau­spieler ins Rampen­licht rückt.
Sie (inter-)agieren im persön­li­chen Purga­to­rium von Baumeister Solness: einer alptraum­haften Welt zwischen Leben und Tod, die einen Macht­men­schen Schritt für Schritt demon­tiert. Beim verdienten, großen Schluss­ap­plaus brau­chen Thomas Schmauser und Katha­rina Bach mehr als eine Minute, um wieder zu sich zu kommen – kein Wunder bei ihrem extremen Spiel in der Schluss­szene.

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Weitere Termine am 10./12./26.12.2024 sowie ab 12.1.2025, https://www.muenchner-kammerspiele.de/de/programm/32916-baumeister-solness

Fotos: Gabriela Neeb