Dr. Goeths Kuriosa

Der unbe­hol­fene Anton Bruckner

von Maria Goeth

13. Oktober 2018

So groß seine Sinfonien, so klein sein Liebesglück: Neun Mal probiert er es bei verschiedenen Mädchen, er wird immer abgewiesen.

„Willst du mit mir gehen? a) Ja, b) Nein, c) Viel­leicht“

Anton Bruck­ners Brief an Jose­fine Lang von 1866 liest sich wie einer dieser in der Schule von Pult zu Pult gereichten Zettel. So groß seine Sinfo­nien, so klein sein Glück in der Liebe: Neun Mal probiert er es bei verschie­denen jungen Mädchen, neun Mal erhält er eine Abfuhr. Er bleibt lebens­lang unver­hei­ratet.

„Sehr geehrtes, liebenswürdiges Fräulein!
Nicht als ob ich mich mit einer Ihnen befrem­denden Ange­le­gen­heit an Sie, verehrtes Fräulein wenden würde, nein, in der Überzeugung, dass Ihnen längst mein stilles, aber beständiges Harren auf Sie bekannt ist, ergreife ich die Feder, um Sie zu belästigen. Meine größte und innigste Bitte, die ich hiermit an Sie, Fräu­lein Jose­fine, zu richten wage, ist, Fräulein Jose­fine wollen mir gütigst offen und aufrichtig Ihre letzte und endgül­tige, aber auch ganz entschei­dende Antwort schrift­lich zu meiner künftigen Beru­hi­gung mitteilen und zwar über die Frage: Darf ich auf Sie hoffen und bei Ihren lieben Eltern um Ihre Hand werben? Oder ist es Ihnen nicht möglich, aus Mangel an persönlicher Zunei­gung mit mir den eheli­chen Schritt zu tun?
Fräu­lein sehen, dass die Frage ganz entschei­dend ist. Das eine oder andere bitte ich instän­digst, mir so bald als möglich, aber gewiss, ebenso entschieden zu schreiben. Bitte, sagen Fräu­lein Jose­fine dies ihren lieben Eltern, aber sonst niemandem (bitte das strengste Geheimnis bewahren zu wollen) und wählen sie einen aus den zwei vorge­legten Punkten der Frage im Einver­ständ­nisse mit ihren lieben Eltern. […] Nochmal meine Bitte: Wollen Fräu­lein ganz offen und aufrichtig und ganz entschieden schreiben, entweder: Ich darf um sie werben oder gänz­lich ewige Absage; kein Mittel­ding etwa vertrösten oder umschreiben, da bei mir die höchste Zeit bereits vorhanden ist, zudem wird sich Ihr Gefühl nicht leicht verän­dern, weil Fräu­lein sehr vernünftig sind.
Fräu­lein dürfen die reine Wahr­heit mir unbe­sorgt sagen, weil selbe in jedem Falle mir Beru­hi­gung sein wird. Mit Hand­kuss einer möglichst baldigen entschie­denen Antwort entgegen harrend.