Dr. Goeths Kuriosa

Die lustige Welt der Vortrags­be­zeich­nungen

von Maria Goeth

8. Februar 2018

Vortragsbezeichnungen wurden immer länger und blumiger. Diesen Trend nahm der französische Komponist Erik Satie auf die Schippe. Hier eine Auswahl seiner schönsten Spielanweisungen.

Seit man Musik aufschreibt, erleich­tern Vortrags­be­zeich­nungen die Inter­pre­ta­tion. Sie liefern zusätz­liche Infor­ma­tionen über empfoh­lene Laut­stärke (piano, forte), Geschwin­dig­keit (mode­rato, presto), Arti­ku­la­tion (stac­cato, legato) oder Spiel­technik (glis­sando, pizzi­cato). Im roman­ti­schen Über­schwang des 19. Jahr­hun­derts wurden die Vortrags­be­zeich­nungen immer länger und blumiger, etwa bei .

Diesen Trend nahm der fran­zö­si­sche Kompo­nist auf die Schippe. Hier eine Auswahl seiner schönsten Spiel­an­wei­sungen:
„Ändern Sie nicht Ihren Gesichts­aus­druck.“ (Les trois Valses distin­guées)
„Erblei­chen Sie in der Magen­grube.“ (Ebd.)
„Seien Sie perplex.“ (Trois Poèmes d’amour)
„mit tränen­er­stickten Fingern“ (Ebd.)
„wie eine Nach­ti­gall mit Zahn­schmerzen“ (Embryones dessé­chés)
„Benehmen Sie sich bitte: Ein Affe schaut Ihnen zu.“ (Le Piège de Méduse)
„Denken Sie über sich selbst nach.“ (Six Gnos­si­ennes)
„Gehen Sie nicht weg.“ (Ebd.)

Und weist in seiner Solo­so­nate für Brat­sche an:
„Rasendes Zeitmaß. Wild. Tonschön­heit ist ­Neben­sache.“

Als „Anmer­kung für den Zuhörer und den Leser dieser Partitur“ notiert er zu seiner Kurz­oper „Das Nusch-Nuschi“:

„Folgende ‚Choral­fuge‘ … verdankt ihr Dasein ledig­lich einem unglück­li­chen Zufall: Sie fiel dem Kompo­nisten ein. Sie bezweckt weiter nichts als dies: sich stil­voll in den Rahmen dieses Bildes zu fügen und allen ‚Sach­ver­stän­digen‘ Gele­gen­heit zu geben, über die unge­heure Geschmack­lo­sig­keit ihres Schöp­fers zu bellen. Halle­luja! – Das Stück muss in der Haupt­sache von zwei Eunu­chen mit ganz unge­heuer dicken nackten Bäuchen getanzt (gewa­ckelt) werden“.

widmet seine Ironien für Klavier vier­händig „allen Chole­ri­kern“ und versieht seine Bass­nach­ti­gall für Kontra­fa­gott mit einem dada­is­ti­schen Gedicht, in dem es heißt:
„Für Allge­mein­ver­ständ­lich­keit als Bekenntnis: Der gött­liche Funke kann wie in einer Leber­wurst auch in einem Kontra­fa­gott vorhanden sein.“


Hätten Sie’s gewusst?

RollschuheRoll­schuhe verdanken ihre Erfin­dung dem Theater! Um das Schlitt­schuh­laufen auf der Bühne zu imitieren, sollen in London bereits 1743 Roll­schuhe einge­setzt worden sein. Um 1760 wurden sie dann vom belgi­schen Instru­men­ten­bauer und Geiger Jean-Joseph Merlin mit drei hinter­ein­ander montierten Lauf­rollen am Schuh perfek­tio­niert. Bei einem Masken­fest spielte Merlin selbst roll­schuh­lau­fend Geige – weil er weder bremsen noch Kurven fahren konnte, krachte er in eine Spie­gel­wand und verletzte sich und sein Instru­ment dabei schwer.