Fragen wir den SWR!

von Axel Brüggemann

14. Mai 2022

Seit einiger Zeit recher­chiere ich zum Thema und seinen Bezie­hungen zu Russ­land. Ein Thema, das auch deshalb wichtig ist, weil Curr­entzis Chef­di­ri­gent des SWR Sympho­nie­or­ches­ters ist. Nachdem es Unklar­heiten über Curr­entzis und eine Ehren­pro­fessur in Moskau gab, habe ich erneut beim SWR nach­ge­fragt. Auch, weil ich fest daran glaube, dass ein öffent­lich-recht­li­cher Sender, der für seriösen Jour­na­lismus steht, gerade auch dann für Trans­pa­renz und Klar­heit sorgen sollte, wenn es um ihn selber geht. Hier – zur Doku­men­ta­tion – mein Anschreiben, auf das eine Antwort seit dem 10. Mai 2023 aussteht.

Sehr geehrte Frau Haane, lieber Matthias –

angeb­lich erklärt Frau Haane gegen­über anderen Medien, Teodor Curr­entzis habe die Hono­rar­pro­fessur aus Moskau abge­lehnt. 

Dazu habe ich einige Frage und hoffe, dass Sie diese beant­worten, da wir zu den Gast­spielen in Deutsch­land umfang­reiche Berichte in verschie­denen Medien planen.

Unsere Recher­chen ergeben, dass Herr Curr­entzis die Hono­rar­pro­fessur sehr wohl ange­nommen hat: Das berichten russi­sche Zeitungen wie der Kommersant, das ist in Tele­gram-Gruppen zu sehen, das wird in sozialen Medien von Anwe­senden berichtet. Davon, dass Herr Curr­entzis vom Titel zurück­ge­treten ist, ist dagegen nichts zu lesen. Eine Anfrage von mir wurde von Herrn Curr­entzis nicht beant­wortet.

FRAGE I:

Deshalb meine Frage: Wie genau lautet der Wort­laut der „schrift­li­chen Erklä­rung“, die Herr Curr­entzis Ihnen gegen­über abge­geben hat? Hat er den Titel im Nach­hinein zurück­ge­geben? Warum hat er den Titel zunächst ange­nommen? 

Des Weiteren schreiben Sie, dass Sie die „Situa­tion von Teodor Curr­entzis in Russ­land immer wieder einer erneuten Prüfung“ unter­zögen. Sie äußern weiterhin Verständnis für die Verbin­dungen zum russi­schen Staat und zu staats­nahen Unter­nehmen, da Sie „alle wissen, mit welchen Konse­quenzen Menschen, die in Russ­land leben, zu rechnen haben“. Nun ist es ja Sinn von Boykotten, so wie Deutsch­land und die deut­sche Regie­rung sie unter­stützen, dass sie auch Konse­quenzen für Menschen haben, die poli­tisch nicht aktiv sind. Im Falle von Teodor Curr­entzis aber zeigt sich dazu noch deut­lich, dass er vom poli­ti­schen System Russ­lands und russi­scher Firmen profi­tiert.

FRAGE II:

Haben Sie, bzw. der SWR, bei Ihren Prüfungen berück­sich­tigt, dass:

  • … Teodor Curr­entzis« musi­cAe­terna weiterhin von der VTB Bank finan­ziert wird und sich am Vorstand des Orches­ters nichts geän­dert hat?
  • … Teodor Curr­entzis seine Abhän­gig­keiten von Russ­land und russi­schen Firmen nicht, wie auch von Ihnen einst erwartet, verrin­gert, sondern ausge­baut hat: Unter anderem, indem er auf Propa­ganda-Tour für Gazprom gegangen ist und von diesem Unter­nehmen auch finan­ziert wird, das gleich­zeitig eigene Truppen in die Ukraine schickt (Gazprom-Chef Alexei Miller scheint ein großer Curr­entzis-Fan zu sein)? Ebenso gibt es neue wirt­schaft­liche Verbin­dungen von Curr­entzis zu Rosatom, also jener Firma, die das Atom­kraft­werk in der Ukraine besetzt hält.
  • … Dass Teodor Curr­entzis in russi­schen Zeitungen damit zitiert wurde, dass er treu an der Seite Russ­lands stünde – ähnliche Posi­tio­nie­rungen gibt es im Westen nicht.
  • … Teodor Curr­entzis als Chef und Verant­wort­li­cher Leiter von musi­cAe­terna niemals Stel­lung zum Verhalten „seiner“ Musi­ke­rInnen bezogen hat, die 1.) Lieder für die russi­sche Front schreiben und den Angriffs­krieg damit aktiv unter­stützen, 2.) kriti­sche euro­päi­sche Jour­na­listen als „Faschisten“ beschimpfen, 3.) sich in Insta­gram-Videos über Deutsch­land lustig machen? Curr­entzis hat all das nicht kommen­tiert, und Musi­ke­rInnen, die in Europa nicht weiter aufge­treten sind, spielen bei musi­cAe­terna weiter. Es gibt zudem Videos, in denen Curr­entzis mit den Front-Lied-Kompo­nisten lacht und scherzt.

Wie recht­fer­tigt der SWR all diese Punkte? 

FRAGE III:

Ehema­lige, enge Vertraute von Curr­entzis wie Louw­rens Lange­voort oder haben öffent­lich erklärt, dass Curr­entzis sich ihnen gegen­über nicht weiter erklärt habe. Daraufhin hätten sie beschlossen, den Diri­genten bis auf weiteres nicht mehr einzu­laden (in Wien bleibt das bereits verhan­delte Utopia-Konzert bestehen). Die Berliner Phil­har­mo­niker raten ihren Musi­ke­rInnen aus glei­chem Grund ab, an Utopia teil­zu­nehmen. Welche konkreten Aussagen von Teodor Curr­entzis haben Sie, die Sie zu anderen Ergeb­nissen kommen lassen als die lang­jäh­rigen Wegbe­gleiter des Diri­genten?

Mit freund­li­chen Grüßen