Mathias Spaan
Eigenwillige Versuchsanordnung
von Antoinette Schmelter-Kaiser
13. Januar 2023
Mathias Spaan bringt Tom McCarthys Roman »8 1/2 Millionen« über den obsessiven Nachbau von Wirklichkeit auf die Bühne des Münchner Volkstheaters.
In 8 ½ Millionen setzt Mathias Spaan mit Zeitsprüngen und Perspektivwechseln ein Vexierspiel über die fließenden Grenzen zwischen Realität und Fiktion am Münchner Volkstheater in Szene. Der zentrale Plot lässt sich knapp zusammenfassen: Als Entschädigung für einen Unfall bekommt ein junger Mann die immense Summe von achteinhalb Millionen Pfund. Dieses Geld investiert er in das aufwändig inszenierte Nachspielen einer persönlichen Erinnerung, in der er sich ganz und gar wahrhaftig fühlte. Denn mit dieser Wiederholung hofft er, die quälenden Geister der Vergangenheit zu bezwingen.
In seiner Inszenierung am Münchner Volkstheater, die auf einem 2005 erschienenen Roman von Tom McCarthy beruht, rekonstruiert Regisseur Mathias Spaan die Hintergründe und Entwicklungsschritte einer eigenwilligen Versuchsanordnung. Das geschieht nicht in chronologischer Folge, sondern setzt sich wie ein Kaleidoskop mit Zeitsprüngen und Perspektivwechseln aus unterschiedlichsten Fragmenten zusammen. Für noch mehr Komplexität sorgt Spaans Kunstgriff, die Hauptperson zu vervielfachen und von bis zu vier jungen Schauspielern abwechselnd oder parallel darstellen zu lassen. In einem verschachtelten Vexierspiel sind sie – und die Zuschauer – gefordert, sich zwischen mehreren Erzählebenen zu bewegen.
Fließende Übergänge lassen in einem offenen, kargen Bühnenraum mit wenigen, wirkungsvollen Requisiten eine Szene aus der anderen entstehen. Dabei sind die Grenzen in Richtung Publikum bewusst offen, um es immer wieder einzubeziehen. Zentrales Thema des raffinierten Reenactments ist das Lavieren zwischen Realität und Fiktion rund um die (Un-)Möglichkeit, sich natürlich-authentisch zu fühlen statt als Nachahmer. Am Schluss verschränken sich beide Sphären in einem Showdown, bei dem sich die Geschehnisse unkontrollierbar verselbstständigen.
Informationen zu den weiteren Aufführungen von 8 ½ Millionen am 24., 25. und 27. Januar sowie am 11., 12. und 22.Febraur 2023 am Münchner Volkstheater auf: www.muenchner-volkstheater.de