Mozart Piano Quartet

Die andere Seite des Herrn Witte

von Anna Mareis

5. Oktober 2018

Preisträger in der Kategorie Kammermusikeinspielung | Musik 19. Jahrhundert / gemischtes Ensemble: Das Mozart Piano Quartet entdeckt Georg Hendrik Witte als romantischen Kammermusik-Komponisten.

Es gibt Musiker, deren Werk in der Ge­­schichte schnell vergessen wird, weil sie auch andere große Dinge geleistet haben oder weil ihr Handeln zuweilen poli­tisch umstritten war. Georg Hendrik Witte ist einer dieser Menschen: Sein Ruhm basiert darauf, den Musik­verein groß gemacht zu haben. Während der Indus­tri­ellen Revo­lu­tion lockte Witte Brahms nach Essen, grün­dete ein Orchester, errich­tete einen neuen Saal, der in Anwe­sen­heit von einge­weiht wurde. Vergessen wurde darüber oft Wittes eigenes kompo­si­to­ri­sches Werk.

Das hat sich nun für MDG mit Freunden zusam­men­getan und Wittes Kammer­musik ausge­graben, sein Klavier­quar­tett und das Horn­quin­tett – zwei Werke aus der Leip­ziger Früh­zeit des Kompo­nisten. Beide Stücke sind Welt­er­stein­spie­lungen, und der roman­ti­sche Sog, den sie entfalten, ist groß­artig: Erfin­dungs­reichtum, große Melo­dien, drama­ti­sche Momente, aber immer auch versteckter Humor und lyri­sche Passagen.

Anders als in Wittes Violin­kon­zert wird in seiner Kammer­musik der roman­ti­sche Duktus im Dialo­gi­schen deut­lich. Für das Mozart Piano Quartet und seine musi­ka­li­schen Mitstreiter scheint der viel­fäl­tige Klang­kosmos, den Witte entstehen lässt, der eigent­liche Kern zu sein. Sie lassen einen Kompo­nisten hören, der mitten in seiner Zeit steht, unter­schied­liche Strö­mungen mitein­ander verbindet und in seinem Abwechs­lungs­reichtum eine mehr als span­nende Entde­ckung darstellt.

Fotos: Mozart Piano Quartet