Theaterakademie August Everding

Keine Chance für Musical-Kitsch

von Antoinette Schmelter-Kaiser

22. November 2023

Studierende der Münchner Theaterkademie August Everding setzen unter der Regie von Philipp Moschitz „Once Upon a Mattress“ mit viel Verve, Frische und Witz neu in Szene.

Was haben Opern- und Thea­ter­klas­siker mit Märchen gemeinsam? Thema, Hand­lung und Haupt­per­sonen sind fast jedem bekannt. Trotzdem oder gerade deswegen kann man sie immer wieder neu erzählen. Denn allge­mein­gül­tige Stoffe lassen viel Spiel­raum für eigene Inter­pre­ta­tionen.

Wie frisch und lebendig die ausfallen kann, zeigt „Once Upon a Mattress“ am Münchner Prinz­re­gen­ten­theater: 1835 veröf­fent­lichte der däni­sche Autor Hans Chris­tian Andersen sein Märchen „Die Prin­zessin auf der Erbse“. 1959 hatte die Musical-Version dieser Vorlage unter dem Titel „Once Upon a Mattress“ am Broadway Première, die Musik dazu kompo­nierte Mary Rodgers. Diese setzen Studie­rende der Münchner Thea­ter­aka­demie August Ever­ding jetzt unter der Regie von Philipp Moschitz mit viel Verve neu in Szene.

Ein stim­miges Ensemble aus dem 2. Master- und dem 3. Bachelor-Jahr­gang im Fach Musical bringt auf die Bühne, wie der jungen­haft-brave Prinz Arglos eine Braut sucht, seine über­mäch­tige Mutter den Sohn aber lieber für sich behalten will und deshalb jede Aspi­rantin für unwürdig erklärt. Im Fall von Prin­zessin Winnifred ersinnt die Königin, der Tim Mors­bach eine exal­tierte Drag Queen-Allüre verleiht, eine beson­ders diffi­zile Probe. Doch „Fred“ kann eine winzige Erbse unter einem dicken Stapel Matratzen erspüren. Über­dies begeis­tert ihre unkon­ven­tio­nelle, direkte Art Prinz Arglos und den König derart, dass beide die Königin erfolg­reich entthronen.

Haupt­dar­steller und Hofstaat über­zeugen nicht nur singend, tanzend und spie­lend in Perso­nal­union. Hingu­cker sind zusätz­lich die schrillen Frisuren und die Maske sowie aufwän­dige Kostüme: Allein auf dem Rock der – ein Hirsch­ge­weih tragenden – Königin glit­zern 14.400 Pail­letten, ihre Schleppe zieren über 9.000 Federn. Als weiterer Verfrem­dungs­ef­fekt sorgt die Cross­gender-Beset­zung vieler Rollen für Über­ra­schungen, Witz und (Selbst-)Ironie. Musical-Kitsch hat deshalb selbst in gefühl­vollen Liebes­szenen keine Chance.

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Weitere Aufführungen am 23. und 25.11.2023

Fotos: Lioba Schöneck