OPUS KLASSIK

Schein­werfer ins Dunkel!

von CRESCENDO Redaktion

15. Oktober 2018

Der ECHO KLASSIK heißt nun OPUS KLASSIK. Man mag über die Veranstaltung geteilter Meinung sein. Aber es gibt durchaus Preisträger, die es zu entdecken gilt.

Neuer Name – und sonst? Der Musik­preis, einst bekannt als , heißt nun : Er besteht aus weit­ge­hend derselben Jury. Die Preis­ver­lei­hungs-Gala, die wieder vom über­tragen wird, findet am selben Veran­stal­tungsort statt (Konzert­haus ) und wird vom selben Mode­rator präsen­tiert ( ). Vom eins­tigen Sturm nach dem ECHOPOP- Skandal um die anti­se­mi­ti­schen Texte der Rapper und ist wenig übrig geblieben. Dabei waren es damals ausge­rechnet die Klas­sik­künstler, die ihre Preise aus Protest als Erste zurück­ge­geben haben. Und nun? Weiter so, wie gehabt, außer dass die Phono-Akademie nicht mehr offi­zi­eller Veran­stalter ist und ein neuer Name gefunden wurde? Ja, so sieht es leider aus.

DER OPUS KLASSIK IN ZAHLEN: DIE JURY
5 Vertreter von Plat­ten­firmen
2 Fach­jour­na­listen
2 Vertreter ZDF-Redak­tion Musik
1 Kultur­ma­nager
1 Vertreter Deut­scher Musikrat

Zwar wird eine voll­kom­mene Revo­lu­tion des Preises im nächsten Jahr verspro­chen (dann auch mit Konzerten und Bühnen­pro­duk­tionen als Preis­träger), aber die Chance, ein Inne­halten der Branche zu signa­li­sieren, und sei es nur, indem die Preis­träger in der ZDF-Gala Werke soge­nannter „entar­teter Kompo­nisten“ spielen? Fehl­an­zeige! Unter diesen Umständen mag es verwun­dern, dass wir von crescendo uns dennoch entschlossen haben, auch in diesem Jahr wieder einen Schwer­punkt zum neuen Musik­preis heraus­zu­geben. Wir haben inner­halb der Redak­tion lange darüber debat­tiert. Und sind am Ende zu folgendem Schluss gekommen: Seit wir den ECHO KLASSIK begleiten, ging es uns stets darum, auch jenen Künst­lern ein Forum zu bieten, die nicht in der großen ZDF-Sause auftreten. Dorthin zu horchen, wo Musik noch ein Aben­teuer ist, wo coura­gierte Labels und leiden­schaft­liche Musiker, oft in der Nische der Öffent­lich­keit, Trou­vaillen ausgraben, sich akri­bisch um neues Reper­toire und neue Inter­pre­ta­ti­ons­an­sätze kümmern. Denn das wäre für uns von crescendo der größte Verdienst einer solchen Veran­stal­tung: das Schein­wer­fer­licht auf jene Künstler zu werfen, die in den Massen­me­dien ansonsten in der Dunkel­heit stehen. Sie haben wir in den letzten Jahren in inten­siven Video- Gesprä­chen vorge­stellt, uns von ihnen begeis­tern lassen und an ihrer Leiden­schaft teil­ge­nommen.

DER OPUS KLASSIK IN ZAHLEN: DIE KANDI­DATEN
511 Einrei­chungen
22 Kate­go­rien
53 Preis­träger, davon gehen:
28 Preise an die Majors (Universal, Sony, Warner)
25 Preise an klei­nere Plat­ten­firmen („Inde­pend­ents“)

Es sind auch diese Künstler, die beson­ders vehe­ment gegen die anti­se­mi­ti­schen Ausfälle bei der ECHO-POP-Verlei­hung protes­tiert haben (die Super­stars der Branche haben erst später aus oft stra­te­gi­schen Gründen mitge­macht). Und wir finden, dass ein Preis, wie es der ECHO war und wie es der OPUS ist, noch immer eine gute Gele­gen­heit darstellt, diese Menschen in den Fokus zu rücken. Deshalb wird sich crescendo dieses Jahr im Hoch­glanz­ge­schäft des OPUS bewusst zurück­halten, nicht von der Verlei­hung und der großen Show berichten. In diesem Schwer­punkt geht es uns darum, Ihnen, verehrte Leser, jene Musiker vorzu­stellen, die auch bei der großen Gala nicht im Schein­wer­fer­licht stehen werden. Preis­träger, die das Geschäft mit der klas­si­schen Musik so span­nend machen. Künstler, die keine x‑beliebige La Traviata oder Beet­hoven 5 einspielen. Sondern Musiker, die sich intensiv mit dem Reper­toire, das sie aufnehmen, ausein­an­der­setzen, deren Ergeb­nisse nie beliebig, sondern exis­ten­ziell für das sind, was sie mit ihrer Kunst aussagen wollen. Künstler, von denen wir fest über­zeugt sind, dass sie und ihre Aufnahmen es wert sind, gehört zu werden. Künstler, die jenseits der schil­lernden Klassik-Ober­fläche in die Tiefe abtau­chen und wirk­lich Neues und Aufre­gendes für uns zutage fördern. So wie immer wird die ZDF-Gala auch wieder ein Treffen der Branche sein: Die Entscheider der Labels, Jour­na­listen, Künstler und Publikum werden aufein­ander treffen. Und in den Gesprä­chen auf den Fluren wird es in diesem Jahr sicher­lich auch um die Frage gehen, wie es denn konkret mit dem Preis weiter­gehen soll. Ob man sich wieder mehr Ernst­haf­tig­keit leisten kann, ob die große Show sich auch wieder inten­siver um die Musik kümmern sollte, ob man den Künst­lern einen größeren Raum einräumen kann, um von ihren Projekten zu schwärmen, ob es nicht an der Zeit sei, neben den allge­mein bekannten Mega­stars mehr Newcomer auf die Bühne zu stellen, um ihre Begeis­te­rung zu erleben. crescendo freut sich auf all diese Diskus­sionen und auf einen bevor­ste­henden Wandel des Preises. Aber diese Debatte um die Zukunft des OPUS KLASSIK wird wohl erst beim ersten OPUS KLASSIK selbst geführt werden.

DER OPUS KLASSIK IN ZAHLEN: DIE ZDF-GALA
10 auftre­tende Preis­träger, davon
9 Major-Künstler
1 Inde­pen­dent-Künstler
43 Preis­träger, die Sie nicht sehen werden …

Und wir von CRESCENDO hoffen, dass allen Betei­ligten klar wird, dass die Kunst, für die wir gemeinsam schwärmen, mehr ist als eine bunte und schrille Verpa­ckung. Dass sie gerade nach den Vorfällen beim ECHO POP die Chance birgt, Bewusst­sein für das Vergan­gene zu schärfen und Visionen für die Zukunft zu entwi­ckeln. Und dass dafür zunächst einmal voll­kommen offen alles Bishe­rige auf den Prüf­stand gestellt werden sollte: von der Jury über die Präsen­ta­tion der Preis­träger bis zu den Krite­rien, nach denen entschieden wird. Und deshalb nutzen wir diese Denk­pause, um Ihnen, verehrte Leser, auf den nächsten Seiten jene Künstler intensiv vorzu­stellen, von denen wir glauben, dass sie die wahre Zukunft der klas­si­schen Musik sind.

Fotos: OPUS KLASSIK