Paula Bosch probiert

„Freude trinken alle Wesen…“

von Paula Bosch

18. Dezember 2019

Auf den Ludwig! Sommelière Paula Bosch über eine wunderbare Jubiläums-Edition, die das Haus Wegeler aus alter Verbundenheit Ludwig van Beethoven widmet.

Dem gebührt mit der schon seit eh und je ein beson­derer Platz unter den Wein­re­gionen Deutsch­lands. Nicht nur wegen der Wein­his­torie, sondern auch aufgrund seiner heraus­ra­genden Lage direkt am Rhein und dessen Nebenarm, dem Main.

Hier kommen einfach mehr Faktoren zusammen, die das Wachstum der Reben und deren Güte positiv beein­flussen und sie zu ganz großen Quali­täten heran­reifen lassen: das Mikro­klima, geprägt durch den Rhein und seine Refle­xion der Sonnen­strahlen, die wärmeren Tempe­ra­turen, die Südlagen, die Qualität und Viel­falt der Böden.

Assmanns­hausen – die Rotwein­bas­tion am Rhein

Die knapp 30 Kilo­meter lange Region erstreckt sich von West nach Ost, oder umge­kehrt, vom nörd­li­chen Lorch in die Rotwein­bas­tion Assmanns­hausen, dann nach Rüdes­heim, vorbei an ersten Adressen wie Geisen­heim, , Hatten­heim, bis Walluf, wo die berühmte Rhein­front vorerst endet. Die bekannten Wein­berge südöst­lich von haben in Hoch­heim ihre wert­vollsten Lagen.

Für Ries­ling­fans haben die Rhein­gauer Weine eine beson­dere Charak­te­ristik.

Die Böden der 3200 Hektar Rebflä­chen bestehen aus Schiefer, Quarzit, Bunt­sand­stein, Mergel, Kalk, Ton, Kies und Lehm. Für Ries­ling­fans haben die Rhein­gauer Weine eine ganz beson­dere, unnach­ahm­liche Charak­te­ristik, die sie von ihrer Konkur­renz, vor allem vom Ries­ling-Cham­pion, der Mosel, unter­scheidet. Durch die deut­lich höheren Tempe­ra­turen sind die Weine von Haus aus kräf­tiger, volu­mi­nöser und stof­figer, im Klar­text: Die Alko­hol­werte sind höher. Auch prägnante Säure ist da, jedoch reifer, gewöhn­lich auch weicher.

Der Arzt Franz Gerhard Wegeler war ein Jungen­freund Beet­ho­vens. 1830 trat er als Stiller Teil­haber
in das Wein­han­dels­haus Deinhard & Tesche ein, dessen Geschäfts­füh­rung sein Enkel Julius Wegeler über­nahm, und 1838 veröf­fent­lichte er Biogra­fi­sche Notizen über Beet­hoven.

Die gusta­tiven Charak­ter­züge eines guten Rhein­weins wurden in den letzten Jahr­hun­derten nicht nur von Einhei­mi­schen sehr geschätzt, die Rhein­weine waren auch bei Persön­lich­keiten wie Fried­rich II., Johann Wolf­gang Goethe, aber auch beliebt. Beet­ho­vens Vorliebe für Rhein­wein ist laut dessen Verleger Schott aus bis kurz vor seinem Tod belegt: Die paar Flaschen, die ihm gelie­fert worden waren, musste er vom Ster­be­bett aus mit den letzten Worten „Schade, schade, zu spät“ stehen lassen. Ludwig van Beet­hoven und Franz Gerhard Wegeler waren lebens­lange Freunde. Die einzige Oper Beet­ho­vens, Leonore, später in Fidelio umbe­nannt, ist Wegelers Ehefrau Eleo­nore gewidmet, die ehemals eine Klavier­schü­lerin Beet­ho­vens war.

Julius Wegeler heira­tete 1861 die Deinhard-Tochter Emma. Als deren Vater August Deinhard
über­ra­schend starb, wurde er mit der Leitung der Firma beauf­tragt.

Zum 250. Geburtstag Beet­ho­vens hat das Haus Wegeler eine Jubi­läums-Wein-Edition abge­füllt. Die ist so gut gelungen, dass der feier­liche Anlass damit wirk­lich würdig gefeiert werden kann.

Arbeiten am konti­nu­ier­li­chen Aufstieg des Wein­guts Wegeler: Anja Wegeler-Drie­se­berg und Tom Drie­se­berg
(Foto: Hans-Jürgen Heyer)

Das Weingut Wegeler bewirt­schaftet in langer Tradi­tion im Rheingau heute 45 Hektar Rebflä­chen aus aller­besten Lagen der Region. Dr. Tom Drie­se­berg arbeitet seit Jahren mit seiner Frau Anja Wegeler-Drie­se­berg am konti­nu­ier­li­chen Aufstieg des Wein­guts, heimst höchste Bewer­tungen für die großen Gewächse sowie edel­süßen „Sahne­häub­chen“ ein, ergat­terte neben vielen anderen Auszeich­nungen 2019 den Vinum-Titel „Winzer des Jahres“ im Rheingau und sorgt mit Weit­blick für beste Wein­qua­lität in der Zukunft. Ob jugend­lich frisch oder sensa­tio­nell gereifte Jahr­gänge: Tom Drie­se­berg hat den Erfolg seines ehema­ligen Senior­Kel­ler­meis­ters Norbert Holder­rieth mit dem einzig­artig deut­schen Wein­pro­jekt des Ries­lings „Geheimrat J“, einer Cuvée aus besten Lagen, immer im Blick­winkel, denn der Wein ist längst ein Sign­um­ries­ling für beste Qualität nicht nur aus dem Rheingau, sondern aus ganz .

O, WELCHE LUST!

Der RIES­LING SEKT BRUT präsen­tiert sich in hellem, blassem Grün­gelb mit zahl­rei­chen kleinen Perlen, dicht zusam­men­ge­fügt zu einem feinen Kranz mit festem Schaum. Erfri­schender grüner Apfelton, Limetten, Kiwi und Stachel­beere. Grüne, frische Garten­kräuter, ausge­prägte Kerbel­note. Ein ebenso einla­dender wie anspre­chender Duft und Geschmack. Ausge­wogen, aber fordernd, jugend­lich frisch im Mund mit saftiger Säure, anhal­tender Länge und cremig schme­ckender Mousseux. Ideal zum musi­ka­li­schen Auftakt großer Ereig­nisse.

2018 O, NAMEN­LOSE FREUDE!

Im ersten Duft noch nicht ganz geöffnet. Dezent, zurück­hal­tend wirkt der erste nasale Eindruck des RIES­LING QBA, TROCKEN. Zitrus­früchte wie Pomelo, Limette und Manda­rine geben die ersten Takte vor. Im Mund tanzende, sprin­gende Säure, schlanke Struktur, mit flie­gendem Körper zur Leich­tig­keit neigend. Fein­gliedrig und perfekt geschliffen, unter­streicht diese Frische den leichten und zarten Charakter eines vermeint­lich einfa­chen Ries­lings.

2016 O, WELCHE WONNE!

Hell­gelb mit grünen Reflexen. Weiße Blüten, vor allem Akazie, Kasta­nien, Berga­motte. Cavaillon- und Honig­me­lone, Kaktus­früchte. Die ganz wunder­bare Frucht­fülle dieses RIES­LING SPÄT­LESE TROCKEN endet zum Finale in einem Potpourri vege­taler Genüsse. Ein raffi­nierter Stepp­tanz zwischen Säure und Frucht­süße spielt sich auf der Zunge ab. Der Gaumen wirkt wie ein Orches­ter­saal voller Leben, Tanz und Genuss, weil die Harmonie der zahl­rei­chen Kompo­nenten schnell zum Höhe­punkt findet.

2013 O, HIMM­LI­SCHES ENTZÜ­CKEN!

Gereiftes Stroh­gelb. Der RIES­LING SPÄT­LESE TROCKEN entwi­ckelt in der Nase lebhaftes Aroma. Helle Honig­töne, frische Apri­kose, Cox Orange, exoti­sche Frucht wie getrock­nete Ananas, Granat­ap­fel­kerne und Feigen. Leben­dige ausge­prägte Säure, präsent und fordernd mit mund­wäs­sernder Art. Lang anhal­tende Präsenz mit viel Nach­druck und pure Trink­freude. In Summe ein harmo­ni­sches Mitein­ander wie bei einem großen Orchester.

2011 O, WELCH EIN AUGEN­BLICK!

Das Weingut Krone auf dem steil aufra­genden Höllen­berg in Assmanns­hausen, der als
die berühm­teste deut­sche Rotwein­lage gilt

Gereiftes helles Karme­sinrot mit oran­ge­far­benen Reflexen zum Glas­rand. Schon die ersten Eindrücke in der Nase präsen­tieren das ausge­reifte Poten­zial des SPÄT­BUR­GUNDER, QBA, TROCKEN (Weingut Krone, Assmanns­hausen). Sanfte Wald­töne von feuchtem Laub, Moos, frische Wald­pilze, Lakritze, Zwetsch­ge­nmus. Versteckte Röst­aromen vom Holz, leichte Tabak­noten. Die Tannine sind reif, enden in einem geglückten Finale eines trink­reifen Pinot Noir bester Herkunft.

Fotos: Johannes Grau, Hamburg