Was ist hier gesucht?

Je lang­samer, desto besser

von CRESCENDO Redaktion

23. September 2020

Dieses verdammt lange, schier unerträgliche Dis. Es steht da einfach im Raum. Und will nicht verklingen. Und dann dieses Ais! Dieses nicht enden wollende Ais. Es klingt und klingt und klingt.

Dieses verdammt lange, schier uner­träg­liche Dis. Es steht da einfach im Raum. Und will nicht verklingen. Es scheint eher noch höhnisch zu fragen: Na, du kleiner Mensch, wat willste von mir? Und dann dieses Ais! Dieses nicht enden wollende Ais. Es klingt und klingt und klingt. Und verklingt eben nicht. Dazu noch dieses E – klar, das Zwei­ge­stri­chene. Was auch sonst. Es ist der schiere Wahn­sinn. Es hört einfach nicht auf. Und je länger man darüber nach­denkt, desto verrückter wird die ganze Sache. Die drei Töne bilden einen Drei­klang. Klingt ein biss­chen schief. So, als wäre er aus der Spur geraten. Aber es hat ja auch niemand behauptet, dass es schön ist. Es ist schon wahn­witzig, aben­teu­er­lich, monu­mental, revo­lu­tionär – das reicht doch wohl schon. Da muss es nicht auch noch schön sein. Oder besser gesagt, schön klingen.

Dieser stän­dige Ton

Das mit dem Klang fanden übri­gens auch die Nach­barn. Die haben sich schon beschwert. Es sei zu laut. Aber so eine Beschwerde ist von Nach­barn ja was ganz Neues. Dieser stän­dige Ton, sagten sie, das sei ja nicht zum Aushalten. Also musste ein Glas­kasten her. Aber – psssst! – den haben sie in der Zwischen­zeit längst schon wieder abge­baut. Beschwert hat sich seitdem aber keiner mehr. Ist auch eher unwahr­schein­lich, dass die Nach­barn noch mal vorbei­schauen. Das ist wie mit den Placebos. Haupt­sache, man glaubt daran.

Noch 600 Jahre

Fragt man in der Touristen-Infor­ma­tion nach den Sehens­wür­dig­keiten, hat die freund­liche Dame hinter dem Schalter zwei Antworten parat: Es gibt den Dom und den Rotmilan. Und sonst? Na, sonst gibt es hier nichts. Ach doch: Würst­chen. Aha! Aber der Kenner kennt den Weg: zu dieser uralten, leicht herun­ter­ge­kom­menen Klos­ter­kirche. Klin­geln muss man übri­gens im Pfarr­haus nebenan. In der Touristen-Infor­ma­tion gehen die Uhren halt manchmal ein biss­chen lang­samer. Aber ist ja auch kein Problem. Zeit bleibt ja noch genü­gend. So etwa 600 Jahre noch. Und in dieser Zeit kann man sich ja an alles gewöhnen. Gut, dass man es nicht eilig hat. Ganz im Gegen­teil. Je lang­samer, desto besser. Da zeigt es sich doch wieder einmal, dass sich Kompo­nisten genau über­legen sollten, welchen Titel sie ihrem Werk geben. Es könnte ja jemand auf die Idee kommen und das Ganze wört­lich nehmen – und daraus das längste Musik­stück der Welt machen. Aber die Würst­chen sind auch ganz lecker. Da wird sich die Dame in der Touristen-Infor­ma­tion freuen.

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Fotos: Verband Deutscher Naturparke/Fritz Bosch