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Lyrische Trostgesänge
10. Februar 2021
Kurz vor dem Osttransport gelang es meinem Mann, die Blätter mit den Liedtexten im Boden eines Geräteschuppens einzumauern.
Ich war ein aufgewecktes Kind einer jüdischen Familie, voller Energie und Ideen. Nach dem plötzlichen Tod meines Vaters musste ich meiner Mutter, die ihre Gesangskarriere zugunsten der Familie aufgegeben hatte, in der gepachteten Gastwirtschaft helfen. Immer mehr flüchtete ich mich in Fantasiewelten und schrieb erste Gedichte, Märchengeschichten und kleine Theaterstücke. Diese wurden in deutschen, tschechischen, österreichischen und Schweizer Zeitungen und Zeitschriften veröffentlicht. Ich heiratete 1930 und brachte zwei Söhne auf die Welt. Die politischen Ereignisse aber bereiteten mir immer mehr Sorgen. Schweren Herzens schickten wir unseren ältesten Sohn zu meiner alten Brieffreundin nach England. Die alltägliche Gefahr und finanzielle Not zwang uns, nach Prag umzusiedeln. Voller Angst und Zweifel waren die Briefe für meinen Sohn das Einzige, was ich in dieser Zeit schreiben konnte.
Deportation nach Theresienstadt
1942 wurde ich mit meiner Familie nach Theresienstadt deportiert und bei unserer Ankunft von ihr getrennt. Ich begann in der Kinderkrankenstube zu arbeiten und wieder Gedichte und Lieder zu schreiben. Singen und Musizieren war zwar kein Heilmittel, aber schenkte Erleichterung, Ablenkung und ein Lächeln auf den Gesichtern der Kinder. Ich verfasste lyrische Trostgesänge, sanfte Wiegenlieder für meine Schützlinge, zarte Naturschilderungen, jüdische Glaubensbekenntnisse, aber auch kämpferische Aufrufe und Schreie nach Vergeltung. Von meinen Texten und Volksliedern ging eine Heilkraft aus, die das Sammellager mit Trost und Hoffnung erfüllte.
Die Welt wird wieder zum Garten
Kurz vor dem Osttransport gelang es meinem Mann, die Blätter mit den Liedtexten im Boden eines Geräteschuppens einzumauern. Er kehrte als Auschwitzüberlebender zurück und grub mein lyrisches Werk aus. Er holte unser ältestes Kind wieder zu sich und gab lange die Hoffnung nicht auf, den Rest seiner Familie wiederzusehen. Doch ich hatte mich freiwillig gemeldet, als der Transport der Kinder bevorstand, und hatte sie zusammen mit meinem jüngsten Sohn nach Auschwitz begleitet. Ein letztes Mal hatte ich mit den Kindern gesungen: „Denn alles wird gut, denn alles wird gut, ertrag geduldig das Warten, vertraue der Zukunft, verlier nicht den Mut: Die Welt wird wieder zum Garten!“.
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