Dr. Goeths Kuriosa
An die „Unsterbliche Geliebte“
von Maria Goeth
6. Dezember 2018
Vielleicht nur ein einziges Mal war er der großen Liebe nahe, was sein Brief an die „Unsterbliche Geliebte“ belegt. Beethoven: das große Mysterium.
Ludwig van Beethoven: das große Mysterium
Vielleicht nur ein einziges Mal war Beethoven der großen Liebe nahe, was sein Brief an die „Unsterbliche Geliebte“ belegt. Wer aber war sie (oder er)? Warum wurde der Brief in einem Geheimfach von Beethovens Kleiderschrank gefunden? Wurde er nie abgeschickt? Wurde er zurückgegeben? War es ein Entwurf? Bis heute raufen sich Forscher die Haare darüber aus, sammeln akribisch Indizien. Allein schon um den Brief zu datieren wurden massenweise Wetterdaten ausgewertet: Der beschriebene Fahrzeugschaden deutet auf Schlechtwetter hin. Dank des Tagebuchs von Johann Wolfgang von Goethe lässt sich solches für den fragwürdigen Tag im Jahr 1812 nachweisen.
Eine spätere Wasserzeichenanalyse des Papiers bestätigt das. Mindestens 13 Adressatinnen und Adressaten für Beethovens große Leidenschaft wurden diskutiert, darunter die ungarische Gräfin Josephine von Brunsvik und Antonie Brentano, die Schwägerin der Schriftsteller Clemens Brentano und Bettina von Arnim. Für wen auch immer der Brief bestimmt war: Beethoven blieb bis zu seinem Tode Junggeselle.
Mein Engel, mein Alles, mein Ich!
Nur einige Worte heute. (…) Erst bis morgen ist meine Wohnung sicher bestimmt: welcher nichtswürdige Zeitverderb in dergleichen! Warum dieser tiefe Gram, wo die Notwendigkeit spricht? – Kann Liebe anders bestehn als durch Aufopferungen, durch Nicht-alles-verlangen? Kannst Du es ändern, dass Du nicht ganz mein, ich nicht ganz Dein bin? (…) Die Liebe fordert alles und ganz mit Recht; so ist es mir mit Dir, Dir mit mir – Nur vergisst Du so leicht, dass ich für mich und für Dich leben muss – Wären wir ganz vereinigt, Du würdest dies Schmerzliche ebenso wenig als ich empfinden. –
Meine Reise war schrecklich – ich kam erst morgens vier Uhr gestern hier an. Da es an Pferden mangelte, wählte die Post eine andere Reiseroute, aber welch schrecklicher Weg! Auf der vorletzten Station warnte man mich, bei Nacht zu fahren, machte mich einen Wald fürchten, aber das reizte mich nur – und ich hatte unrecht. Der Wagen musste bei dem schrecklichen Wege brechen, grundlos, bloßer Landweg. Ohne vier solcher Postillione, wie ich hatte, wäre ich liegen geblieben unterwegs. Esterházy hatte auf dem andern gewöhnlichen Wege hierhin dasselbe Schicksal mit acht Pferden, was ich mit vier. – Jedoch hatte ich zum Teil wieder Vergnügen; wie immer, wenn ich was glücklich überstehe. – Nun geschwind zum Innern vom Äußern! Wir werden uns wohl bald sehen. Auch heute kann ich Dir meine Bemerkungen nicht mitteilen, welche ich während dieser einigen Tage über mein Leben machte. – Wären unsre Herzen immer dicht aneinander, ich machte wohl keine dergleichen. Die Brust ist voll, Dir viel zu sagen. – Ach, es gibt Momente, wo ich finde, dass die Sprache noch gar nichts ist. – Erheitere Dich – bleibe mein treuer, einziger Schatz, mein Alles wie ich Dir. Das Übrige müssen die Götter schicken, was für uns sein muss und sein soll.
Dein treuer Ludwig
6. Juli (vermutlich des Jahres 1812 in Bad Teplitz)