Ein Anruf bei Ricarda Fuss vom Arcis Saxophon Quartett

Als Saxo­fo­nistin in Saudi-Arabien

von Maria Goeth

8. Februar 2018

Ein Anruf bei Ricarda Fuss vom Arcis Saxophon Quartett, die sich als unverheiratete Frau auf eine Tournee nach Saudi-Arabien begab.

Ein Anruf bei Ricarda Fuss vom Arcis Saxo­phon Quar­tett, die sich als unver­hei­ra­tete Frau auf eine Tournee nach Saudi-Arabien begab.

crescendo: Frau Fuss, gerade kommen Sie von einer Tournee mit vier Konzerten in Saudi-Arabien zurück. Wie kam es dazu?

Ricarda Fuss: Im Sommer hatten wir auf Kultur einen kleinen Radio­bei­trag. Der deut­sche Gene­ral­konsul in Tsch­idda stand – gerade auf Deutsch­land­be­such – auf der Auto­bahn im Stau, hörte uns und war so begeis­tert, dass er uns sofort formlos auf Face­book anschrieb und zu Konzerten in Saudi-Arabien einlud.
Wie aufwendig war es mit den Papieren?
Für den Konsul war es ein Riesen­auf­wand, er musste mehrere Instanzen durch­laufen. Weil ich eine Frau und unver­hei­ratet bin und somit keinen männ­li­chen Vormund habe. Tourismus-Visa gibt es nicht. Wir mussten zur Botschaft in und haben erst wenige Stunden vorher Bescheid bekommen, dass es klappt. Fast wäre es schief­ge­gangen!

Wie war es vor Ort?

Am Flug­hafen wurde mir eine Abaya gebracht, ein boden­langes isla­mi­sches Gewand. Das musste ich im öffent­li­chen Raum anziehen. Ein Kopf­tuch musste ich nicht tragen, das ist seit circa einem Jahr keine Pflicht mehr. Das Hotel- und Konzert­pu­blikum war sehr inter­na­tional. Aber wir sind viel spazieren gegangen. Da fielen wir natür­lich auf, da etwa 95 Prozent der Frauen voll­ver­schleiert sind. Allein herum­zu­laufen hätte ich mich nicht getraut.

Wissen Sie die Frei­heit in Europa jetzt mehr zu schätzen?

Nach einer Woche war ich total froh, wieder hier zu sein und meine Frei­heit zu genießen. Obwohl ich das mit der Abaya anfangs nicht so schlimm fand, hat es mich irgend­wann doch gestresst, immer gleich auszu­sehen und bei 30 Grad darunter zu schwitzen. Sich selbst morgens auszu­su­chen, was man trägt, ist Ausdruck der eigenen Persön­lich­keit! Im Hotel war ein sehr schöner Pool- und Spa-Bereich – nur für Männer. Während die anderen am Pool lagen, musste ich im Hotel­zimmer sitzen! Dennoch war es eine tolle Erfah­rung, diese Kultur kennen­zu­lernen.

Schon in Deutsch­land sind Sie als Saxo­fo­nistin die Minder­heit…

Mir selbst fällt das gar nicht so auf. Wobei nach Konzerten regel­mäßig Zuhörer – meis­tens ältere Herr­schaften – kommen und fragen, wie ich als Frau die Kraft habe, so ins Saxofon zu blasen, was mit Geschlecht und Körperbau gar nichts zu tun hat. Aber in den Köpfen der Leute sind Blas­in­stru­mente eher was für Männer.

Auch als Ensemble, das Saxofon mehr in der klas­si­schen Musik etablieren will, sind Sie Teil einer Minder­heit…

Ja, es gibt nur sehr wenige klas­si­sche Werke für Saxo­fon­quar­tett. Nach wie vor wissen die Leute nicht, was sie in unseren Konzerten erwartet. Sie kommen mit falschen Erwar­tungen – Saxofon verbinden die meisten haupt­säch­lich mit Jazz – oder gar keinen. In jedem Fall ist es immer eine Über­ra­schung … und wir haben nach dem Konzert noch nie eine nega­tive Stimme dazu gehört!

Infos zum unter www​.arcis​sa​xo​phon​quar​tett​.de

Fotos: privat