Sigi Schwab

Sigi Schwab

Der Meister der Gitarre ist tot.

von Ruth Renée Reif

16. Januar 2024

Sigi Schwab, der Meister der Gitarre ist tot. Er starb mit 83 Jahren nach langer Krankheit am vergangenen Donnerstag, 11. Januar in München. Lesen Sie hier unser Porträt anlässlich seines 80. Geburtstags 2020.

ist einer der viel­sei­tigsten und umtrie­bigsten Musiker und als Meister der Gitarre eine Legende. Vom Barock bis zur Gegen­wart erstreckt sich sein musi­ka­li­sches Spek­trum. Leiden­schaft­lich für sein Instru­ment bren­nend, ist er seit Jahr­zehnten unter­wegs, arbeitet an mehreren Projekten gleich­zeitig und spielt in unter­schied­li­chen Forma­tionen. Seine Schall­platten wurden längst zu Samm­ler­stü­cken. Zahllos sind die Musiker, mit denen er auf der Bühne und im Studio stand. Heute feiert er seinen 80. Geburtstag.

Begonnen hat Sigi Schwab seine Lauf­bahn rockig und jazzig. Geboren als Sieg­fried Schwab in am Rhein, wirkte er bereits während seines Studiums an der Musik­hoch­schule in der lokalen Musik­szene. Er rockte mit dem 2016 verstor­benen Gitar­risten Hans Reffert und widmete sich im Quar­tett mit dem 2011 verstor­benen Pianisten Wolf­gang Lauth, dem Bassisten Wolf­gang Wagner und dem Drummer Horst Seidel­mann dem Cool Jazz. Damals bereits erwachte jedoch auch seine Begeis­te­rung für Barock­musik. Denn das Wolf­gang-Lauth-Quar­tett befasste sich intensiv mit baro­cken Klängen. 1967 brachte Sigi Schwab bei Philips das Album „The Fabu­lous Guitar. From Bach to Almeida“ heraus, dem zwei Jahre später „Bacha­rach Baroque“ mit dem 18th Century Ensemble folgte.

Brücken­schlag zu anderen musi­ka­li­schen Welten

Sigi Schwab mit dem Sitar
Sigi Schwab spielt auf dem Sitar, der indi­schen gezupften Lang­hals­laute.

Noch im selben Jahr erschloss er sich mit dem jüngst verstor­benen Pianisten Wolf­gang Dauner und dem Bassisten Eber­hard Weber mit indi­schen Klängen ein weiteres musi­ka­li­sches Feld. Auf dem Album „The Oimels“ spielte er die indi­sche gezupfte Lang­hals­laute Sitar. Unter der Bezeich­nung „Psycho­delic-Jazz-Pop“ wurde das Album 2007 wieder aufge­legt. Mit der eben­falls 1969 von dem Multi­in­stru­men­ta­listen Chris­tian Burchard gegrün­deten Jazz­rock- und Welt­musik-Band Embryo nahm Sigi Schwab 1972 das Album „Father, Son and Holy Ghost“ auf und spielte neben verschie­denen Gitarren das altin­di­sche Zupf­in­stru­ment Vina.

Mitten im swin­genden Geschehen

Die Alben von Sigi Schwab sind längst zu Samm­ler­stü­cken geworden: „The Oimels“, ein psycho­de­li­sches Jazz-Pop-Abum aus 1969

Die 60er-Jahre waren aber auch die große Zeit der Rund­funk-Bigbands, und Sigi Schwab befand sich mit seiner Gitarre mitten im swin­genden Geschehen. 1965 folgte er einem Enga­ge­ment der RIAS Bigband Berlin. Auch im Südfunk-Tanz­or­chester, das Erwin Lehn beim Süddeut­schen Rund­funk in gegründet hatte und zu einer Bigband formte, wirkte er mit. Keine Tanz­ver­pflich­tungen hatte die von Kurt Edel­hagen beim WDR in ins Leben geru­fene Bigband. Die Musiker konnten sich ausschließ­lich auf den Jazz konzen­trieren. Sigi Schwab war als Gast dabei. Und auch die Rhythm Combi­na­tion & Brass des Posau­nisten Peter Herbolz­heimer sowie das Quar­tett des Saxo­fo­nisten Klaus Doldinger schätzten Sigi Schwabs Gast­auf­tritte. Auf den Alben „My Kind of Suns­hine“ und „Wait­ami­nute“ ist die Zusam­men­ar­beit mit Herbolz­hei­mers Band verewigt.

Ein eigenes Tonstudio

Vertieft ins eine Gitarre: Sigi Schwab
Vertieft in die Gitarre und seine Musik: Sigi Schwab spielt eine Eigen­kom­po­si­tion.

Bereits 1965 begann Sigi Schwab als Studio­mu­siker zu arbeiten und spielte im Verlauf von 20 Jahren 15 000 Titel ein. Ende der 80er-Jahre konnte er sich ein eigenes Tonstudio einrichten. Er hatte in den 70er-Jahren begonnen, Film­mu­siken zu schreiben, unter anderen für den Kino­film Ein Winter­mär­chen und die Fern­seh­ver­fil­mung von E.T.A. Hoff­manns Novelle Das Fräu­lein von Scuderi sowie die Fern­seh­se­rien Anna, Laura und Luis und Clara. Der von dem 1994 früh verstor­benen Sänger Guil­lermo Marchena vorge­tra­gene Titel My Love is a Tango aus der Fern­seh­serie Anna wurde ein solcher Erfolg, dass die Tantiemen Sigi Schwab Unab­hän­gig­keit schenkten.

Sere­naden und Walzer

Sigi Schwab im Diabelli Trio
Sigi Schwab im Diabelli Trio mit dem Flötisten Willy Frei­vogel und dem Brat­schisten Enrique Sant­iago
(Foto: © Carl­heinz Heit­mann)

Der klas­si­schen Musik wandte Sigi Schwab sich mit dem Flötisten Willy Frei­vogel und dem Brat­schisten Enrique Sant­iago im Diabelli Trio zu. 1979 gab das Trio sein Debüt bei den Ludwigs­burger Schloss­fest­spielen. Es folgten eine rege Konzert­tä­tig­keit, Aufnahmen für den Rund­funk und Schall­plat­ten­ein­spie­lungen wie die Alben „Wiener Sere­nade“ und „Kost­bar­keiten des Bieder­meiers“. Im Jahr 2000 brachte das Trio das Album „Walzer“ heraus.

Liebe zur Barock­musik

Sigi Schwab im Trio Barocco Vivente
Sigi Schwab im Trio Barocco Vivente mit dem Flötisten Andreas Frei­vogel und dem Oboisten Andreas Vogel
(Foto: © Brigitte S. Kinder­mann)

Seine Liebe zur Barock­musik lebt Sigi Schwab mit dem Trio Barocco Vivente. Neben dem Flötisten Andreas Frei­vogel und dem Oboisten Andreas Vogel über­nimmt er mit seiner Gitarre den Part des Conti­nuo­in­stru­ments.

Camerata Bavarese
Eine Verschmel­zung verschie­dener Musik­stile: Sigi Schwab mit Ramesh Shotham, Klaus Hampl und Reza Askari-Motlagh in der Came­rata Bava­rese
(Foto: © Johann Dirsch)

2015 fand Sigi Schwab sich mit dem Klari­net­tisten Klaus Hampl, dem Perkus­sio­nisten Ramesh Shotham und dem Bassisten Reza Askari-Motlagh zur Came­rata Bava­rese zusammen. Gemeinsam wollen sie eine Renais­sance der Came­rata Fioren­tina aus der Taufe heben, zu der sich vor 400 Jahren hoch­ka­rä­tige Künstler zusam­men­ge­schlossen hatten.

Sigi Schwab und Klaus Hampl
Zwei Meister im fein­sin­nigen musi­ka­li­schen Dialog: Sigi Schwab und Klaus Hampl

A Due heißt es, wenn Sigi Schwab mit dem Klari­net­tisten Klaus Hampl ein virtuoses musi­ka­li­sches Zwie­ge­spräch führt.

Sigi Schwab im Duo Mandala mit dem Perkussionisten Ramesh Shotham
Sigi Schwab im Duo Mandala mit dem Perkus­sio­nisten Ramesh Shotham

Und im Duo Mandala mit dem Perkus­sio­nisten Ramesh Shotham hält Sigi Schwab den indi­schen Klängen die Treue. Shotham hatte sich zunächst für west­liche Rock­musik begeis­tert, ehe er auf seine Wurzeln gestoßen wurde und südin­di­sche Trom­mel­kunst studierte.

Und immer wieder Guita­ris­simo

Sigi Schwab mit Peter Horton
Guita­ris­simo: zwei Gitar­risten, die einander inspi­rieren und beflü­geln: Sigi Schwab und Peter Horton

Zu Sigi Schwabs legen­dären Einspie­lungen gehört das Album „Guita­ris­simo“. Der Titel stammt aus einer Fern­seh­sen­dung, in der Sigi Schwab und der Gitar­rist Peter Horton spontan mitein­ander musi­zierten und einen Sturm der Begeis­te­rung auslösten. 1978 brachten die das Album heraus und zwei Jahre darauf ließen sie „Guita­ris­simo – Confiança“ folgen.

Guitarissimo XL
Guita­ris­simo XL: Sigi Schwab und Peter Horton mit dem Schlag­zeuger Andreas Keller und dem Bassisten Tommi Müller
(Foto: © Marc Dieten­meier)

2012 entschloss sich Solo Musica zu einer Neuauf­lage, die die besten Stücke beider Alben vereinte. 2014 erneu­erten Sigi Schwab und Peter Horton ihr Kult-Duo und erwei­terten es um den Schlag­zeuger Andreas Keller und den Bassisten Tommi Müller. Das Ergebnis war „Guita­ris­simo XL“.

Fotos: Alfred Michel