Patricia Kopatchinskaja u.a.

Was zieh’ ich nur an?

von Jens Laurson

6. Juni 2019

Was zeichnet die ideale Bühnenkleidung aus? Instrumentalisten berichten von ihren Erfahrungen, Vorlieben und Wünschen.

Man könnte Bücher schreiben über die Mode­be­dürf­nisse von so manchem Künstler und Kompo­nisten. In Wagners Fall ist das auch geschehen, nämlich in den „Briefen Richard Wagners an eine Putz­ma­cherin“ (1906), heraus­ge­geben und herr­­lich-bösartig kommen­tiert vom Wiener Jour­na­listen Daniel Spitzer. Der Meister wälzt sich gera­dezu in Ballen von rosa Seide. Andere halten es etwas weniger extra­va­gant, wohl aber sehr persön­lich, wie zum Beispiel Patricia Kopachin­skaja, die ihre eigene Version der Japa­ni­schen Wabi-Sabi Aesthetik entdeckte. Oder Franz Liszt, der von seinem Zeit­ge­nossen Ferdi­nand Denis als „sehr nach­lässig in seiner Klei­der­wahl“ beschrieben wurde: „Sein Jacket sieht aus wie gerade irgendwie um die Schul­tern geschmissen, Hals­tuch trägt er keines – nur einen schmalen weißen Kragen…” Das geht schon deut­lich weiter als die subtile aber elegante Einfach­heit, wie Dina Ugor­skaja sie pflegt.

Die Hoheit des Unschein­baren

Patricia Kopatchinskaja
Patricia Kopatchinskaja: „Wie in der Musik, so finde ich auch bei Klei­dern eine zu perfekte Ober­fläche unin­ter­es­sant. Ich möchte expe­ri­men­tieren mit Anspie­lungen, Mate­ria­lien, Formen und Imper­fek­tion. Ohne die japa­ni­sche Tradi­tion des Wabi-Sabi gekannt zu haben, fand ich für mich meine eigene Ästhetik der ‚Hoheit, die sich in der Hülle des Unschein­baren verbirgt‘.“

Schicke Diva

Olga Peretyatko
Olga Peret­yatko: „Wenn die Leute mich als schicke, aber doch natür­liche Diva sehen möchten, habe ich eine ganze Reihe Kleider anzu­bieten. Sonst habe ich 30 Paar Jeans.“

Schlichte Eleganz

Linus Roth
Linus Roth: „Ich mag die klare Linie und schlichte Eleganz der italie­ni­schen Mode­firma, die mit zwei Buch­staben abge­kürzt wird. Smokings wie Anzüge lasse ich aller­dings immer etwas ändern – für mehr Armfrei­heit beim Geigen wird ein Stück Stoff an Ärmeln und Rücken­partie einge­setzt. Eine Fliege wäre nicht nur im Weg, ich brauche den direkten Kontakt zur Geige am Hals. Deswegen trage ich im Konzert am Liebsten ein einfa­ches schwarzes T‑Shirt mit V‑Ausschnitt darunter.“

Alters­an­gabe Schleppe

Arabella Steinbacher
Arabella Stein­ba­cher: „An der Schleppe meiner Kleider merke ich immer das Alter der Diri­genten: je älter desto häufiger treten sie drauf.“

Stets bereit für einen Drink

Ivan Ilić

Ivan Ilić: „Immer so anziehen, dass, wenn einem hinterher jemandem aus dem Publikum über den Weg läuft, selbige einen auf ’nen Drink einladen wollen.“

Auf Distanz zum Klischee

Anneleen Lenaerts
Anne­leen Lenaerts: „Als Harfe­nistin ist es schwierig genug, das Klischee der engels­glei­chen Harfe auf Distanz zu halten. Aber in erster Linie will ich mich hinter meiner Harfe wohl fühlen, und ich hoffe einfach, dass meine Kleider modern sind und Lebens­freude ausstrahlen. Und es darf auf keinen Fall etwas sein, was sich in meinen Pedalen verhed­dert!“
Fotos: Gstaad Menuhin Festival, Julia Wesely, Dan Carabas, Sammy Hart, Martin Teschner, Marco Borggreve