Dennis Russell Davies

Dennis Russell Davies

Ein langer Weg

von Florian Amort

11. Januar 2024

»Die Propheten« war das letzte vollendete Werk Kurt Weills, bevor er Europa in Richtung USA verließ, und auch seine letzte Vertonung eines deutschen Textes. Musikalisch ein Rückblick und zugleich Ausblick auf sein Werk.

Als am 7. Januar 1937 im Manhattan Opera House nach zahl­rei­chen Hinder­nissen endlich das monu­men­tale Bibel­spiel Der Weg der Verhei­ßung, ein Groß­pro­jekt von Franz Werfel (Text), Kurt Weill (Musik) und Max Rein­hardt (Insze­nie­rung), in engli­scher Über­set­zung als The Eternal Road urauf­ge­führt werden konnte, musste der vierte und letzte Teil Die Propheten aus Zeit­gründen fast voll­ständig gestri­chen werden. Erst 61 Jahre später, am 28. Mai 1998, erfolgte durch ein erst­klas­siges Sänger­ensemble, den Wiener Jeunesse-Chor und das ORF Radio-Sympho­nie­or­chester Wien unter der Leitung von Dennis Russel Davies die über­fäl­lige Urauf­füh­rung dieses Teils – sogar in deut­scher Origi­nal­sprache.

Und wiederum 25 Jahre später scheint nun bei Capriccio ein Mitschnitt des Konzerts. Im Gegen­satz zu einer High­light-Einspie­lung durch Gerard Schwarz 2003 wählt Davies getra­ge­nere Tempi, gibt aber dadurch den Sängern rund um Albert Dohmen (Jere­mias), Michael Papst (Jesaja) und Kurt Azes­berger (Rabbi) genü­gend Zeit zur Arti­ku­la­tion. Und anders als in der von Ed Harsh für den heutigen Spiel­be­trieb ange­passten, aller­dings wegen des stark orato­rien­ar­tigen Duktus eher diskus­si­ons­wür­digen Einrich­tung des Werks sind hier erst­mals auch die Dialog­szenen und die musi­ka­li­schen Einwürfe umfas­send doku­men­tiert. Sie machen mehr als neugierig, das ganze Bibel­spiel in seiner ursprüng­li­chen Gestalt zu hören. Ferner gibt es auf dem Album Weills Vier Walt-Whitman-Lieder in einer Inter­pre­ta­tion mit zu entde­cken.

Fotos: Reinhard Winkler