Nitai Hershkovits

Nitai Hershkovits

Magie im Moment

von Ralf Dombrowski

15. Februar 2024

Der Pianist und Komponist Nitai Hershkovits präsentiert mit seinem Solo-Debüt »Call on the Old Wise« kraftvollen Einfallsreichtum durch weitgehend improvisierte Aufnahmen am Klavier.

Irgend­etwas muss anders gewesen sein als sonst. Jeden­falls kam Nitai Hersh­ko­vits an einem Tag im Juni 2022 ins Audi­torio Stelio Molo RSI in Lugano, setzte sich an den Flügel und ließ die Musik wachsen. Natür­lich war er vorbe­reitet, geplant aber hatte er nichts. Sein Solo-Debüt sollte dem Augen­blick folgen, einer Inspi­ra­tion auf der Basis seiner Jahre, die er beispiels­weise in den Bands des Bassisten Avishai Cohen oder des Saxo­pho­nisten Oded Tzur verbracht hatte. Er stellte sich auch eine Widmung an seine frühere Mentorin Suzan Cohen vor, der er am Ende den Album-Titel „Call on the Old Wise“ zudachte. Davon abge­sehen blieb alles dem Moment über­lassen. Das Programm nahm er ohne große Unter­bre­chungen auf, nur wenig Nach­be­ar­bei­tung war nötig. Und es wurde ein erstaun­lich emoti­ons­dichtes, zugleich ernstes und humor­volles Recital in 18 Kapi­teln voller Bezüge – von der jüdi­schen Klang­kultur über impres­sio­nis­ti­sche Klavier­farben bis hin zur Abstrak­tion impro­vi­sie­render Linien. Nitai Hersh­ko­vits wirkt dabei ebenso skiz­zen­haft wie ausge­feilt, ein musi­ka­li­scher Gedan­ken­strom auf der Basis detail­fe­iner Pianistik. Ein beson­derer Moment der Einge­bung, ein heraus­ra­gendes Album.

Fotos: Hila Chen