Künstler privat

Herbert Schuch

von CRESCENDO Redaktion

25. Dezember 2022

Als »Ausdrucksjunkie« wurde er bereits betitelt, und genau das ist es wohl, was der international gefragte Pianist Herbert Schuch meint, wenn er sagt, er wollte Musik nicht nur zum Klingen, sondern auch zum Sprechen bringen.

Name: Herbert Konstantin Theodor Schuch

Geburtsdatum: 13. September1979

Geburtsort: Timisoara /​Temeschburg/​Temesvár

Wohnort: Köln, links­rhei­nisch / Colonia Agrip­pina

Lebenspartner/in: Gülru Ensari

Kinder: Tochter Kayra

Sternzeichen: Jung­frau

Wie fühlen Sie sich gerade?
Am Nach­mittag vor einem Konzert: meis­tens eine Mischung aus Müdig­keit, Anspan­nung und Energie

Ihre charakteristischste Eigenschaft?
Es allen recht machen zu wollen

Was inspiriert Sie?
Meine Tochter, die großen Kompo­nisten und ihre Werke, sich mit anderen Menschen auszu­tau­schen. Und last but not least: meine Frau!

Was nehmen Sie sich immer wieder vor?
Ordent­li­cher zu werden

Was würde niemand von Ihnen vermuten?
Dass ich Wutan­fälle bekomme

Welche natürliche Gabe hätten Sie gern?
Ein Aufschneider zu sein, sich immer gut zu finden. Stelle ich mir sehr hilf­reich vor in diesem Beruf.

Ein großes „Beinahe“ in Ihrem Leben?
Beinahe wäre ich auf die Ballett­schule in Rumä­nien geschickt worden, bevor ich mit Klavier anfing.

Ihre Vorstellung von Glück?
Immer wieder: mit anderen befreun­deten Musi­kern auf der Bühne zu stehen. Zeit mit der Familie genießen. Was beides mitein­ander verbindet: im Moment zu sein.

Was wäre für Sie das größte Unglück?
Als Eltern­teil eigent­lich immer, dass etwas mit dem eigenen Kind passiert. Eine abge­schwächte Vari­ante: dass das eigene Kind einem (zu Recht) aus einem Grund böse werden sollte.

Was wollten Sie als Kind werden?
Ich hatte keine exqui­siten Ambi­tionen.

Wobei bzw. wann werden Sie schwach?
Wenn eine gute Flasche Wein auf dem Tisch steht.

Ihr größtes Talent?
Mich auf meine Arbeit gut konzen­trieren zu können

Was können Sie gar nicht?
Konflikte offen und sofort lösen und sie im Vorfeld schon erkennen

Woran zweifeln Sie am meisten?
Dass ich gut vorbe­reitet bin auf das nächste Konzert

Wovor haben Sie Angst?
Schon eine gewisse Grund­angst, was unsere allge­meine Zukunft angeht. Wie werden wir in 20 Jahren leben? Und: werden unsere Kinder uns so beschul­digen, nichts gegen die Klima­krise getan zu haben, wie die 68er ihren Eltern vorge­worfen haben, nicht genug gegen die Nazis getan zu haben? Ich weiß, beides ist schwer zu verglei­chen, aber irgendwie sind wir gerade auch ein wenig Mitläufer.

Was ertragen Sie nur mit Humor?
Aufge­bla­sene Charak­tere, den Werbe­sprech der Musik­in­dus­trie

Welche Fehler entschuldigen Sie am ehesten?
Ich bin meis­tens nach­sichtig.

Ihre originellste Ausrede?
Falls mir jemand tech­ni­sche Unzu­läng­lich­keiten vorwerfen sollte: Als junger Musiker macht man sein Hobby zum Beruf. Wenn man älter wird, macht man irgend­wann den Beruf wieder zum Hobby (Habe diese Ausrede aber bis jetzt nie anwenden müssen, Gott­sei­dank).

Welche Hoffnung haben Sie aufgegeben?
Wieder einen Wasch­brett­bauch zu haben wie mit 18.

Das Credo Ihres Lebens?
Das Selbst­ver­ständ­liche immer wieder aufs Neue zu feiern. Jeden Tag bewusst zu leben. Ich muss aber gestehen, dass es schwer fällt. Deswegen: Übung macht den Meister.

Ihre Lieblingsbeschäftigung/Ihr Hobby?
Siehe oben

Ihr Lieblingsland?
Italien

Ihre Lieblingsstadt?
Istanbul

Ihr Lieblingsgericht?
Das meiste aus dem medi­ter­ranen Raum

Ihr Lieblingsgetränk?
Wein

Ihr Lieblingstier?
Ich finde die Viel­falt der Fische immer wieder erstaun­lich.

Ihre Lieblingsblumen?
Ich muss aufgeben.

Das beste Konzert Ihres Lebens?
Immer dasje­nige, in dem ich einer­seits mit dem Werk zur Einheit werde, sich aber auch noch spontan etwas neues beim Spielen ergibt, die Kommu­ni­ka­tion mit dem Publikum da ist und viel­leicht der eine oder andere Besu­cher sich von dem Konzert ergriffen fühlt. Da muss also schon einiges zusam­men­kommen.

Ihr beglückendster musikalischer Moment?
In letzter Zeit: ein kombi­niertes Solo/Duo-Konzert beim Heidel­berger Früh­ling mit Daniel Müller-Schott. Wir mussten impro­vi­sieren, da es ein Einspringer war. Nach der langen Corona-Ödnis gab es auf einmal wieder einen komplett vollen Saal. Diese Ener­gie­über­tra­gung zu spüren, war schon einzig­artig.

Was bedeutet Ihre Kunst für Sie?
Sich durch und mit der Kunst auf umfas­sende Weise mit dem Leben zu beschäf­tigen

Der beste Auftritt Ihres Lebens?
Ich hoffe immer, das es der nächste Auftritt wird.

Gibt es Rituale für ein gelingendes Konzert?
Essen, schlafen, üben. Ein paar Bananen und eine gemüt­liche Couch und ein E‑Piano hinter der Bühne können im Notfall schon reichen.

Die Minuten vor dem Auftritt?
Warten und hoffen, dass es bald losgeht.

Und die Zeit danach?
Fliegen, schweben, lachen.

Ihr größtes musikalisches Missgeschick?
Da gibt es Einiges, was ich auf CD fest­ge­halten habe. Mein „Carnaval“ von Schu­mann, meine Schu­bert „Sonate D 664“, das ist mir persön­lich schon unan­ge­nehm. Manche finden es trotzdem groß­artig, das erleich­tert sehr!

Welche Musik mochten Sie als Kind/als Jugendlicher?
Nirvana, Rage against the machine, Cypress Hill, Fettes Brot – ich war recht normal in der Hinsicht.

Ein Werk, das Ihr Leben verändert hat?
Brahms‘ „1. Sinfonie“. Die Musik hat mich unglaub­lich gepackt. Ich war so begeis­tert, dass ich mit 13 das komplette Werk analy­sieren wollte, das war inter­es­sant.

Welche Person/welches Ereignis hat Sie als Musiker/in maßgeblich geprägt und warum?
Alfred Brendel, er hat mir aufge­zeigt wie man sich über ein halbes Jahr­hun­dert vorwärts entwi­ckelt. Manche Kollegen entwi­ckeln sich ja zurück, das will ich gerne vermeiden.

Welches Werk wollen Sie unbedingt noch aufführen?
Die „Gold­berg-Varia­tionen“ von Bach.

Wann haben Sie zuletzt bei Musik geweint?
Ich bin nicht so nah am Wasser gebaut, aber bei Bruckner „7″ mit den Wiener Phil­har­mo­ni­kern unter Muti und Bachs „Matthäus-Passion“ unter Herre­weghe war ich schon nah dran.

Mit welcher/m Musiker/in der Vergangenheit würden Sie gern einen Abend verbringen?
Franz Liszt

Welche Künstler beeindrucken Sie?
Dieje­nigen, die nicht jeder Mode nach­rennen, sondern sich mit der Musik beschäf­tigen und diese ernst nehmen.

Welches Musikerklischee würden Sie gern geraderücken?
Wahr­schein­lich ist in jedem Klischee ein wenig Wahr­heit, inso­fern lassen wir die mal alle stehen.

Kuriose Orte, an denen Sie musiziert/geübt haben?
Ein 100 Jahre altes Kino in Panama mit einem Flügel, der wahr­schein­lich auch so alt war…

Welche drei Musikstücke würden Sie auf die berühmte Insel mitnehmen?
„Das Wohl­tem­pe­rierte Klavier“ von Bach, die „Missa Solemnis“ von Beet­hoven und die „h‑Moll Messe“ von Bach. Also Parti­turen, die erst einmal verstanden werden wollen. Man hat ja dann viel Zeit allein auf der Insel und auch mal schlechtes Wetter, wo man nicht in der Sonne liegen kann und die Partitur dankbar studiert.

Wenn morgen die Welt unterginge, welche Musik würden Sie spielen/singen?
Sicher auch was von Bach, lang­same Sätze von Beet­hoven, die ich nicht gut kenne. Man sollte für den Fall des Welt­un­ter­gangs immer vier­hän­dige Bear­bei­tungen von sinfo­ni­schen und reli­giösen Werken parat haben, ich will in so einer Situa­tion nicht Klavier­musik spielen und dann an meine Inter­pre­ta­tion denken müssen …

Wenn Sie nicht Ihr Instrument spielen bzw. singen würden, welches würden Sie wählen?
Cello wäre schön.

Gibt es weitere Interessen/Leidenschaften neben der Musik?
Ich liebe es, Spra­chen zu lernen. Mein Türkisch wird langsam annehmbar, das freut mich.

Ihr persönlicher Bühnenalbtraum?
Ich komme auf die Bühne, um ein Brahms Konzert zu spielen, und stelle dann fest, das ich eine Geige in der Hand habe und das Brahms Violin­kon­zert im Vertrag stand. So oder ähnlich habe ich schon geträumt …

In welchem Jahrhundert hätten Sie gern gelebt?
Gerne lang und im vollen Bewusst­sein zwischen 1750 und 1850.

Welche historischen Figuren bewundern Sie?
Menschen, die wirk­lich etwas für die Entwick­lung der Mensch­heit getan haben, und nicht dieje­nigen, die andere umge­bracht haben und nun „histo­ri­sche Figuren“ sind.

Und welche lebenden Menschen?
Da möchte ich gerne im privaten Bereich bleiben, ich bewun­dere gerne Menschen, die ich wirk­lich gut kenne.

Was ist Ihr Seelenort?
Da bin ich flexibel, wenn ich Freunde um mich herum habe, bei denen es sich vertraut anfühlt.

Gibt es einen Sehnsuchtsort?
Es gibt ein paar Land­schaften, die man auf dem Weg zwischen Salz­burg und Rosen­heim sieht, die para­die­sisch aussehen. Immer nur aus der Ferne zu sehen, nie dort gewesen: das ist wohl Sehn­sucht.

Wofür würden Sie Ihr Leben opfern?
Wahr­schein­lich für meine Tochter.

Wenn es schon sein muss: Wie und wo würden Sie gern sterben?
Auf jeden Fall ungern im Kran­ken­haus. Auf der Bühne wäre toll, dann kommt man zumin­dest mal in die BILD-Zeitung.

Wie soll man sich an Sie erinnern?
Wie sagte es Alfred Brendel so schön: Jeder ist froh, etwas zu hinter­lassen, auch wenn es nur eine Lücke ist.

Was möchten Sie Ihren Kindern mit auf den Weg geben?
Gebor­gen­heit, Stärke, Selbst­ver­trauen

Wie sieht ein gelungener Tag in Ihrem Leben aus?
Ein schönes Konzert um 11 Uhr vormit­tags. Danach den rest­li­chen Tag genießen, gerne mit Familie und Freunden.

Welcher Illusion geben Sie sich gern hin?
Dass mein Haar­aus­fall stoppen wird.

Welche Frage stellen Sie am liebsten anderen?
Ich finde es immer inter­es­sant, wie und wo andere Menschen wohnen.

Womit haben Sie Ihr erstes Geld verdient?
Ich vermute, mit dem Klavier­spielen.

Was haben Sie – neben Schlüssel und Handy – immer dabei?
Meis­tens meine Brief­ta­sche, es seid denn, ich habe sie gerade verloren.

Welche Eigenschaften schätzen Sie bei einer Frau am meisten?
Emotio­na­lität und Kommu­ni­ka­tion

Welche Eigenschaften bei einem Mann?
Emotio­na­lität, die Fähig­keit, sich nicht zu ernst zu nehmen

Welche Eigenschaften verabscheuen Sie am meisten?
Arro­ganz und Faul­heit

Was lieben Sie an Ihrer Lebenspartnerin/Ihrem Lebenspartner am meisten?
Direkt­heit, Emotio­na­lität, Teil­habe an allem, was passiert

Eine Entdeckung, die Sie erst kürzlich gemacht haben?
Pini­en­kerne frisch vom Baum gepflückt aufzu­schlagen und zu essen. Schmeckt herr­lich.

Ihre Strategie für kurzfristige Entspannung?
Handy aus

Welcher Urlaubstyp sind Sie? Strandschläfer, Berg- und Tal-Aktivist oder Kulturreisender?
Eine Mischung aus allem. Gerne Strand­leser, dazwi­schen etwas Berg und Tal und eine Prise Kultur.

Tag- oder Nachtmensch? (Nachtigall oder Lerche?)
Nachts schlafe ich, und unsere Tochter Gott­sei­dank auch.

Sind Sie abergläubisch?
Von gele­gent­li­chen Anfällen abge­sehen: nein.

Fotos: Felix Broede