Jonathan Powell
»Paradox wie das Leben«
von Arnt Cobbers
27. Juli 2021
Jonathan Powell ist Pianist und hat ein Faible für musikalische Außenseiter. Seine Diskografie weist Namen auf wie Felix Blumenfeld, Alexander Goldenweiser oder Jānis Mediņš.
Jonathan Powell lebt tief im Wald in den Bergen. Geboren und aufgewachsen in Großbritannien, übersiedelte er nach Südpolen, zunächst nach Gliwice und dann in die Karpaten. Im Gespräch erzählt er von seinem Haus in den Wäldern der Hohen Tatra, dem Besuch von Hirschen und Wildschweinen ins einem Garten und seiner Freude, ohne Ärger mit Nachbarn proben zu können.
In Berlin nahm er gerade das erste Klavierkonzert von Hans Winterberg auf, dessen Leben er als Symbol für die Schwierigkeiten des 20. Jahrhunderts betrachtet. Winterberg kam in Prag zur Welt, wurde nach der nationalsozialistischen Besetzung Prags am 26. Januar 1945 ins Ghetto Theresienstadt deportiert und am 8. Mai 1945 von sowjetischen Soldaten befreit. Nahezu seine gesamte Familie hatte er verloren. Da mussten seine Frau und seine Tochter infolge der Beneš-Dekrete das Land verlassen. 1947 folgte ihnen Winterberg nach Deutschland. Paradox wie sein Leben, so sei auch seine Musik, erklärt Powell. Er fühlt sich angezogen von Werken, deren Komponisten am Rande stehen und schreiben, ohne Perspektive einer Aufführung. So spielte er etwa 2020 sieben CDs mit dem Opus Magnum Sequentia cylica von Kaikhosru Sorabji ein, der sich aufgrund seiner Homosexualität von der englischen Musikszene ausgeschlossen fühlte.
Klassik Viral von Arnt Cobbers: Solisten und Kammermusiker, erfahrene Orchestermitglieder und hoffnungsvolle Talente sprechen über das Musikerleben und die Musik, über ungewöhnliche Instrumente, vergessene Komponisten und hilfreiche Ohrwürmer. Dazu gibt es Live-Musik und Tipps gegen die Corona-Tristesse.
Kaikhosru Sorabji: Sequentia cyclica | Jonathan Powell (Piano Classics)
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