Josef Matthias Hauer
479.001.600 Möglichkeiten
5. Februar 2019
Der eigentliche Erfinder der Zwölftonmusik: ein Wiener Kauz namens Josef Matthias Hauer
Sein Leben stand im Schatten „dieses Sch.“, dieser „Rarität von einem Schwindler“, wie Josef Matthias Hauer Arnold Schönberg nannte. Fakt ist: Drei Jahre bevor Schönberg 1922 seine „Methode, mit zwölf Tönen“ anwandte, erschien Hauers Nomos op. 19, das erste Zwölfton-Stück von 1.100 Werken, darunter zwei Opern.
„Dumm frozzelnd“ hatte Hauer 1917 den Rivalen empfunden, dem er dennoch 1922 Neun Etüden op. 22 für Klavier widmete. „Stellen wir unsere Ideen unter genauer Abgrenzung des Unterscheidenden, mit Zuhilfenahme sachlicher (aber höficher) Polemik dar“, schlug Schönberg 1923 vor. Doch der kauzige Hauer, Sohn eines zitherspielenden Gefängniswärters, lehnte ab und wetterte beim Heurigen lieber gegen die Kollegen.
Wagner war ihm ein „Bordell-Musikant“, Strauss und Beethoven „Narkotikum für das Volk“. Während Schönberg seine expressive Klangsprache auch mit klassischen Mitteln wie Phrasierung und Dynamik gewann, ordnete Hauer die zwölf Töne der chromatischen Tonleiter wie ein „Uhrmacher“ (Adorno) mechanistisch-mathematisch aneinander. 479.001.600 Möglichkeiten errechnete er, die er in 44 Gruppenreihen – „Tropen“– unterteilte. Bis zu seinem Tod 1959 pochte er darauf, der „Inventor der Zwölf-Töne-Technik“ (Paul Hindemith) zu sein. Vergebens.