Künstler privat

Max Eisinger

von CRESCENDO Redaktion

4. Juni 2023

Klezmer, Mozart, Miles Davis oder eigenes Violinkonzert: In kaum einer Stilistik fühlt sich der Geiger, Komponist und Mitglied des Feuerbach Quartetts Max Eisinger nicht wohl. Die Kunst der Improvisation gibt ihm dabei ein besonderes Gefühl von Freiheit. Überhaupt: die Freiheit ...

Name: Max Eisinger

Geburtsdatum: 9. September 1993

Geburtsort: München

Wohnort: Berlin

Lebenspartner/in: Diana Star­nets

Kinder: keine

Sternzeichen: Jung­frau

Wie fühlen Sie sich gerade?
Ziem­lich gut, danke! Ihr erwischt mich wohl in einer der bislang besten Phasen meines Lebens.

Ihre charakteristischste Eigenschaft?
Aufmerk­sam­keit und Hingabe

Was inspiriert Sie?
Meine Mitmen­schen und ihre Geschichten

Was nehmen Sie sich immer wieder vor?
Mehr Geduld zu haben

Was würde niemand von Ihnen vermuten?
Ich wurde schon mehr­mals verhaftet.

Welche natürliche Gabe hätten Sie gern?
Ich wäre gern ein besserer Sänger.

Ein großes „Beinahe“ in Ihrem Leben?
Ich hätte beinahe die Geige an den Nagel gehängt.

Ihre Vorstellung von Glück?
Laue Sommer­nächte, Freund­schaft, Frei­heit

Was wäre für Sie das größte Unglück?
Nicht frei zu sein

Was wollten Sie als Kind werden?
Poli­zist oder Verbre­cher

Wobei bzw. wann werden Sie schwach?
Bei kühlem Bier und einem strah­lenden Lächeln

Ihr größtes Talent?
Zuhören (Musik, Menschen, Geschichten …)

Was können Sie gar nicht?
Abwarten

Woran zweifeln Sie am meisten?
An Klischees, Stereo­typen und pauschalen Ratschlägen

Wovor haben Sie Angst?
Vor Vögeln und Pflas­tern

Was ertragen Sie nur mit Humor?
Soziale Unge­rech­tig­keit, schlechte Witze und die Deut­sche Bahn

Welche Fehler entschuldigen Sie am ehesten?
Wenn ein guter Plan nicht aufgeht

Ihre originellste Ausrede?
Eines Morgens (etwa 13 Uhr) wurde ich durch einen Anruf von meinem Band­kol­legen geweckt: „Hey Max, wir stehen mit dem Bandbus am Park­platz, hinterer Ausgang!”. Verwirrt antworte ich: „Alles klar, bin in zwei Minuten da, bis gleich” und lege auf. Erst dann wird mir bewusst: Ich bin noch zu Hause in meinem Bett, trage die Klamotten von gestern Abend und habe einen unfassbar trockenen Mund. Die Kollegen hingegen erwar­teten mich in derselben Sekunde am P+R Park­platz des Augs­burger Haupt­bahn­hofs, knapp 600 Kilo­meter entfernt. Mir blieb also nichts anderes übrig, als demütig zurück­zu­rufen: „Hey, es tut mir leid, ich habe mich geirrt: Ich bin doch noch zu Hause!” Eine echte Ausrede ist das nicht, schon gar keine origi­nelle. Aber Irren ist ja bekannt­lich mensch­lich.

Welche Hoffnung haben Sie aufgegeben?
Keine, dazu ist es noch zu früh.

Das Credo Ihres Lebens?
Lebe nicht deinen Traum, sondern träume dein Leben … Oder wie ging der Spruch nochmal?

Ihre Lieblingsbeschäftigung/Ihr Hobby?
Tennis­spielen und stun­den­langes Sitzen in Cafés

Ihr Lieblingsland?
Ich war noch bei Weitem nicht überall und kann das daher nicht beur­teilen. Aber ich liebe Italien, Japan, Mexiko, Israel – und seit Jahren plane ich eine mehr­fach verscho­bene Reise nach Indien. Ein Land, das mich faszi­niert.

Ihre Lieblingsstadt?
Berlin

Ihr Lieblingsgericht?
Schnitzel in Wien, Falafel in Tel-Aviv, Zwie­bel­suppe in Paris, Weiß­wurst in München, Sashimi in Tokio, Tacos in Mexiko, Pasta in Rom, Pelmeni in Odessa und Brat­kar­tof­feln bei meiner Mama

Ihr Lieblingsgetränk?
Baye­ri­sches Bier, italie­ni­scher Kaffee und fran­zö­si­scher Wein

Ihr Lieblingstier?
Hunde, seit ich denken kann.

Ihre Lieblingsblumen?
Für Pflanzen habe ich wirk­lich gar kein Händ­chen und besitze deshalb auch keine. Aber ich liebe ihren Geruch. Flieder, Lavendel und Pfingst­rosen fallen mir spontan als Favo­riten ein.

Ihr Lieblingsbuch?
Neulich war ich zu Gast in einem Lite­ratur-Podcast, was mich sehr über­rascht hat, denn mein Verhältnis zu Lite­ratur ähnelt dem zu Blumen. In diesem Podcast sollte ich meine drei Lieb­lings­bü­cher vorstellen. Ich wählte „Bahn­wärter Thiel” von Gerhart Haupt­mann, „Young People’s Concerts” von Leonard Bern­stein und ein Noten­buch: „6 Sonaten und Partiten für Violine solo” von Johann Sebas­tian Bach.

Ihr Lieblingsschriftsteller?
Ich muss gestehen: Neben den News, sehr vielen Emails und Fach­li­te­ratur über Musik, Theater und Tanz, habe ich nur gele­gent­liche Phasen, in denen ich „echte Bücher” lese. Dann meist im Café, oder auf Reisen. Georg Büchner inspi­riert mich, Bert­hold Brecht, Max Frisch, Erich Kästner.

Ihr Lieblingsfilm?
„A Beau­tiful Mind“ von Ron Howard

Ihr Lieblingsmaler/darstellender Künstler?
Wassily Kandinsky, Pablo Picasso, Jan Vermeer

Ihr/e Lieblingskomponist/in?
Igor Stra­vinsky, Johann Sebas­tian Bach, Thelo­nious Monk

Ihr Lieblingswerk/Ihre Lieblingsoper?
„Le sacre du prin­temps“

Ihr Lieblingsalbum?
Das wech­selt täglich. Aber meine Top 5 sind: „Kind Of Blue” von Miles Davis, Igor Levits Beet­hoven-Sonaten, „Belon­ging” von Keith Jarrett, „Ten Summoner’s Tales” von Sting und „Songs In The Key of Life” von Stevie Wonder.

Ihr Lieblingsinstrument?
Klavier

Das beste Konzert Ihres Lebens?
Auch das kann ich kaum beant­worten. Aber in jüngerer Vergan­gen­heit: Lisa Bati­a­sh­vili in der Isar­phil­har­monie, Stra­win­skys „Histoire du Soldat” in der Berliner Phil­har­monie und eine zehn­köp­fige Mariachi-Band in Mexiko

Ihr beglückendster musikalischer Moment?
All jene, in denen etwas schief­ge­laufen und dadurch spontan etwas Neues entstanden ist.

Was bedeutet Ihre Kunst für Sie?
Alltag, Kommu­ni­ka­tion, Beruf und Frei­heit

Der beste Auftritt Ihres Lebens?
Ich denke, ich bin noch in einer Phase, in der ich mich von Tag zu Tag bzw. von Konzert zu Konzert stei­gere. Das bedeutet für mich vor allem, mich zuneh­mend frei zu fühlen: Technisch/​geigerisch, aber auch in der Inter­ak­tion mit dem Publikum, mit meinen Mitmu­si­ke­rInnen und mit der Musik selbst. Ich hoffe also, dass der beste Aufritt meines Lebens noch weit vor mir liegt.

Gibt es Rituale für ein gelingendes Konzert?
Das suche ich noch. Aber ich denke, es ist die rich­tige Balance aus Vorbe­rei­tung und Spon­ta­neität, aus Anspan­nung und Gelas­sen­heit und aus Ernst­haf­tig­keit und Humor.

Die Minuten vor dem Auftritt?
Stille und ein biss­chen Kaffee

Und die Zeit danach?
Ein Bier und eine Ziga­rette

Ihr größtes musikalisches Missgeschick?
Mir ist mal auf der Bühne die Hose gerissen, was ich aber erst nach 20 Minuten von Schu­berts „Der Tod und das Mädchen” gemerkt habe. Durch das Sitzen an der vordersten Stuhl­kante hatten sich in der Zwischen­zeit auch meine Boxer­shorts so ungünstig verschoben, dass ich untenrum komplett und unüber­sehbar frei war. Seither spiele ich nur noch im Stehen – und trage enge Unter­hosen.

Welche Musik mochten Sie als Kind/als Jugendlicher?
Klezmer, Eros Rama­zotti und Die Ärzte

Ein Werk, das Ihr Leben verändert hat?
Mein erstes eigenes Violin­kon­zert

Welche Person/welches Ereignis hat Sie als Musiker/in maßgeblich geprägt und warum?
Keith Jarrett wegen seiner Frei­heit. Itzhak Perlman wegen seines Humors. Und Nigel Kennedy wegen seiner Unan­ge­passt­heit.

Welches Werk wollen Sie unbedingt noch aufführen?
Meine erste eigene Oper

Wann haben Sie zuletzt bei Musik geweint?
Ich weine eigent­lich nur beim Zwie­bel­schneiden. Zuletzt lief während­dessen häufig John Coltrane, Nina Simone und Faber.

Mit welcher/m Musiker/in der Vergangenheit würden Sie gern einen Abend verbringen?
Ludwig van Beet­hoven, Ella Fitz­ge­rald und John Lennon – ich denke, das wäre eine spaßige Runde.

Welche Künstler beeindrucken Sie?
Uff … Viele! So viele! Um ein paar zu nennen, die mir zuerst in den Sinn kommen: Martha Arge­rich, Herbie Hancock, Pina Bausch, Igor Levit, Freddie Mercury, Jacob Collier, Lars Eidinger, …

Welches Musikerklischee würden Sie gern geraderücken?
Dass wir unser Hobby zum Beruf gemacht haben

Kuriose Orte, an denen Sie musiziert/geübt haben?
Am Strand, auf einer öffent­li­chen Toilette, im Fußball­sta­dion …? Ich glaube, nichts davon ist wirk­lich kurios.

Welche drei Musikstücke würden Sie auf die berühmte Insel mitnehmen?
In Papier­form? Die Parti­turen von „Le sacre du prin­temps“, der „Fünften Sinfonie“ von Beet­hoven und den „Gold­berg-Varia­tionen“. Zum Selber­spielen? Bachs „Partiten und Sonaten“ für Violine solo, Sibe­lius« „Violin­kon­zert“ und … „Stella by Star­light“?

Wenn morgen die Welt unterginge, welche Musik würden Sie spielen/singen?
Ich würde etwas frei impro­vi­sieren.

Wenn Sie nicht Ihr Instrument spielen bzw. singen würden, welches würden Sie wählen?
Klavier oder Gitarre, wegen ihrer viel­sei­tigen Einsetz­bar­keit

Gibt es weitere Interessen/Leidenschaften neben der Musik?
Natür­lich, viele! Auch wenn die Zeit oft fehlt, allen so nach­zu­gehen, wie ich es gerne würde. Ich kann mich für fast jede Art von Sport begeis­tern, insbe­son­dere für Tennis, Skifahren und Fußball. Ich liebe die Koch­kunst und die Welt der Weine. Und ich zeichne, kritzle alles voll, was mir in die Finger kommt: Notiz­blöcke in Hotel­zim­mern, Rück­seiten von Rech­nungen oder herum­lie­gendes Altpa­pier.

Ihr persönlicher Bühnenalbtraum?
Mit 13 habe ich Mozarts „G‑Dur-Violin­kon­zert“ mit Orchester gespielt, auswendig. Zu Beginn der Durch­füh­rung des ersten Satzes hatte ich plötz­lich einen Blackout und habe den Text vergessen. Das Orchester spielte weiter wie ein unauf­halt­samer Güterzug. Der Diri­gent versuchte bemüht, mir die Melodie ins Ohr zu singen, aber nichts half. Erst zur Kadenz fing ich mich wieder. Das war der Tag, an dem ich beschloss, Impro­vi­sieren zu lernen: Nie wieder wollte ich in so einer Situa­tion der Macht­lo­sig­keit gefangen sein. Heute verspüre ich keine Angst mehr auf der Bühne, da ich weiß, dass ich immer spontan reagieren und etwas Neues erschaffen kann. Das gibt mir ein Gefühl von großer Frei­heit.

In welchem Jahrhundert hätten Sie gern gelebt?
Im Hier und Jetzt. Mich zieht es nicht in die Vergan­gen­heit.

Welche historischen Figuren bewundern Sie?
Sophie Scholl, Steve Jobs, Leonard Bern­stein

Und welche lebenden Menschen?
Meine Groß­mutter, Herbie Hancock, Roger Federer

Gibt es einen Denker/Philosophen, der Sie begleitet?
Leonard Bern­stein und natür­lich Ludwig Feuer­bach, allein wegen seines Namens: Zu keinem Philo­so­phen werde ich häufiger befragt.

Welche drei Persönlichkeiten würden Sie gern zum Dinner einladen?
Putin, Selen­skyj und eine Frie­dens­stif­terin, die ihr Hand­werk versteht.

Welche Musik würden Sie einem Klassikeinsteiger empfehlen?
Proko­fievs „Peter und der Wolf”, Tschai­kow­skis „Nuss­kna­cker“, Griegs „Peer Gynt Suite“

Was ist Ihr Seelenort?
Meine Stamm­kneipe, das Morsum-Kliff auf Sylt und das Südti­roler Berg­pan­orama

Wofür würden Sie Ihr Leben opfern?
Für Frei­heit und Frieden

Wenn es schon sein muss: Wie und wo würden Sie gern sterben?
So, dass es schnell geht. Ohne Schmerzen, ohne Einsam­keit und möglichst „plötz­lich“. Bei einem Flug­zeug­ab­sturz viel­leicht?

Wie soll man sich an Sie erinnern?
Mit einem Lächeln im Gesicht und einem Glas in der Hand. Für meine Beer­di­gung würde ich mir eine große Party wünschen, mit lauter Musik und vielen Menschen, die zusam­men­kommen.

Was möchten Sie Ihren Kindern mit auf den Weg geben?
Neugier, Hingabe und Sorg­falt bei allem, was man tut.

Wie sieht ein gelungener Tag in Ihrem Leben aus?
Eine Mischung aus Arbeit und Frei­zeit, aus Routine und Spon­ta­neität. Zeit für mich allein, Zeit zu zweit, Zeit mit Bekannten und auch Unbe­kannten. Gutes Essen, viel Wein und eine Nacht, die zum Morgen wird.

Welche Frage stellen Sie am liebsten anderen?
Woran arbei­test du gerade?

Womit haben Sie Ihr erstes Geld verdient?
Im Urlaub haben mich meine Eltern morgens zum Bröt­chen­holen geschickt, das Rest­geld durfte ich anschlie­ßend behalten. Wenig später spielte ich meine ersten Jazz-Gigs. Gerne denke ich an die Einkom­mens­quelle des Bröt­chen­ho­lens zurück.

Was haben Sie – neben Schlüssel und Handy – immer dabei?
Blei­stift und Notiz­buch

Welche Eigenschaften schätzen Sie bei einer Frau am meisten?
Dieselben wie bei einem Mann: Mut, Aufrich­tig­keit, Groß­zü­gig­keit, Ehrgeiz, Sorg­falt und Hingabe.

Welche Eigenschaften bei einem Mann?
s.o.

Welche Eigenschaften verabscheuen Sie am meisten?
Geiz und Gewalt

Was lieben Sie an Ihrer Lebenspartnerin/Ihrem Lebenspartner am meisten?
Ihr inneres Feuer und ihre anste­ckende Leiden­schaft für das, was sie tut.

Eine Entdeckung, die Sie erst kürzlich gemacht haben?
Man kann Schuhe in die Wasch­ma­schine stecken.

Ihre Strategie für kurzfristige Entspannung?
Sonnen­strahlen, Vogel­ge­zwit­scher* und eine Ziga­rette. *Voraus­ge­setzt, die Vögel kommen mir nicht zu nah.

Welcher Urlaubstyp sind Sie? Strandschläfer, Berg- und Tal-Aktivist oder Kulturreisender?
Da ich im Alltag sehr viel reisen muss, bleibe ich im Urlaub gerne an einem Ort. Ich trage auf keinen Fall einen Ruck­sack und schon gar kein Zelt. Tage­lang am Strand liegen gibt mir aber auch nichts, lieber bin ich aktiv: Wandern, Skifahren oder Segeln. Am liebsten reise ich aber in Metro­polen und erkunde ihre Kneipen, Cafés und Restau­rants.

Tag- oder Nachtmensch? (Nachtigall oder Lerche?)
Mein Tag beginnt selten vor 11 und endet noch seltener vor 3 Uhr.

Sind Sie abergläubisch?
Nicht im Sinne von schwarzen Katzen und vier­blätt­rigen Klee­blät­tern. Aber ich ertappe mich bei Momenten, in denen ich an so etwas wie Karma glaube.

Haben Sie ein Maskottchen?
Meine Geige viel­leicht?

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Mehr Info und Termine unter www.maxeisinger.com
Auf Instagram: www.instagram.com/eisingerm
Allein dieses Jahr stehen noch vier weitere Veröffentlichungen an: als Solist, im Duo und mit Band. Der musikalische Tausendsassa spielt außerdem seine eigenen Kompositionen für Orchester, Tanz, Theater und neben dem Feuerbach Quartett in verschiedenen Kammermusikensembles und Bands. Verbindendes Element: die Improvisation. Nebenbei lehrt er Musiktheorie, Komposition und Theatermusik in Berlin und Amsterdam.

Fotos: Lukas Diller