Künstler privat

Gerd Schaller

von CRESCENDO Redaktion

21. Mai 2023

Spricht man von Bruckner, denkt man an Gerd Schaller. Als einer der bedeutendsten Interpreten stemmt der Dirigent derzeit sein Riesenprojekt Bruckner2024 – die Einspielung aller Sinfonien in allen Fassungen. Und doch nahm er sich Zeit für 88 Fragen.

Name: Gerd Schaller

Geburtsdatum: 1. Februar 1965

Geburtsort: Bamberg

Wohnort: Berlin und Schlüs­sel­feld

Lebenspartner/in: -

Kinder: -

Sternzeichen: Wasser­mann

Wie fühlen Sie sich gerade?
Ausge­gli­chen und frohen Mutes, die Fragen zu beant­worten

Ihre charakteristischste Eigenschaft?
Beharr­lich­keit

Was inspiriert Sie?
Menschen, Natur, Musik

Was nehmen Sie sich immer wieder vor?
Fürsorge und Acht­sam­keit

Was würde niemand von Ihnen vermuten?
Dass ich auch hand­werk­lich und tech­nisch sehr inter­es­siert bin

Welche natürliche Gabe hätten Sie gern?
Ich bin da wunschlos glück­lich. Viel­leicht etwas mehr Geduld.

Ein großes „Beinahe“ in Ihrem Leben?
Beinahe wäre ich Priester geworden.

Ihre Vorstellung von Glück?
Glück ist für mich in erster Linie Zufrie­den­heit.

Was wäre für Sie das größte Unglück?
Der Verlust von lieben Menschen

Was wollten Sie als Kind werden?
Ich war so viel­seitig inter­es­siert, dass ich keinen spezi­ellen Beruf ausüben wollte. Mein Inter­esse für Menschen führte dazu, dass ich Medizin studierte. Zugleich war seit frühester Jugend das Inter­esse für Musik so stark, dass ich schließ­lich auch Musik studierte. Am Ende siegte die Musik.

Wobei bzw. wann werden Sie schwach?
In berüh­renden und bewe­genden Augen­bli­cken

Ihr größtes Talent?
Menschen und Kräfte zu bündeln und etwas Gemein­sames zu schaffen

Was können Sie gar nicht?
Ich denke, dass ich wie jeder andere Mensch auch in der Lage bin, mir fast alles anzu­eignen. Die Frage ist nur, ob ich das auch will. Und damit schränkt sich vieles von selbst ein.

Woran zweifeln Sie am meisten?
Auch immer wieder an mir selbst. Das liegt sicher auch an eigenen hohen Ansprü­chen.

Wovor haben Sie Angst?
Vor der Dumm­heit

Was ertragen Sie nur mit Humor?
Dumm­heit

Welche Fehler entschuldigen Sie am ehesten?
Jeden Fehler, wenn er ehrlich reflek­tiert und zuge­standen ist

Ihre originellste Ausrede?
Ich benutze keine Ausreden, da das in Rich­tung Lüge geht.

Welche Hoffnung haben Sie aufgegeben?
Hoff­nung gebe ich grund­sätz­lich nicht auf. Wir werden immer wieder auf neue Wege geführt, wenn wir offen und voll Liebe sind.

Das Credo Ihres Lebens?
Liebe zu den Menschen, zu Tieren, zur Natur und über­haupt zur Schöp­fung

Ihre Lieblingsbeschäftigung/Ihr Hobby?
Für mich gibt es keine Tren­nung zwischen Beschäf­ti­gung und Hobby. Alles, was ich in dem jewei­ligen Augen­blick mache, versuche ich als erfül­lend zu sehen.

Ihr Lieblingsland?
Da gibt es kein spezi­elles. Es hängt eher von den Menschen ab, denen ich begegne. Und da habe ich wunder­bare Erfah­rungen in vielen unter­schied­li­chen Ländern gemacht.

Ihre Lieblingsstadt?
Auch hier habe ich keine Präfe­renz. Die Menschen sind entschei­dend.

Ihr Lieblingsgericht?
Kaiser­schmarren

Ihr Lieblingsgetränk?
Tee

Ihr Lieblingstier?
Hunde

Ihre Lieblingsblumen?
Da habe ich absolut keine Vorzüge, weil ich alle Arten von Blumen sehr liebe.

Ihr Lieblingsbuch?
Das ist immer das Buch, das ich gerade lese. Also wech­selt das dauernd.

Ihr Lieblingsschriftsteller?
Auch hier es keine Präfe­renz, weil sich das bei mir auch immer ändert, je nach Lust und Laune.

Ihr Lieblingsfilm?
„Die Zeit­ma­schine“ (1960)

Ihr Lieblingsmaler/darstellender Künstler?
Albrecht Dürer, aber auch viele viele andere

Ihr/e Lieblingskomponist/in?
Johann Sebas­tian Bach

Ihr Lieblingswerk/Ihre Lieblingsoper?
„Matthä­us­pas­sion“ von Johann Sebas­tian Bach und „Parsifal“ von Richard Wagner

Ihr Lieblingsalbum?
„Der Ring“ mit Georg Solti

Ihr Lieblingsinstrument?
Die Orgel

Das beste Konzert Ihres Lebens?
Im Endef­fekt ist das jedes Konzert, bei dem ich voll im Flow bin.

Ihr beglückendster musikalischer Moment?
„Wozzeck“ von Alban Berg an der Staats­oper Warschau.

Was bedeutet Ihre Kunst für Sie?
Ich bin erfüllt und beglückt, wenn es mir und den Musi­ke­rinnen und Musi­kern gelingt, die Menschen aus den Problemen und Sorgen ihres Alltags heraus­zu­reißen und auf eine gemein­same Reise mitzu­nehmen, sodass sie ebenso beseelt werden.

Der beste Auftritt Ihres Lebens?
Ich bin mir nicht sicher, ob es einen „besten Auftritt des Lebens“ über­haupt gibt, zumin­dest nicht für mich. Irgendwie versuche ich natür­lich, jeden Auftritt dazu zu machen, natür­lich im Bewusst­sein, dass das nicht durch­führbar ist.

Gibt es Rituale für ein gelingendes Konzert?
Medi­ta­tion spielt eine große Rolle, was aber nicht unbe­dingt der Garant für ein gelun­genes Konzert darstellt.

Die Minuten vor dem Auftritt?
Span­nungs­volle Erwar­tung, die sich aber auch durchaus zur Nervo­sität stei­gern kann.

Und die Zeit danach?
Beglü­ckung, Euphorie und Entspan­nung.

Ihr größtes musikalisches Missgeschick?
Ein Lapsus am Ende von „Le Sacre du prin­temps“ von Igor Stra­winsky

Welche Musik mochten Sie als Kind/als Jugendlicher?
Bach, Händel, Widor, Beet­hoven, Haydn, Bruckner

Ein Werk, das Ihr Leben verändert hat?
Die „4. Sinfonie“ von Anton Bruckner, die ich im Alter von 14 Jahren zum ersten Mal im Radio hörte, musi­ziert vom Sympho­nie­or­chester des Baye­ri­schen Rund­funks mit Eugen Jochum, wobei anschlie­ßend auch noch das „Te Deum“ von Bruckner über­tragen wurde. Da war es um mich geschehen.

Welche Person/welches Ereignis hat Sie als Musiker/in maßgeblich geprägt und warum?
Herbert von Karajan, obwohl ich ihm persön­lich nie begegnet bin.

Welches Werk wollen Sie unbedingt noch aufführen?
„Tristan und Isolde“ von Richard Wagner. Aber sicher­lich gibt es da noch viele andere.

Wann haben Sie zuletzt bei Musik geweint?
Gestern

Mit welcher/m Musiker/in der Vergangenheit würden Sie gern einen Abend verbringen?
Mit Anton Bruckner. Vor allem möchte ich ihn bitten, mir das Finale seiner „9. Sinfonie“ vorzu­spielen, das er angeb­lich seinem dama­ligen Arzt am Klavier vortrug. Dann wüssten wir endlich, wie die „Neunte“ wirk­lich am Schluss geklungen hat.

Welche Künstler beeindrucken Sie?
Es sind so viele, dass ich gar keinen hervor­heben kann. Es kann auch jemand sein, der nicht in der Öffent­lich­keit steht, sondern einfach durch sein authen­ti­sches Musi­zieren mein Herz auf Tiefste bewegt.

Welches Musikerklischee würden Sie gern geraderücken?
Dass Musiker ausschließ­lich der Welt entrückt seien. Das stimmt nämlich über­haupt nicht. Zum Glück!

Kuriose Orte, an denen Sie musiziert/geübt haben?
Ich erin­nere mich da an eine Tropf­stein­höhle.

Welche drei Musikstücke würden Sie auf die berühmte Insel mitnehmen?
„Matthä­us­pas­sion“, „h‑Moll-Messe“ und „Wohl­tem­pe­riertes Klavier“ von Johann Sebas­tian Bach, am besten aber alle Werke von Bach.

Wenn morgen die Welt unterginge, welche Musik würden Sie spielen/singen?
Ich würde über­haupt keine Musik spielen, sondern einfach nur gewahr sein.

Wenn Sie nicht Ihr Instrument spielen bzw. singen würden, welches würden Sie wählen?
Violine

Gibt es weitere Interessen/Leidenschaften neben der Musik?
Begeis­te­rung für Menschen, Tiere, Natur, Lesen, Wandern, Sport, Kunst­his­torie, über­haupt Kunst jegli­cher Art. Das Wich­tigste für mich aber sind mensch­liche Begeg­nungen.

Ihr persönlicher Bühnenalbtraum?
Man soll so etwas gar nicht ausspre­chen. Nicht einmal denken! Allein der Gedanke wäre schon kontra­pro­duktiv. Viel wich­tiger sind hier posi­tive Affir­ma­tionen, die sich jeder Musiker und jede Musi­kerin auto­ma­tisch gibt.

In welchem Jahrhundert hätten Sie gern gelebt?
Allein wegen der Lebens­um­stände, der medi­zi­ni­schen Versor­gung und der poli­ti­schen Frei­heit möchte ich in keiner anderen Zeit als der unsrigen leben. Allein aus Inter­esse – und ich muss zugeben: auch aus einer gewissen roman­ti­schen Sehn­sucht heraus – würde ich eine Zeit­reise vor allem in das 19. Jahr­hun­dert als span­nend empfinden.

Welche historischen Figuren bewundern Sie?
Ich bin nicht anfällig für Gurus jegli­cher Art, auch nicht für histo­ri­sche Figuren. Jeder Mensch, der voll Liebe ist, verdient meine Bewun­de­rung.

Und welche lebenden Menschen?
Das entspricht natür­lich auch der vorhe­rigen Frage.

Gibt es einen Denker/Philosophen, der Sie begleitet?
Da ich kein spezi­elles philo­so­phi­sches Denk­mo­dell bevor­zuge, wech­selt das sehr häufig. Unab­hängig von philo­so­phi­schen Rich­tungen ist ein Blick in die Bibel immer lohnend.

Welche geschichtlichen Gestalten verabscheuen Sie?
Mörder. Und da gibt es sehr viele, auch soge­nannte große Persön­lich­keiten.

Die beste Reform in der Geschichte?
Die beste Reform ist sicher­lich dieje­nige, die die Lebens­be­din­gungen der Menschen verbes­sert und von Liebe getragen ist.

Welche drei Persönlichkeiten würden Sie gern zum Dinner einladen?
Drei liebe Freun­dinnen oder Freunde. Es müssen gar keine „bekannten“ Persön­lich­keiten sein.

Bei wem wären Sie gern zum Dinner eingeladen?
Auch hier ist es mir viel wich­tiger, über­haupt mit lieben Menschen zusammen zu sein.

Welche Musik würden Sie einem Klassikeinsteiger empfehlen?
Musik von Johann Sebas­tian Bach

Wären Sie manchmal gern ein/e andere/r und wenn ja, wer?
Darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht. Auf keinen Fall möchte ich ein anderer sein.

Was ist Ihr Seelenort?
Der Wald

Gibt es einen Sehnsuchtsort?
Lago Maggiore

Wofür würden Sie Ihr Leben opfern?
Ich achte und respek­tiere das Leben und natür­lich auch mein eigenes. Zudem habe ich ein Problem mit dem Begriff „opfern“.

Wenn es schon sein muss: Wie und wo würden Sie gern sterben?
Diese Frage empfinde ich als zu pathe­tisch. Darüber mache ich mir keine Gedanken, da dies nicht in meiner Hand liegt.

Wie soll man sich an Sie erinnern?
Wenn es liebe­voll ist, reicht das voll­kommen aus.

Was möchten Sie Ihren Kindern mit auf den Weg geben?
Ich habe keine leib­li­chen Kinder, da ich schwul bin. Grund­sätz­lich würde ich Kindern nicht vorschreiben, wie sie zu leben haben, sondern ihnen vermit­teln, dass sie liebe­voll mit sich und anderen umgehen, um ein authen­ti­sches, offenes und ehrli­ches Leben zu führen – dass sie einfach ihrem Herzen folgen.

Wie sieht ein gelungener Tag in Ihrem Leben aus?
Wenn ich am Abend beglückt bin über die mensch­li­chen Begeg­nungen, natür­lich auch in musi­ka­li­scher Hinsicht.

Welcher Illusion geben Sie sich gern hin?
Bisweilen hebe ich ab. Aber ich versuche auch immer wieder, geerdet zu sein und den Boden unter meinen Füßen zu spüren. Daher spielen Illu­sionen für mich nicht die Rolle.

Welche Frage stellen Sie am liebsten anderen?
Wie deren Wohl­be­finden ist. Und ich meine dies nicht als Floskel.

Womit haben Sie Ihr erstes Geld verdient?
Orgel­spielen

Was haben Sie – neben Schlüssel und Handy – immer dabei?
Ich versuche, das Handy nicht immer dabei zu haben. Ansonsten habe ich nichts zusätz­li­ches dabei – außer, dass ich immer wieder schaue, dass das Herz mit an Bord ist.

Welche Eigenschaften schätzen Sie bei einer Frau am meisten?
Einfüh­lungs­ver­mögen, Aufrich­tig­keit, Offen­heit, Zuwen­dung

Welche Eigenschaften bei einem Mann?
Einfüh­lungs­ver­mögen, Aufrich­tig­keit, Offen­heit, Zuwen­dung

Welche Eigenschaften verabscheuen Sie am meisten?
Gier, Hochmut, Selbst­herr­lich­keit, Arro­ganz und Falsch­heit

Was lieben Sie an Ihrer Lebenspartnerin/Ihrem Lebenspartner am meisten?
Ich habe derzeit keinen Lebens­partner

Eine Entdeckung, die Sie erst kürzlich gemacht haben?
Dass Zuwen­dung kommt, wo man sie nicht vermutet

Ihre Strategie für kurzfristige Entspannung?
Atmung und Medi­ta­tion

Welcher Urlaubstyp sind Sie? Strandschläfer, Berg- und Tal-Aktivist oder Kulturreisender?
Ich liebe das Wandern in der Bergen oder an der See genauso wie Entde­ckung neuer Orte oder Städte, aber auch die Zurück­ge­zo­gen­heit an beson­deren Orten und natür­lich Kunst und Kultur in vielerlei Hinsicht: Museen, Konzerte, Ausstel­lungen.

Tag- oder Nachtmensch? (Nachtigall oder Lerche?)
Ich wurde vom Nacht­men­schen mehr und mehr zum Tagmen­schen.

Sind Sie abergläubisch?
Nein, aber spiri­tuell. Das ist ein großer Unter­schied.

Haben Sie ein Maskottchen?
Nein.

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Mehr Info und Termine unter www.gerd-schaller.com

Fotos: Axel Bahr