Moritzburg Festival

Liebe geht durch die Ohren

von Katherina Knees

25. August 2017

Sinnlicher Hochgenuss – aber bitte mit Qualität und Tiefgang. Das ist das künstlerische Erfolgsrezept für Jan Voglers Moritzburg Festival, bei dem der Cellist seit 25 Jahren ein köstliches Kammermusikprogramm serviert.

Sinn­li­cher Hoch­ge­nuss – aber bitte mit Qualität und Tief­gang. Das ist das künst­le­ri­sche Erfolgs­re­zept für Jan Voglers Moritz­burg Festival, bei dem der Cellist seit 25 Jahren ein köst­li­ches Kammer­mu­sik­pro­gramm serviert.

Das neoba­rocke Schlöss­chen ist das älteste und größte private Weingut Sach­sens und für mitt­ler­weile ein Ort für musi­ka­li­sche Begeg­nungen von beson­derer Inti­mität und Schön­heit. Eine Russi­sche Nacht, eine Gold­berg-Nacht und eine Beet­hoven-Nacht mit Lieb­lings­speisen des Kompo­nisten, hat der Cellist hier im engen Austausch mit der Guts­fa­milie von Georg Prinz zur Lippe und seiner Frau Alex­andra Prin­zessin zur Lippe im Rahmen des Festi­vals bereits auf die Beine gestellt. 2017 lockte nun eine „Italie­ni­sche Nacht” das Publikum an den verwun­schenen Ort in den Wein­bergen, der für das Thema wie geschaffen war. „Italie­ni­sche Kompo­nisten sind die einzigen, die es schaffen, musi­ka­li­schen Tief­gang mit über­spru­delnder Virtuo­sität zu kombi­nieren”, erklärte Jan Vogler seine program­ma­ti­sche Entschei­dung zum 25. Festi­val­ju­bi­läum, für das er neben Gioac­chino Rossinis Sonate Nr. 6 auch Hugo Wolfs Italie­ni­sche Sere­nade und das Streich­quar­tett von ausge­wählt hatte.

19:30 Uhr, sommer­liche 30 Grad. In dem kleinen Saal im Erdge­schoss von Schloss Proschwitz sitzt man dicht an dicht, tauscht kurze Gespräche und hier und da ein Bonbon – dann geht es los und man ist vor allem eines: ganz nah dran an der Musik und den Künst­lern, die dort vorne jeden Ton mit größter Leiden­schaft zele­brieren. In dem intimen Rahmen kommt jede Nuance in der Musik zur Geltung. Die blitz­blanke Perfek­tion von Ning Feng, Alex­ander Sitko­vetskys glühender, goldener Ton und die gran­diose Herz­haf­tig­keit, mit der Dominic Sedlis tiefe Töne aus dem Kontra­bass zaubert – aber auch Details wie die linke Augen­braue des Cellisten Chris­tian-Pierre La Marca, die beim Spielen zu den Tönen tanzt und der kugel­runde Baby­bauch der Geigerin Anna­belle Meare, die mit ihrem Ehemann längst zur Familie gehört. „Spiel­ver­derber sind hier fehl am Platz”, sagt Jan Vogler mit inbrüns­tiger Über­zeu­gung. „Man muss sich mögen – musi­ka­lisch und mensch­lich. Was nicht bedeutet, dass nicht immer wieder neue Musiker einge­laden werden. Wir haben ganz offene Antennen und es ist erfri­schend, immer wieder neue Gesichter nach Moritz­burg einzu­laden, um die Familie zu erwei­tern.”

Zum anschlie­ßenden Dinner in der Bel Etage, trudeln noch weitere Musiker ein, die an dem Abend im Rahmen des Festi­vals bereits an anderen Orten gespielt haben. Bei Vitello Tonnato, Saltim­bocca, Kokos-Panna cotta und einem haus­ei­genen Gläs­chen Wein, zu dem der Prinz höchst­per­sön­lich an jedem Tisch ein paar Worte erzählt, kommen dann alle zusammen – Publikum, Künstler und Gast­geber mischen sich bunt und unter­halten sich rege. Kombi­niert man ein Konzert mit einem Dinner, besteht die Gefahr, dass die Musik im schlimmsten Fall als musi­ka­li­sche Beilage an den Rand gedrängt wird. Mit der „Italie­ni­schen Nacht” hat Jan Vogler unter Beweis gestellt, dass das jedoch nicht zwangs­läufig so sein muss. Das Rezept dafür ist ganz einfach: Wenn die musi­ka­li­sche Leis­tung der Künstler so exquisit und durch und durch über­zeu­gend ist, dass Leib und Seele bereits vor dem komplett mit Glück erfüllt sind, dann kann das Dinner im Anschluss noch so schmack­haft sein – die Musik steht an dem Abend trotz aller kuli­na­ri­schen Lecke­reien im Mittel­punkt und man stellt fest: Liebe kann nicht nur durch den Magen, sondern auch durch die Ohren gehen. Die „Italie­ni­sche Nacht” im Schloss Proschwitz war zwei­fellos eine Nacht für alle Sinne – aber vor allem ganz im Sinne der Musik.