Ludwig van Beethoven
Little Louis
29. November 2019
Genie, Misanthrop, Choleriker. Dabei hoch emotional. Wie ist Ludwig van Beethoven eigentlich der geworden, der er war? Ein Blick in die Kindheit
Beethovens Kindheit war so wenig armselig wie Mozarts Beisetzung. Nach einer Trauerfeier im Stephansdom (!) begrub man Mozart nach Richtlinien zur städtischen Hygiene, die Reformkaiser Joseph II. vorübergehend eingeführt hatte. Die besagten, der Trauerzug habe an den Stadttoren haltzumachen und dürfe dem Leichnam nicht bis zum vor der Stadt gelegenen Friedhof folgen.
1770, Beethovens Geburtsjahr, war das erste von dreien in Folge, die katastrophale Missernten und massenhaften Hunger über ganz Europa brachten. Vor diesem Hintergrund der „kleinen Eiszeit“ erscheint Beethovens Aufwachsen geradezu wohlbehütet: Beletage, Dienstboten, der Vater Tenor und Geiger bei Hofe, schon der Großvater kurkölnisch-erzbischöflicher Hofkapellmeister in Ludwigs Geburtsstadt Bonn. Die bereits damals übrigens ein reges Kulturleben genoss.
Asozialer Prügler und Alkoholiker
Der Vater mag ein überstrenger Lehrer gewesen sein – das wären aus heutiger Sicht die allermeisten Väter ausgangs des 18. Jahrhunderts in Deutschland. Aber ein asozialer Prügler und Alkoholiker war er zumindest nicht von Anfang an. Als der Vater nach dem Tod der Mutter zu trinken begann, war Beethoven schon 17 Jahre alt, ein nicht mehr ganz junger Mann und schon ein fertiger Musiker. Zwar musste er dem Vater die Rolle des Familienoberhaupts abnehmen, aber er ging zu diesem Zeitpunkt ohnehin bald nach Wien, wohin ihm die Geschwister rasch folgten.
Bis dahin war Ludwigs Ausbildung aber den geraden Weg gegangen: Mit vier Jahren begann der Klavierunterricht, dann folgten Geige und Bratsche. Der Vater war klug genug, für den weiteren Unterricht die Hilfe von Musikerkollegen zu erbitten: Sie brachten dem außergewöhnlich begabten Kind den Generalbass bei und das Orgelspiel. Bald bekam Ludwig einen eigenen Schlüssel zur nahe gelegenen Minoritenkirche ausgehändigt, damit er unabhängig von den Messen und Andachten üben könne. Mit zehn Jahren begleitet er zum ersten Mal das Hochamt auf der Orgel.
Ein neuer Mozart
Im gleichen Jahr übernimmt der Hoforganist und Theaterkapellmeister Neefe die Ausbildung. Neefe ist von seinem Zögling begeistert: Der werde ein neuer Mozart werden, mache er nur so weiter, wie er angefangen habe. Neefe gibt Ludwigs Komposition von „neun Variationen“ – „par un jeune amateur Louis van Beethoven“ – in Druck: der erste Beethoven im Musikhandel. Viele Forscher haben aus der schwierigen Persönlichkeit Ludwig van Beethovens auf schwere Kindheitstraumata geschlossen. Diese sind aber kaum seriös zu belegen. Allerdings heißt es ja auch von jedem zweiten Jazzmusiker gerüchteweise, er könne keine Noten lesen.