Benjamin Schmid & Andreas M. Hofmeir
Macht was Neues!
von Klaus Härtel
24. Mai 2018
Was für ein kurioses Duo: Violine und Tuba! Benjamin Schmid und Andreas Martin Hofmeir wagten eine Instrumentenfusion, die sie „Stradihumpa“ nennen, eine Mischung aus Stradivari und „Humptata“.
Was für ein kurioses Duo: Violine und Tuba! Benjamin Schmid und Andreas Martin Hofmeir wagten eine Instrumentenfusion, die sie „Stradihumpa“ nennen, eine Mischung aus Stradivari und „Humptata“.
Herr Hofmeir, wie sieht Ihr Klischee eines Geigers aus?
Andreas Martin Hofmeir: Geiger sind unfassbar strebsam, fleißig und sehr diszipliniert. Wer als Kind Geige lernt, muss früh anfangen und wahnsinnig viel üben. Und die Geiger können nichts anderes. Die können nicht Fußball spielen, nicht kochen und nicht Schafkopf spielen. Mit fünf Jahren werden Geiger eingesperrt und werden bis 18 nicht mehr gesehen.
Und wie viel Wahrheit steckt darin?
Benjamin Schmid: Nicht sehr viel. Wie in jedem anderen Klischee. Ich habe zwar in meinem Leben unglaublich viel geübt, sicher viel zu viel – aber es hat mir immer riesigen Spaß gemacht und ich hatte trotzdem Zeit für Dinge wie Bergsteigen, Skifahren und dergleichen. Denn das Leben ist immer noch wichtiger als die Karriere.
Welches ist Ihr Lieblingsklischee eines Tubisten?
Schmid: Blechbläser sind sehr trinkfest, spielen immer laut, und ein Tubist hat ein angeborenes Phlegma, ist von Natur aus gemütlicher.
Hofmeir: Grundsätzlich kann man sagen, dass die Tubisten zu einer gemütlicheren Spezies gehören. Ab einem gewissen Niveau allerdings sind sogar die Tubisten fleißig. Aber im ersten Moment sind die Leute, die Tuba spielen, nicht unbedingt begierig auf die große Bühne und auf die große Virtuosität, denn sonst würden sie was anderes lernen. Trinkfest bin ich im Übrigen überhaupt nicht. Ich trinke nie viel und auch nicht wahnsinnig gern. Mein letzter Rausch ist Jahre her …
„Grundsätzlich kann man sagen, dass die Tubisten zu einer gemütlicheren Spezies gehören“
Schmid: Genau. Ein Oberbayer trinkt wenig, aber oft. Und dann viel.
Hofmeir: Ein Musiker hat das Problem, dass er oft am Abend arbeitet und die Leute dann erwarten, dass er nach der Arbeit feiert. Es gibt Handwerker, die feiern ihre Arbeit schon während der Arbeit! Was wiederum beim Musiker – sofern er seinen Beruf halbwegs ernsthaft betreibt – nicht möglich ist.
Ganz ehrlich, Herr Hofmeir, hätten Sie jemals gedacht, dass Sie mit einem Geiger eine Platte machen würden?
Hofmeir: Nein, nie! Benjamin Schmid hat einmal das Cellokonzert von Gulda mit der Bläserphilharmonie Mozarteum Salzburg aufgenommen – ein Stück, das seinem Portfolio wunderbar entspricht, weil es ein Crossover-Konzert zwischen Klassik und Jazz ist. Ich habe das zufällig gehört. Wir Professoren treffen uns natürlich mal auf dem Gang, aber dass wir uns gegenseitig Musik machen hören, kommt selten vor. Wir haben dann wahnsinnig viel gespielt und ausprobiert. Wenn eine Besetzung so spartanisch ist, dann ist man entweder angewiesen auf Vielfalt oder Energie – im besten Fall auf beides.
Wie wichtig war, dass die Chemie zwischen Ihnen gestimmt hat?
Schmid: Das ist im Duo vermutlich mit am wichtigsten, weil das die persönlichste Art ist, musikalisch miteinander zu kommunizieren. Das muss passen. Wir verstehen uns und haben uns etwas zu sagen. Das ist eine konstruktive Gaudi.
„Wir verstehen uns und haben uns etwas zu sagen. Das ist eine konstruktive Gaudi“
Ein Album ist – wenn man so will – auch immer eine Botschaft. Was möchte sie den Tubisten und Geigern da draußen mitteilen?
Hofmeir: Dass nichts unmöglich ist! Gerade für unser Instrument sind Pionierleistungen wichtig. Wir haben noch nicht genug gutes Repertoire, um uns darauf auszuruhen. Die Tuba ist auf diesem Album eher atypisch. Ich spiele die Tuba gerne sehr leichtfüßig und filigran. Ich glaube, dass die Tuba durch diese Eigenschaften am interessantesten ist und die größte Wirkung auf das Publikum hat.
Schmid: Andreas ist sicherlich der Tubist, der dem Instrument eine völlig neue Poesie verliehen hat. Die Botschaft von diesem Projekt ist, dass musikalisch viel Undenkbares möglich ist. Eben auch in einem ungewöhnlichen Duo, wenn man es nur mit der nötigen Ernsthaftigkeit und Leidenschaft betreibt. Macht was Neues! Probiert was aus! Nehmt es ernst!
Hofmeir: Als Geiger kommt man ja gar nicht in den Genuss, was Neues zu machen. Es gibt ja so viel Repertoire. Es ist schwieriger, Geiger zu etwas völlig anderem zu motivieren, weil sie ja alles haben!
Ihre Tuba, Herr Hofmeir, heißt „Fanny“ – hat Ihre Geige, Herr Schmid, auch einen Namen?
Schmid: Ja, ich spiele eine Stradivari „ex Viotti“, die Giovanni Battista Viotti vor knapp 300 Jahren gespielt hat und damit einen prominenten Vorfahren als Spieler hatte. Wir feiern in diesem Jahr gemeinsam runde Geburtstage: Sie wird 300, ich werde 50.
Hofmeir: Ich find das jetzt aber schon ein wenig morbid, dass man eine Geliebte, mit der man viel Zeit verbringt, nach ihrem vorherigen Liebsten benennt.
Schmid: Aber du bist schon auch verliebt in deine Fanny?
Hofmeir: Ja, schon. Man teilt ja gewisse Erinnerungen. Und jede Tuba bekommt irgendwann einmal Dellen. Wenn einen das stört, dann heiratet man nie.