Daniel Hope trifft Silke Zimmermann
Man darf sein Publikum fordern
von Daniel Hope
14. März 2018
Daniel Hope im Gespräch mit Silke Zimmermann, der künstlerischen Leiterin des Kulturprogramms im Hotel Schloss Elmau.
Daniel Hope im Gespräch mit Silke Zimmermann, der künstlerischen Leiterin des Kulturprogramms im Hotel Schloss Elmau.
Daniel Hope: Silke, seit Jahren hältst du auf Schloss Elmau in der Nähe von Garmisch-Partenkirchen das Musikprogramm lebendig. Dabei hast du vor allem auch verschiedene Genres auf einmalige Weise zusammengebracht: Klassik, Jazz und Weltmusik. Was ist dabei das Besondere für dich?
Silke Zimmermann: Dass es keine Grenze gibt. Die Grenze ist eigentlich nur die Größe der Bühne. Sonst herrscht ein Geist von völliger Offenheit. Ich habe die Freiheit, einfach gute Musiker einzuladen – egal aus welchem Genre!
Hast du dich mit solchen Genre-Kombinationen auch schon beschäftigt, bevor du nach Elmau kamst, oder war das neu?
So viel Freiheit, wie hier herrscht, trauen sich wenige Veranstalter. Viele schauen auf die Vermarktbarkeit des Repertoires und limitieren sich damit selbst. Ich habe gemerkt, dass man sein Publikum sehr wohl fordern darf. Die Gäste sind meist viel intelligenter, als wir denken. Deshalb sage ich: Man muss etwas wagen, Dinge mischen! Vieles gehört traditionell ja auch zusammen und war früher gar nicht so scharf getrennt.
Am Anfang gab es – etwa bei Konzertabenden mit Maria João und anderen – aber doch kleine Skandale oder zumindest starke Reaktionen von Zuschauern, die seit Jahrzehnten hierherkommen und die das nicht ertragen wollten.
Damit muss ich mich schon manchmal konfrontieren. Aber gerade dadurch gibt es manchmal die unglaublichsten Erlebnisse: Gerade weil die Besucher hier ja Hotelgäste – und eben nicht alle Musikgäste – sind. Es gibt Gäste, die geraten sozusagen zufällig in ein Konzert, haben hinterher Tränen in den Augen, klopfen ihrer Frau auf die Schulter und sagen: „Wir müssen wieder viel mehr Musik hören, das ist ja der Wahnsinn!“ Diese Menschen kommen also unfreiwillig mit etwas in Berührung, mit dem ich sie konfrontiere, und finden es ganz toll.
Allerdings war das anfangs hier schon ein fast rein klassisch geprägtes Haus. Sicher war da immer wieder jemand beleidigt, aber das hat sich in zwischen ganz gut halbe/halbe ausbalanciert: Die einen kommen für das eine, die anderen für das andere …
Was ist dein persönliches Highlight der letzten Jahre?
Das klingt jetzt ein bisschen nach einer Phrase: Aber das Tollste sind tatsächlich die Begegnungen. Wenn man hier zum Beispiel ein renommiertes Streichquartett zu Gast hat, und in der zweiten Reihe sitzt ein britischer Starautor, der zufällig – oder besser natürlich nicht zufällig – seine Ferien hier verbringt, und dann zu erleben, dass diese Menschen sich begegnen, obwohl gerade wir Deutschen sie ja immer sehr gerne „einkasteln“, also Menschen in bestimmte Schubladen stecken. Oder im nächsten Jahr einen großen englischen Sänger hier zu begrüßen, der zufällig in das Konzert eines der größten Jazzpianisten geht, woraufhin der Jazzpianist sagt: „Hey, es wäre eigentlich toll, eine Kantate für dich zu schreiben! Deine Stimme ist ein Traum!“ Das erlebt man nicht so oft, aber hier ist es möglich. Auch weil es hier so intim zugeht.
Nun geht ein Kapitel zu Ende. Du wirst Elmau verlassen. Was sind deine Pläne?
Meine Pläne sind zunächst einmal privater Natur: Ich muss mich um meine Eltern kümmern, die leider nicht mehr so jung sind wie wir. Und anschließend heißt es – wie man im Englischen so schön sagt –, the sky is the limit, also: Nach oben ist alles offen! Tatsächlich ist es sehr schwer, nach Elmau etwas Neues zu machen, weil man hier schon so viele wunderbare Dinge getan hat. Aber ich bin sicher, dass uns die Musikbranche wieder verbinden wird. Das ist das Schöne an der Musik, sie ist global!n