Künstler privat
Verena Altenberger
17. Juli 2022
Geht es um Salzburg, liebt sie auch Kitsch und Klischee. Nun gibt die Schauspielerin Verena Altenberger dort im zweiten Jahr neben Lars Eidinger eine sehr präsente und mal ganz andere Buhlschaft im »Jedermann«.
Name: Verena Altenberger
Geburtsdatum: 11. November 1987
Geburtsort: Schwarzach
Wohnort: Wien
Lebenspartner/in: keine Angaben
Kinder: keine
Sternzeichen: Skorpion
Wie fühlen Sie sich gerade?
Traurig. [Hatte ich gestern geschrieben. Heute lese ich meine Antworten nochmal und kann zum Glück ergänzen: (und) zuversichtlich.]
Ihre charakteristischste Eigenschaft?
Mut
Was inspiriert Sie?
Wie Menschen sich verhalten
Was nehmen Sie sich immer wieder vor?
Mich zu 100% auf etwas einzulassen – es glückt mir auch immer.
Was würde niemand von Ihnen vermuten?
Wie viele Ups and Downs es in meinem Gefühlsleben dann tatsächlich gibt.
Welche natürliche Gabe hätten Sie gern?
So richtig gerne nur mit mir zu sein.
Ein großes „Beinahe“ in Ihrem Leben?
Beinahe wäre mein Lebenstraum von der Schauspielerei nicht in Erfüllung gegangen. Zu lange habe ich es nicht mit vollem Einsatz probiert, ich habe es so lange „nebenbei versucht“, bis ich tatsächlich fast ein Leben gefunden hätte, in dem ich vielleicht auch glücklich geworden wäre. Doch dann bin ich gerannt und habe meinen Traum verfolgt, bis ich ihn wieder eingeholt hatte.
Ihre Vorstellung von Glück?
Spielen und dabei fühlen, dass es stimmt. Das ist ein magischer Zustand, larger than life.
Was wäre für Sie das größte Unglück?
Stagnation
Was wollten Sie als Kind werden?
Schauspielerin und nie etwas anderes
Wobei bzw. wann werden Sie schwach?
In der Liebe
Ihr größtes Talent?
Hingabe
Was können Sie gar nicht?
Loslassen fällt mir verdammt schwer.
Woran zweifeln Sie am meisten?
An mir selbst
Wovor haben Sie Angst?
Wieder: Stagnation
Was ertragen Sie nur mit Humor?
Den Tod
Welche Fehler entschuldigen Sie am ehesten?
Fehler von anderen Frauen und von meinem Vater
Ihre originellste Ausrede?
Oh, ich sag eigentlich immer, Probe hat länger gedauert, und in 99% der Fälle stimmt‘s auch.
Welche Hoffnung haben Sie aufgegeben?
Dass ich erlebe, wie die Klimakrise beendet wird.
Das Credo Ihres Lebens?
Tu es!
Ihre Lieblingsbeschäftigung/Ihr Hobby?
Mein Beruf (ist zum Glück nicht nur mein Hobby)
Ihr Lieblingsland?
Italien führt meistens die Liste an
Ihre Lieblingsstadt?
Rom (und – ich weiß, es ist kitschig, aber es ist so wahr – Salzburg im Sommer)
Ihr Lieblingsgericht?
Bauernkrapfen mit Sauerkraut und Schwarzbeernocken (um das Salzig-süß-Spektrum abzudecken; beide Gerichte sind Salzburger Spezialitäten – ich lebe das Klischee)
Ihr Lieblingsgetränk?
Erdbeermilch (wobei Milch nicht Kuhmilch meint), sehr trockener Weißwein und guter Kaffee
Ihr Lieblingstier?
Zu viele. Aber Katze sehr stabil
Ihre Lieblingsblumen?
Almkräuter (zählt das als Blume?)
Ihr Lieblingsbuch?
Ich kehre so oft zu Isabel Allendes „Geisterhaus“ zurück
Ihr Lieblingsschriftsteller?
Isabel Allende auf jeden Fall erste große Liebe, die nie wirklich nachgelassen hat. Ingeborg Bachmann. Gabriel García Márquez
Ihr Lieblingsfilm?
„La Vita è Bella“ (Das Leben ist schön)
Ihr Lieblingsmaler/darstellender Künstler?
Seit einiger Zeit Sophie Süßmilch
Ihr/e Lieblingskomponist/in?
Kenne mich zu wenig aus, um mich festlegen zu wollen
Ihr Lieblingswerk/Ihre Lieblingsoper?
Genauso
Ihr Lieblingsalbum?
Meine Musikvorlieben sind zu diffus, zu breit gefächert, zu wankelmütig, um derlei Fragen zu beantworten. Mein Spotify zum Beispiel ist nach meinen Projekten sortiert, da gibt es die „Jedermann“-, die „Die beste aller Welten“- und die „Die Hölle“-Playlists. In jeder Playlist sammle ich Lieder, die mich an die Zeit erinnern, die ich beim Dreh gebraucht habe, um gewisse Emotionen zu kanalisieren oder um loszulassen. Da kommt ein ziemliches Misch-Masch zusammen.
Ihr Lieblingsinstrument?
Gitarre
Das beste Konzert Ihres Lebens?
Hubert von Goisern beimOpen Air, als ich noch ein Kind war. Ich kann mich nicht so richtig daran erinnern, nur mit meinen Sinnen. Wir saßen auf der Wiese, bei einem Lied sollten alle mitsummen und mein ganzer Körper hat vibriert. Und damals gab es noch Glühwürmchen …
Ihr beglückendster musikalischer Moment?
Darüber muss ich noch nachdenken. Mir fallen auf Anhieb nur sehr traurige Momente ein. Musik bricht bei mir manchmal komplett den Bann zu tiefer Traurigkeit, die wohl eine Zeitlang festgesteckt hatte. Letztes Jahr bei den Salzburger Festspielen beim Konzert von Igor Levit musste ich bei der Zugabe so weinen, dass meine FFP2 Maske komplett durchnässt war. Meine Begleitung war sehr überfordert mit mir – haha.
Was bedeutet Ihre Kunst für Sie?
Alles
Der beste Auftritt Ihres Lebens?
Ich habe mich so unfassbar wohl und stark auf der Bühne gefühlt bei der Première unseres „Jedermann“ letztes Jahr
Gibt es Rituale für ein gelingendes Konzert?
Ich versuche mich stark mit der Energie in dem Raum zu verbinden – wie viel Platz habe ich nach oben (am Domplatz unendlich viel), wie viel nach vorne, wie viel nach hinten, wie fühlt sich der Boden an, wie nah sind die Seiten, wie fühlt sich der Ort an. Meine MitspielerInnen umarme ich gerne, wenn sie das auch wollen, vor Auftritten. Wegen des guten Gefühls des Gehaltenwerdens, und auch hier, um die Energie des Gegenübers wahrzunehmen.
Die Minuten vor dem Auftritt?
Aufregung!!!
Und die Zeit danach?
Ekstase, gemischt mit etwas anderem – Angst/Traurigkeit/Hoffnung?
Ihr größtes musikalisches Missgeschick?
Es ist bei mir ein schauspielerisches: Ich versuche so vehement, mir einzureden und selbst zu glauben, dass es in der Kunst keine Fehler gibt, um mich frei zu fühlen, dass ich diese Frage nicht beantworten kann, ohne mir ins eigene Fleisch zu schneiden.
Welche Musik mochten Sie als Kind/als Jugendlicher?
Genauso unterschiedlich wie heute
Ein Werk, das Ihr Leben verändert hat?
Es waren Filme, und viele. Zuletzt „The worst person in the world”
Welche Person/welches Ereignis hat Sie als Musiker/in maßgeblich geprägt und warum?
Als Schauspielerin haben mich meine Mutter, meine beiden Großmütter und meine Herkunft aus den Bergen geprägt. Weil mir all das Naturverbundenheit und Magie mit auf den Weg gegeben hat.
Wann haben Sie zuletzt bei Musik geweint?
Vor zwei Tagen
Mit welcher/m Musiker/in der Vergangenheit würden Sie gern einen Abend verbringen?
In meinem Fall eine Schauspielerin: Romy Schneider
Welche Künstler beeindrucken Sie?
Mutige Künstlerinnen, die ihren ureigenen Weg gehen und ganz frei erscheinen. Sophia Süßmilch, aber auch zum Beispiel Florentina Holzinger und Angela Winkler.
Welches Musikerklischee würden Sie gern geraderücken?
Ach, die meisten Schauspielerklischees stimmen doch immer wieder erstaunlich genau. Aber: Ich habe noch nie privat geweint, ohne, dass es gestimmt hätte. Der Klischee-Satz hierzu würde in etwa lauten: „Puh, Schauspielerin, da weiß man ja nie, ob man dir gerade glauben kann, bestimmt kannst du auch auf Knopfdruck weinen.“ (Ja, kann ich. Das ist mein Beruf. Macht mir privat aber überhaupt keinen Spaß und wäre wenig zielführend.)
Kuriose Orte, an denen Sie musiziert/geübt haben?
Eine der besten Nebensächlichkeiten beim Drehen ist, dass man an die schönsten und absurdesten Orte kommt. Katakomben, Höhlen, Hubschrauber, menschenleere, weil abgesperrte Plätze mitten in Großstädten, einsame Almen, wunderschöne Strände, entlegenste Bergdörfer in Kalabrien, Keller, Dachböden, Schlösser, oder eben der Domplatz bei Nacht – und das waren nur die letzten zwei Jahre…
Wenn morgen die Welt unterginge, welche Musik würden Sie spielen/singen?
Italo-Pop, um die Ernsthaftigkeit rauszunehmen
Wenn Sie nicht Ihr Instrument spielen bzw. singen würden, welches würden Sie wählen?
Ich habe das große Glück und den großen Druck, mein eigenes Instrument zu sein. Darüber bin ich meistens sehr glücklich, es macht mir aber auch Angst.
Gibt es weitere Interessen/Leidenschaften neben der Musik?
Die Schauspielerei ist schon definitiv meine Größte. Aber sie nährt sich aus einem tieferliegenden Interesse, und das ist der Mensch mit all seinen Verhaltensweisen, die ich so gerne, so tief verstehen möchte.
Ihr persönlicher Bühnenalbtraum?
Ganz klassisch eigentlich: Text vergessen. Und dann habe ich eine total abstruse Angst, nämlich, auf der Bühne plötzlich ohnmächtig zu werden. Ist mir noch nie passiert, aber stell ich mir irgendwie unangenehm vor, haha.
In welchem Jahrhundert hätten Sie gern gelebt?
Vielleicht so 20 Jahre früher…? Frauenrechte schon ein gutes Stück erkämpft, aber noch in dem Glauben, dass sich die Klimakrise lösen lässt, indem ich Teebeutel nach Gebrauch zerlege und in die drei entsprechenden Mülleimer entsorge.
Und welche lebenden Menschen?
Ich denke in letzter Zeit viel über den Begriff „starke Frau“ nach. Weil mir das oft zugeschrieben wird, aber auch den Rollen, die ich spiele. Ich finde, der Begriff ist Nonsens. Die Existenz einer starken Frau beinhaltet dann ja auch die Existenz einer schwachen Frau. Und was ist denn bitte stark und schwach? Ist stark, Karriere zu machen, oder ist stark, daheim bei den Kindern zu bleiben? Kinder großzuziehen, obwohl man gar nicht unbedingt welche wollte, oder entgegen nach wie vor gängiger Erwartungshaltungen kinderlos zu bleiben? Ist es stark oder schwach, einen Partner zu verlassen, oder für die Beziehung zu kämpfen…? Ich habe angefangen, meine Definition von „starke Frau“ zu finden, und das bedeutet für mich: emotional aufrichtige Frau. Also Frauen, die sich keiner Situation verwehren, keiner Aufgabe nicht stellen, wenn sie es wollen, wenn es sich für sie richtig anfühlt. Die aber auch entsprechend nein sagen, wenn das ihren Gefühlen entspricht. Das ist für mich emotionale Aufrichtigkeit, und die bewundere ich. Ich habe in meinem Leben viele Frauen, die solch eine Stärke leben, viele meiner Freundinnen bewundere ich deshalb und dafür.
Welche Musik würden Sie einem Klassikeinsteiger empfehlen?
Mozart
Wären Sie manchmal gern ein/e andere/r und wenn ja, wer?
Ich darf so viele sein. Die Freiheit, die mir mein Beruf diesbezüglich erlaubt, strahlt auch ins Private, und so erlaube ich mir auch immer mehr, alle meine Anteile und Emotionen voll zu leben.
Was ist Ihr Seelenort?
Die Gasteiner Berge
Gibt es einen Sehnsuchtsort?
Ich vermisse das Meer so oft.
Wofür würden Sie Ihr Leben opfern?
Für meine Schwester
Wenn es schon sein muss: Wie und wo würden Sie gern sterben?
Boah, was sind denn das für Fragen? Ich finde derlei Fragen so schwierig, weil sie so triggern können. Die Befragten, aber auch die Lesenden. Aber ich beantworte sie jetzt trotzdem, weil ich gerade gestern mit einem Freund darüber sprach, und weil im Fragebogen auch die „wahren Klischees“ schon vorkamen: Am liebsten, würde ich derzeit antworten, in Ausübung meines Berufs. So richtig klassisch. Von der Bühne runter und zack. Eigentlich ein komischer Wunsch – also, ist ja auch kein Wunsch in dem Sinn. Ich war in meinem Leben bisher bei zwei Toden dabei. Beide waren liebevollst im Kreis der liebsten und engsten Freundinnen und Familienmitglieder. Mit Kerzen und Duftöl in einer kleinen Lampe und einem gekippten Fenster. Ich denke, das ist eine geborgene Art zu gehen, wenn man schon gehen muss.
Wie soll man sich an Sie erinnern?
Ich fühle mich, seit ich begonnen habe, diesen Fragebogen zu beantworten, 20 Jahre älter. Was für Fragen, welch Schwere. Wie soll man sich an mich erinnern? Ich hoffe, in viel Liebe, dann hätte ich wahrscheinlich vieles richtig gemacht.
Was möchten Sie Ihren Kindern mit auf den Weg geben?
Seid solidarisch mit anderen Frauen und Minderheiten. Macht die Welt zu einem besseren Ort und strebt trotzdem nach persönlichem Glück, denn nur wer voll ist, kann voll geben – also, falls ihr überhaupt geboren werdet.
Wie sieht ein gelungener Tag in Ihrem Leben aus?
Der Auftritt oder der Drehtag waren sehr herausfordernd, aber alles ist wunderbar gelungen, alle sind glücklich, manche sogar euphorisch (vermutlich gehöre ich zu den Euphorischen). So geht man zusammen noch was trinken. Eine liebe Freundin ist zu Besuch, sie kommt auch mit, wir versumpern mit den KollegInnen und gehen dann nachts durch den ganz stillen Ort zu unserem Appartement. Noch ist es dunkel, aber nicht mehr lange. Zum Glück ist morgen frei und wir können ohne Wecker-stellen ins Bett fallen, die Grillen geben den Taktstock langsam ab die Vögel ab.
Welcher Illusion geben Sie sich gern hin?
Das ist jetzt die große Liebe.
Welche Frage stellen Sie am liebsten anderen?
Was ist deine größte Angst?
Womit haben Sie Ihr erstes Geld verdient?
Stall ausmisten (mit 13 Jahren), gefolgt von tanzen (mit 14 Jahren).
Was haben Sie – neben Schlüssel und Handy – immer dabei?
Ich gehe ganz, ganz selten ohne meinen Rucksack außer Haus. Die Essentials sind: Ladegerät, FFP2 Maske samt Ersatz, Lippenpflege, Sonnencreme, Sonnenbrille, Handcreme, Taschenspiegel, Kugelschreiber, Notfall-Pillenset und Pflaster (alles im Mini-Format), Geldbörse und Reisepass. Bin eigentlich immer ausgestattet für jegliche Schandtat, auch überstürzte Abreisen.
Welche Eigenschaften schätzen Sie bei einer Frau am meisten?
Solidarität und Mut und emotionale Aufrichtigkeit
Welche Eigenschaften bei einem Mann?
Emotionale Aufrichtigkeit und Mut und Solidarität
Welche Eigenschaften verabscheuen Sie am meisten?
Rücksichtslosigkeit
Eine Entdeckung, die Sie erst kürzlich gemacht haben?
Mich noch viel freier zu fühlen auf Bühnen und Höhlenklettern
Ihre Strategie für kurzfristige Entspannung?
Sport, duschen, mit einer Freundin reden oder telefonieren, ein Glas Wein
Welcher Urlaubstyp sind Sie? Strandschläfer, Berg- und Tal-Aktivist oder Kulturreisender?
Alles davon
Tag- oder Nachtmensch? (Nachtigall oder Lerche?)
Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da, die Nacht ist da, dass was geschieht! Liebe oder Revolution, beides wird nachts angezettelt.
Sind Sie abergläubisch?
Nicht wirklich
Haben Sie ein Maskottchen?
Nein