Alexander Lonquich

Fesselnd und erschüt­ternd

von Attila Csampai

5. Februar 2019

Alexander Lonquich spielte zum 200. Geburtstag von Franz Schubert dessen Klaviersonaten und Klavierstücke ein.

Keine Frage, dass Schu­berts letzte drei Klavier­so­naten, die er zwei Monate vor seinem Tod voll­endet, zu den Gipfel­werken der Gattung zählen. Aber nur wenige Pianisten vermochten deren unglaub­liche inno­va­tive Substanz und das Ausmaß des Tragi­schen über­zeu­gend umzu­setzen, da die meisten, unter dem Eindruck von Schu­berts äußeren Lebens­um­ständen, das Fiebrig-Krän­kelnde, Depressiv-Verhan­gene und die lähmende Todes­nähe in den Vorder­grund rückten. Auch der heute 58-jährige unter­streicht im Booklet-Text seiner neuen, schla­ckenlos klaren Einspie­lung der Trias deren „betont erzäh­le­ri­schen Charakter“ und deutet sie als „fort­lau­fende Geschichte eines einzigen Romans“, und dennoch durch­leuchtet er ihre struk­tu­relle Komple­xität, ihre harmo­ni­schen Kühn­heiten und emotio­nalen Abgründe mit Beet­ho­ven­scher Rigo­ro­sität und einer dem Kompo­si­ti­ons­pro­zess folgenden „nackten“ Klar­heit und Strin­genz, die diese letzten Arbeiten als Mani­feste visio­närer Moder­nität und einer mit neuen Inhalten gefüllten Wahr­haf­tig­keit ausweisen: Lonquichs faszi­nie­rende Anschlags­kultur, sein perfektes, flexi­bles Timing, seine schla­cken­lose Prägnanz und sein drama­tisch geschärfter, stets plau­si­bler Erzähl­strom enthüllen die tiefe Trost- und Ausweg­lo­sig­keit dieser Werke in unge­schützter, entblößter Klar­heit und verwei­gern entschieden jede Spur von falscher Gefüh­lig­keit. Das ist fesselnd und erschüt­ternd zugleich.